Königliches Historiendrama mit starken Frauen? The White Queen

Schnaufende Pferde, Hufengeklapper, die üblichen Kämpfe im Nebelgrau eines kahlen Waldes, das besondere „Tschhzzz“, wenn das Schwert aus der Scheide gezogen wird und dann auch noch eine Liebesgeschichte und natürlich Sex. Diese Stilelemente und Aspekte der verschiedenen Mittelalter-Dramen, wie sie gegenwärtig auf uns niedergehen, beschreiben auch die Stimmung der zehn Episoden starken Serie The White Queen, die ab dem 11. Februar 2015 um 20.15 Uhr noch einmal immer mittwochs auf Sixx jeweils in Doppelfolgen zu sehen ist.

Die Serie erzählt vom Kampf um die Krone Englands zwischen den königlichen Familien Lancaster und York im 15. Jahrhundert. Zum Zeitpunkt der Pilotfolge befindet sich England seit neun Jahren im Krieg und die Yorks scheinen den Lancastern weit überlegen. Die bürgerliche Witwe Elizabeth, deren Familie einst mit dem früheren König der Lancaster sympathisierte und deren Ehemann im Kampf für diesen verstarb, bittet am Wegesrand stehend den neuen König Edward, gespielt von Max Irons, um die Rückgabe ihres konfiszierten Landes. Der als Frauenheld geltende König Edward scheint sich urplötzlich in Elizabeth zu verlieben. Es wird eine heimliche Hochzeit arrangiert. Die Befürchtung der wenigen Eingeweihten, dass Edward nur zur Befriedigung seiner Gelüste diese Trauung arrangiert haben könnte, erweist sich als Trugschluss. Entgegen der Weisung seines Cousins Warwick, die französische Prinzessin zu heiraten, verkündet Edward nun offiziell Elizabeth zu seiner Frau und Königin, womit zumindest die Liebe in Zeiten des Krieges zu siegen scheint.

Doch damit nicht genug. Natürlich kommt es zu diversen Intrigen, Rachezügen und verschiedenen Hinterhalten zwischen und innerhalb der Adelsgeschlechter. Das Besondere dieses Historiendramas ist jedoch letztlich, wie bereits Katja Dallmann in einem FSF-Blogartikel erwähnte, dass hinter den in den Krieg ziehenden Männern starke weibliche Figuren zum Vorschein kommen. Gezeigt werden die Ziele, Prämissen, Ängste und Wünsche der Frauen und wie sie diese zu realisieren versuchen.

Elizabeth (Woodville) Lady Grey, gespielt von Rebecca Ferguson, ist eine Frau mit einer eigenen Agenda im Kopf. Sie gibt sich als entschlossene, relativ selbstständige Frau der Jetztzeit: „Ich bin es gewohnt, meine eigenen Ländereien zu führen“, postuliert sie gegenüber dem König in der Bitte um die Rückgabe ihres Eigentums. Als König Edward sie bei einer heimlichen Zusammenkunft körperlich bedrängt, wehrt sich Elizabeth mit einem zunächst auf den König, dann auf sich selbst gerichteten Messer mit den Worten „Zweifelt nicht an meinem Mut. Ich nehme es mit jedem Mann auf.“

Auch die Mutter Elizabeths, Jacquetta (Woodville) Lady Rivers (Janet McTeer), nimmt in dieser Serie entgegen der männlichen Familienmitglieder einen großen Raum ein. Gezeigt wird eine willensstarke Frau, die liebevoll, jedoch auch entschieden gegenüber ihrem Ehemann auftritt, politisch zu agieren weiß und sich dem Verbot zur Anwendung von Magie neckisch widersetzt und sich anderen Kräften denn dem Glauben an Gott bedient. Ebenso werden die Rächerinnen Elizabeths und denen von York im Allgemeinen auch anhand der weiblichen Rollen beleuchtet.

Die Intention und die Wirkung der starken Konzentration auf die weiblichen Rollen kann an dieser Stelle selbstredend nicht weitergehend diskutiert und analysiert werden. Ob das hier verwendete relativ moderne Frauenbild den Gesetzen der TV-Dramatik anno 2014 geschuldet ist und zu geschichtlichen Ungenauigkeiten führt, wie von Münchhausen in der ZEIT postuliert, oder Stereotypen, wie die der weiblichen Intriganz verschärfen oder vielleicht auch erweicht werden, sind interessante Fragen, die zumindest zum Einschalten der Pilotfolge einladen.

Die FSF prüfte drei Episoden dieser Serie, die eine Gemeinschaftsproduktion von BBC One und dem amerikanischen Fernsehsender Starz darstellt. Die Variante für die amerikanischen Zuschauer wurde im Hinblick auf die Sex- und Nacktszenen etwas opulenter gestaltet, als jene für das britische Publikum. Im deutschen Fernsehen ist die amerikanische Produktion zu sehen, welche im Abendprogramm nicht aufgrund zu viel nackter Haut, sondern wegen zu gravierender Gewaltspitzen vereinzelt Schnittauflagen von der FSF erhielt.

Die Dramaserie The White Queen wird für das Hauptabendprogramm (20.00 – 22.00 Uhr), für Zuschauer ab 12 Jahren freigegeben. Zur ausführlichen ProgrammInfo auf der FSF-Website geht es hier.

Bitte beachten Sie: Bei den Altersfreigaben handelt es sich nicht um pädagogische Empfehlungen, sondern um die Angabe der Altersstufe, für die ein Programm nach Einschätzung der Prüferinnen und Prüfer keine entwicklungsbeeinträchtigenden Wirkungsrisiken mehr bedeutet.

Mehr Informationen zur Programmprüfung erhalten Sie auf unserer Website. Dort veröffentlichen wir jede Woche neue ProgrammInfos zum aktuellen Fernsehprogramm. Auch diese Auswahl stellt keine Empfehlung dar, sondern zeigt einen Querschnitt der Programme, die den Prüfausschüssen der FSF von den Mitgliedssendern vorgelegt werden.

Über Mareike Müller

Mareike Müller studierte Kulturanthropologie und Rechtswissenschaften (BA) sowie European Studies (MA) an der Georg-August Universität Göttingen und Europa Universität Viadrina. Nach verschiedenen Erfahrungen in der politischen und kulturellen Vermittlungsarbeit im In- und Ausland war sie von 2012 bis 2014 als studentische Mitarbeiterin bei der FSF redaktionell und im Projektmanagement tätig. Seit 2015 schreibt sie als freie Autorin für der FSF-Blog.