Es kann jeden treffen!

„Zurückweisung, Eifersucht und Rache“, das seien die Hauptmotive für Stalker, stellt Special Agent Beth Davis (glänzend gespielt von Maggie Q) gleich zu Beginn der ersten Staffel von Stalker klar und steckt somit den Rahmen ab für eine fulminante neue Psychoserie ab. Millionen Menschen werden jedes Jahr in den USA Opfer von Stalkern. Jede sechste Frau und jeder 19. Mann wurden in ihrem Leben schon einmal obsessiv verfolgt; in den USA und seit 2007 auch in Deutschland ist Stalking mittlerweile ein Straftatbestand. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis dieses brisante Thema in all seinen Facetten in einer Serie verarbeitet wird.

FSF ab 12 Jahren (c) FSF
FSF ab 12 Jahren

Perverse Gewalttäter mit einer wahnhaften Fixierung ins Extreme zählen ebenso dazu wie Normalbürger, die eine gescheiterte Beziehung nicht verwinden können. Hierunter zählt auch Agent Jack Larsen (Dylan McDermott), der sich extra nach Los Angeles hat versetzen lassen, um seiner Exfrau und seinem Kind nahe zu sein und die er heimlich verfolgt und beobachtet. Seine brillanten Analysefähigkeiten, die er aufgrund seines Stalker-Vorlebens entwickelte, beeindrucken seine Kollegin Beth, die ihrerseits als Stalkingopfer eine ganz eigene Motivation für ihren Job mitbringt. Gemeinsam gehen sie als „Threat Assessment Unit“ der LAPD auf die Jagd nach verbrecherischen Stalkern. Und die sind brandgefährlich: Gleich zu Beginn der Serie wird eine Frau verfolgt, in ihrem Auto mit Benzin übergossen und angezündet. In einer anderen Folge werden Frauen systematisch ausgespäht und mit ihren Phobien konfrontiert, was der Stalker dann aufzeichnet und sich hierdurch befriedigt.

Das dargestellte Leid der Frauen erschien den bisher mit der Serie befassten Prüfausschüssen sehr intensiv und detailliert in Szene gesetzt und daher durchaus grenzwertig für das Hauptabendprogramm. Einige Sequenzen mussten daher mit Blick auf die Verarbeitungsfähigkeit ab 12-Jähriger entschärft werden. Auch die Rolle der Ermittler ist ambivalent: Nicht immer lässt sich Stalking nachweisen, Handlungen sind oftmals – noch – nicht strafbar, um einzugreifen. Die Agents Beth und Jack nehmen es mit den polizeilichen Regeln daher nicht allzu genau und gehen einen dringend Tatverdächtigen auch mal persönlich an, wie etwa den notorischen Stalker Perry, dessen Fixierung auf Beth hierdurch noch verstärkt wird und dessen perfides Handeln sich durch die Serie zieht. In einer anderen Szene erpresst Jack den Aufenthaltsort eines Stalkingopfers, in dem er dem Täter, der selbst an Höhenangst leidet, über eine Brüstung eines Hochhauses drückt – unkonventionell, aber legitim?

Das Internet und die sozialen Medien, auch das wird in der Serie deutlich, spielt den Stalkern in die Hände: Die allzu großzügige Preisgabe persönlicher Daten macht es sehr einfach, eine Person zu verfolgen und auszuspähen. Dabei geraten nicht nur Promiente ins Visier, sie machen nur knapp zehn Prozent der Fälle aus, neun von zehn Stalkingopfern sind Menschen „wie Du und ich“. Es stellt sich die Frage, ob der Zuschauer nicht selbst zum Voyeur (und somit zum „Mit-Stalker“) wird, wenn er den Tätern in die eigentlich geschützte Privatsphäre von arglosen Menschen folgt. Aufgrund der doch überwiegend soziopathischen Täter – die sämtlich dingfest gemacht werden – entsteht wohl allenfalls ein wohliges Grauen, selbst nicht Opfer eines gewalttätigen Stalkers zu sein. Realere Anknüpfungspunkte gibt es mit der Person des Jack Larson, der einfach nur die Nähe zu seiner Exfamilie sucht. Die Grenzen zum Stalking sind fließend … und es kann jeden treffen!

Die Thrillerserie Stalker wird für das Hauptabendprogramm (20.00 – 22.00 Uhr), für Zuschauer ab 12 Jahren freigegeben. Zur ausführlichen ProgrammInfo auf der FSF-Website geht es hier.

Der Sender SAT.1 beginnt heute Abend, am 5. Februar 2015 um 22.15 Uhr, mit der Ausstrahlung der Serie in Doppelfolge. Ab nächsten Donnerstag wird wöchentlich nur eine Episode ab 22.15 Uhr gezeigt. Die erste Staffel umfasst dreizehn Episoden.

Bitte beachten Sie: Bei den Altersfreigaben handelt es sich nicht um pädagogische Empfehlungen, sondern um die Angabe der Altersstufe, für die ein Programm nach Einschätzung der Prüferinnen und Prüfer keine entwicklungsbeeinträchtigenden Wirkungsrisiken mehr bedeutet.

Mehr Informationen zur Programmprüfung erhalten Sie auf unserer Website. Dort veröffentlichen wir jede Woche neue ProgrammInfos zum aktuellen Fernsehprogramm. Auch diese Auswahl stellt keine Empfehlung dar, sondern zeigt einen Querschnitt der Programme, die den Prüfausschüssen der FSF von den Mitgliedssendern vorgelegt werden.

Über Nils Brinkmann

Nils Brinkmann studierte Publizistik, Kunstgeschichte und Soziologie (M.A.). In der Zeit von 1991 bis 2011 war er Prüfer bei der FSK. Seit vielen Jahren prüft Nils Brinkmann als hauptamtlicher Prüfer bei der FSF, ebenso prüft er im Beschwerde- und Gutachterausschuss der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia (FSM).