Wege in die Dunkelheit

Angesiedelt irgendwo zwischen Alarm für Cobra 11 und Im Angesicht des Verbrechens befindet sich Undercover – die bulgarische Megaserie, die mittlerweile schon in der vierten Staffel läuft und in Deutschland am 5. Dezember um 21 Uhr auf FOX startet.

Im Zentrum der Serie steht Martin (Ivaylo Zahariev), der als Undercoveragent in die Gang rund um den Mafiaboss Petyr Tudjarov – kurz Djaro (Mihail Bilalov)  – in Bulgariens Hauptstadt Sofia eingeschleust wird.

Undercover handelt nach den Schemata eines klassischen Gangster-Action-Dramas. In seiner Figurenkonstruktion folgt die Serie gängiger Norm: Sei es nun der allmächtige, gut vernetzte Mafiaboss, das hübsche junge Mädchen, das sich mit ihm einlässt, um schöne Dinge zu bekommen und gleichzeitig eine Schwäche für den Hauptcharakter entwickelt und dann ist da natürlich noch die altbewährte Entourage, zusammengesetzt aus der ewigen Nummer Zwei – Djaros rechter Hand, Schlägern und Einfallspinseln, die in Lederjacken und schwarzen SUVs die Hauptstadt in ihren waffengestützten, schlagringbesetzten Händen festhält.

In dieses Chaos aus Gewalt, Korruption und Schattensein wird Martin eingeschleust. Seine Attribute sind unter anderem eine rasche Auffassungsgabe, Geschick für Menschen und Nerven aus Stahl. Sein Kontaktmann und Vorgesetzter bei der Polizei ist Popov (Vladimir Penev), Leiter einer Sondereinheit für organisiertes Verbrechen. Er sah einst das Potenzial in einem Jungen, der an der Kreuzung zur Kriminalität stand und rekrutierte Martin schon in dessen Jugend aus einem Heim für schwer erziehbare Jugendliche heraus, ließ ihn in einem Sportinternat und später in einer intensiven Sonderausbildung in Frankreich formen. Alles alleinig mit dem Ziel, den perfekten Undercoverpolizisten zu kreieren.

In Rückblenden wird erzählt, wie der Junge zu der Person wurde, die wir heute kennenlernen. Popov ist einer von zwei Menschen auf der Welt, die überhaupt wissen, dass Martin ein solcher Agent ist. Mit dem Kommissar steht und fällt Martins Sicherheit und diese stete Gefahr entdeckt und mit höchstwahrscheinlich fatalen Konsequenzen gestraft zu werden, ist einer der wichtigsten Faktoren in Undercover. Das inszenierte Schattenspiel erinnert in seiner Erzählweise ein wenig an Martin Scorseses The Departed, scheint wie eine Fernsehversion dieser wahnwitzigen Geschichte. Stimmen der digitalen Netzkultur nennen es eine der bisher besten TV-Produktionen des bulgarischen Fernsehens und preisen es als einen authentischen Einblick in die bulgarische Unterwelt und den polizeilichen Ermittlungs- und Handlungsduktus an.

Die Serie bemüht sich um ein ausgeglichenes Bild von actiongeladenen Handlungssträngen, bei denen sich wilde Verfolgungsjagden, Schusswechsel und körperliche Gewalt sowie politische, private und moralische Dilemmata abwechseln und dafür sorgen, dass der Inhalt nicht zu einseitig gewichtet wird. Mit Undercover wird das Rad mit Sicherheit nicht neu erfunden, die Serie kämpft allerdings äußerst erfolgreich um Authentizität, es wird nicht versucht, aufpolierte Hollywoodserien zu rekonstruieren und gerade deswegen kann es problemlos zwischen den anderen Fischen des europäischen Fernsehangebots mitschwimmen. Undercover hat eine eigene Stimme, die sich laut macht, aber nicht schreit.

Infos zur Freigabe
Die Serie lebt von ihrer bedrohlichen Grundatmosphäre und einem hohen Maß an Spannung. Beide Faktoren sind dem Thema angemessen. Die im Mafiamilieu spielende Handlung wird entscheidend durch Dialoge getragen, Actionarmut wechselt sich mit kurzen, heftigen Gewaltspitzen ab. Eine klare Figurenzeichnung und die positive Haltung des Protagonisten bieten Orientierung für ab 12-Jährige. Dieser Altersgruppe wird zugetraut, die Gewaltszenen im erkennbar fiktionalen und alltagsfernen Kontext zu verkraften.

Zur ausführlichen ProgrammInfo auf der FSF-Website geht es hier.

Bitte beachten Sie: Bei den Altersfreigaben handelt es sich nicht um pädagogische Empfehlungen, sondern um die Angabe der Altersstufe, für die ein Programm nach Einschätzung der Prüferinnen und Prüfer keine entwicklungsbeeinträchtigenden Wirkungsrisiken mehr bedeutet.

Mehr Informationen zur Programmprüfung erhalten Sie auf unserer Website. Dort veröffentlichen wir jede Woche neue ProgrammInfos zum aktuellen Fernsehprogramm. Auch diese Auswahl stellt keine Empfehlung dar, sondern zeigt einen Querschnitt der Programme, die den Prüfausschüssen der FSF von den Mitgliedssendern vorgelegt werden.

Über Tabea Dunemann

Tabea studierte Theaterwissenschaft und Ethnologie an der Universität Leipzig. Dank wohlgesonnener Professoren konnte sie außerdem viele andere Disziplinen erkunden und war u.a. lange Zeit für das Studierendenradio mephisto 97.6 tätig. In ihrer Freizeit textet Tabea Dunemann gern für den fsf blog und war auch als Redakteurin für die tv diskurs tätig.