Die ewig Gestrigen

Die Spezies der Serie The Tomorrow People lässt den Menschen alt aussehen

Der Sender sixx startete am 6. Februar um 20.15 Uhr mit der deutschen Erstausstrahlung der US-amerikanischen Serie The Tomorrow People und konnte sich über einen erfolgreichen Serienstart freuen. Heute – 20. Februar, 20.15 Uhr – sind die Tomorrow People gleich wieder in Doppelfolge zu sehen. Auch ich habe es mir nicht entgehen lassen, einzuschalten und muss mit Bedauern feststellen, dass ich mich, im Vergleich zu den Tomorrow People, gefühlt auf dem evolutionären Stand eines Pantoffeltierchens befinde.

Stephen Jameson ist auf den ersten Blick ein gewöhnlicher Teenager. Er lebt zusammen mit seiner alleinerziehenden Mutter und seinem Bruder in einem bürgerlichen Viertel von New York und geht zur Highschool. Doch dann fällt sein Ansehen auf der Beliebtheitsskala von Prom King gen Sonderling. Ärzte attestieren ihm genetisch vererbte Wahnvorstellungen, die nur mit starken Medikamenten zu behandeln sind. Auch sein Vater wurde von diesem Schicksal ereilt. Er verließ die Familie bei Nacht und Nebel und kehrte nie mehr zurück. In der Dunkelheit passieren auch Stephen die sonderbarsten Dinge, was ihn zwingt, sich allabendlich am Bett zu fixieren. Er wird in seinen Träumen von einer Frau heimgesucht und wacht gelegentlich im Ehebett der Nachbarn auf.

Wer jetzt denkt: „Der arme Junge, ganz schön gebeutelt vom Leben“ irrt, denn Stephen gehört zu einer höherentwickelten menschlichen Spezies, den Tomorrow People. Diese Art hat die nächste Stufe der menschlichen Evolution erreicht, was sich vor allem an ihren kognitiven und intuitiven Gehirnleistungen bemerkbar macht und verfügt über die Fähigkeiten der drei T‘s: Teleportation, ist das Vermögen, den eigenen Körper an andere Orte zu versetzten, Telepathie, bedeutet das Kommunizieren per Gedankenübertragung, und Telekinese, ist eine geistige Übersendung von energetischen Kräften, die es ermöglicht, Gegenstände ohne körperliche Berührung zu bewegen.

Die schöne Frau, der Stephen in seinen Träumen begegnet, heißt Cara Coburn, gehört auch zu dieser Spezies und nahm mit Hilfe ihrer telepathischen Gabe Kontakt zu ihm auf. Wie sie gibt es noch mehr Tomorrow People, deren Zentrale sich in einer verlassenen U-Bahn-Station tief unter der Erde Manhattans befindet. Dort leben sie unter der Leitung künstlicher Intelligenz, einem Computer mit dem futuristischen Namen Tim.

Feind dieser Art, wie von vielen anderen auch, ist der Mensch. Die Regierung veranlasst ein Programm namens Ultra, das das Ziel hat, die Tomorrow People zu eliminieren oder unschädlich zu machen, da ihre Anlagen vorgeblich die Weltordnung zerstören könnten. Dem widerspricht allerdings eine Eigenschaft: Die Menschen von morgen können nicht töten. Es ist zu hoffen, dass diese Genmutation, wahrscheinlich aus darwinistischer Anpassung resultierend, auch irgendwann einmal uns erreicht. Stephen ist der Sohn des totgeglaubten Oberhauptes und verfügt über das noch unbekannte vierte T, der Fähigkeit die Zeit anzuhalten. Nur mit seiner Hilfe ist eine Rettung möglich. Anführer der Ultra-Agenten und Antagonist ist Stephens Onkel Jedikiah „Jed“ Price. Der Onkel probiert, Stephen von der Unberechenbarkeit der Tomorrow People zu überzeugen und für die Ultras zu rekrutieren. Stephen aber glaubt nicht an den Tod seines Vaters. Um die Wahrheit herauszufinden, willigt er ein.

The Tomorrow People ist ein spannendes und actionreiches Remake der gleichnamigen britischen Science-Fictionserie aus den 1970er-Jahren und überzeugt für mich in erster Linie durch die Filmidee. Die interessante Mischung von evolutionsbiologischen Ansätzen und fantastischen Elementen in der Serie zeigt dennoch Parallelen zu realen Entwicklungen und kann somit auch gesellschaftskritisch verstanden werden. Ein weiterer Glanzpunkt der Serie ist die Figur des Jed Price, welche durch ihre Vielschichtigkeit, Ambivalenz und schauspielerische Umsetzung brilliert. Einerseits führt er als machtbesessener und skrupelloser Wissenschaftler Experimente an den Tomorrow People durch und erschafft dabei Killermaschinen, andererseits gibt er sich im familiären Umfeld mitfühlend und couragiert. Leider sind die schauspielerischen Leistungen und die Tiefgründigkeit der erzählten Charaktere und deren Motivationen eher heterogen.

Im Ganzen verfügt die Serie aber über großes Potenzial, was auch dem Publikum nicht entgangen ist: So schauten 0,33 Mio. Zuschauer die Pilotfolge auf sixx am 6. Februar 2015 (USA: 2,34 Mio. TV-Premiere 2013). Für Anhänger dieses Genres nicht ganz unwichtig, feierten auch andere Science-Fiction/-Mysteryserien ihr Deutschland-Debüt in diesem Winter: sixx erzielte mit der zweiten Staffel von Beauty and the Beast Einschaltquoten von 0,21 Mio. Zuschauer und RTL II erreichte mit dem Serienstart von Marvel´s Agents of S.H.I.E.L.D. am 13. Februar 2015 sogar 1,48 Millionen Fernsehzuschauer.
Kaum zu glauben, schaffte Marvel´s Agent of S.H.I.E.L.D. mit 11,9 Mio. Betrachtern eine der erfolgreichsten TV-Premieren einer neuen, nicht geskripteten Serie im US-amerikanischen Fernsehen. Im Vergleich dazu interessierten sich die Amerikaner weniger für die Fantasyserie Beauty and the Beast, die erste Staffel erzielte im Schnitt 1,78 Millionen und die zweite Staffel nur noch die Hälfte der Zuschauerzahlen (dennoch wurde eine vierte Staffel bestellt).
Somit befindet sich The Tomorrow People quotentechnisch im guten Mittelfeld. Helfen konnten diese Publikumszahlen der Serie jedoch nicht, denn sie wurde schon nach der ersten Staffel (22 Episoden) im US-amerikanischen Fernsehen eingestellt.

Die FSF prüfte die komplette erste Staffel. Im Prüfausschuss wurden mögliche Wirkungen der gezeigten Gewalt diskutiert, welche in den verschiedenen Episoden der ersten Staffel stark variieren. Die Serie bietet einen hohen Identifikationswert für junge Erwachsene ab 12 Jahren. Stilbildend für die Serie ist, dass die Gut-Böse-Zeichnung nicht immer leicht zu durchschauen ist, da Personen die Seiten wechseln und viele ein doppeltes Spiel treiben. Die Mehrzahl der geprüften Episoden sollte daher nicht vor 20 Uhr programmiert werden.

Zur ausführlichen ProgrammInfo auf der FSF-Website geht es hier.

Bitte beachten Sie: Bei den Altersfreigaben handelt es sich nicht um pädagogische Empfehlungen, sondern um die Angabe der Altersstufe, für die ein Programm nach Einschätzung der Prüferinnen und Prüfer keine entwicklungsbeeinträchtigenden Wirkungsrisiken mehr bedeutet.

Mehr Informationen zur Programmprüfung erhalten Sie auf unserer Website. Dort veröffentlichen wir jede Woche neue ProgrammInfos zum aktuellen Fernsehprogramm. Auch diese Auswahl stellt keine Empfehlung dar, sondern zeigt einen Querschnitt der Programme, die den Prüfausschüssen der FSF von den Mitgliedssendern vorgelegt werden.

Über Stefanie Kummer

Stefanie Kummer ist Absolventin der DEKRA Hochschule Berlin. Sie wurde nicht, wie zu vermuten, als Kfz-Mechatronikerin ausgebildet, sondern im Bereich der Film- und Fernsehproduktion. Ihre Medienaffinität bewog sie dazu, während eines Praktikums bei der FSF zusätzlich Erfahrungen und Qualifikationen im Bereich Jugendmedienschutz zu sammeln. Neben dem Interesse an Medien interessierte sich Stefanie sehr für die Arbeit mit Kindern. Mittlerweile arbeitet sie im Bereich Medienpädagogik und kulturelle Bildung.