Zombies sind keine Vegetarier. Viele Menschen übrigens auch nicht.

Das auch in Deutschland stetig wachsende Interesse an Zombie-Geschichten erhält mit der Zombie-Dystopie Z Nation aus der Trashproduktionsbude The Asylum neue Nahrung. Ein paar erste Einschätzungen zu Z Nation – die Serie lief am 29. Juli auf Syfy an und wird mittwochs um 20.15 Uhr ausgestrahlt.

Die Menschheit ist wieder einmal von einem Zombie-Virus befallen worden. Auf der Erde herrschen apokalyptische Zustände. Ärzten ist es gelungen, einen Impfstoff herzustellen, der bei einem unfreiwilligen Probanden angeschlagen hat: Murphy bleibt trotz umfassender Bissbearbeitung durch Zombies ein Mensch. Da Impfstoff und Labor mittlerweile abhanden gekommen sind, ist Murphy der einzige Informationsträger der Rettung und damit die letzte Hoffnung für die Menschheit. Soldaten werden beauftragt, ihn von New York nach Kalifornien zu bringen, wo die Möglichkeit bestehen soll, ein Serum aus seinem Blut herzustellen.

Doch bald sind bis auf Murphy alle tot, und die Transportaufgabe für die 3000 Meilen fällt einer zusammengewürfelten und heterogenen Menschenschar zu. Allerlei Aufgaben gilt es nun zu lösen, und die Gruppe trifft dabei nicht nur auf böse Zombies. Unterstützt wird sie von einem NSA-Analysten mit Decknamen Citizen Z, der als letzter Überlebender in der NSA-Basis Northern Light in Alaska zu überdauern versucht. Naturgemäß hat er von dort die Kontrolle auf alles, was an das noch teilweise funktionierende Internet angeschlossen ist, und hilft der Gruppe bei der Navigation durch das von Zombies kontaminierte Gebiet, das einmal die USA war. Die NSA als Freund und Helfer.

Die Schnellen und die Langsamen

Die Zombie-Filmwelt ist eine geteilte: Auf der einen Seite finden sich „Old School“-Darstellungen von Jacques Tourneur (1942) über George A. Romero (1968) bis zu Frank Darabont (ab 2010), wo sich die Zombies eher langsam bewegen, wenn sie nicht gestört oder abgelenkt werden, überwiegend in eine Richtung marschieren, womit sie kontrollierbar und relativ leicht zu handhaben sind. Nur in der Masse sind sie wirklich bedenklich. Natürlich bleibt auch ihre Gier nach Frischfleisch gefährlich und vorsichtig sollte man auch bei ihnen sein.

Doch mit den Untoten in neueren Interpretationen durch Danny Boyle (2002) oder Marc Forster (2013) haben weitaus schlimmere Zombies die Welt bevölkert: hochgradig aggressiv, zielorientiert und sehr sehr schnell. Auch in Z Nation haben wir es eher mit dieser Gattung zu tun. Abgesehen davon, dass sich das Bedrohungspotenzial deutlich erhöht, können Geschichte und Erzählung reduziert werden. Z Nation (ZN) – zumindest die ersten drei Episoden – ist geprägt von „Darstellungen exzessiver Gewalt“ (FSF-Prüfentscheid), von visuellen Splatter- und Gore-Effekten und Action.

Das Kameraauge schaut in mitunter lustvoller Art auf Tötungen und anderen Gewalthandlungen (FSF-Prüfentscheid). Es geht also vordergründig um Schauwerte. Auffallend ist: ZN hat keine Zeit. Womit wir zu einem Problem kommen: Möglicherweise in der Erwartung der ausbleibenden Bestellung einer weiteren Serienstaffel, dekliniert, ja hetzt ZN visuelle und inhaltliche Versatzstücke des Genres durch, ohne sie zu entwickeln.

Diskurs und Gewalt

Was The Walking Dead (TWD) – offensichtlich eine der Folien für ZN – in vielen Folgen und mehreren Staffeln auf mitunter mühsame Weise herausarbeitet – und sich dabei grundlegenden Fragen von Menschsein, Schuld und Moral, von gesellschaftlicher, individueller und sozialer Verantwortung usw. widmet – lässt ZN schon in den ersten drei Folgen irgendwie am Rande stehen, läuft daran vorbei, meist ohne sich um- oder gar genauer hinzuschauen. Während sich TWD in der Regel eine klare Haltung leistet, erweist sich ZN im besseren Fall als oberflächlich, im schlechteren als zynisch. Langwierige und langweilige Diskurse – geschenkt. Auch wenn der durch Episodentitel wie Full Metal Zombies, Die, Zombie, …Die Again, Murphy’s Law oder Sisters of Mercy ausgestellte kulturelle Referenzrahmen größer zu sein scheint – konzentriert man sich auf Wesentliches bzw. Offensichtliches: Das Töten von Zombies ist notwendig. Das Töten von Menschen ist nicht so schön, mitunter aber auch notwendig.

Entfernen von Zombieblut ist keine Petitesse

Womit wir zu einem anderen Aspekt kommen. Beim Kampf gegen Zombies ist die Wahl der Waffen von nicht unerheblicher Bedeutung. Kenner des Genres wissen: Das Zentralnervensystem beim Zombie muss zerstört werden, komme, was da wolle. Sonst lebt der Zombie weiter. Zimperlich darf man da nicht sein. Das euphemistisch als herb oder derb bezeichnete Töten ist durch die Ausnahmesituation und die Defensiv- und Notwehrhaltung der überlebenden Menschen zunächst ausreichend „legitimiert“, wie es in den zahlreichen Zombie-Gutachten der FSF analytisch und kalt zu lesen ist.

Und auch hier wählt ZN einen anderen Weg. Das nicht nur in TWD-Kreisen legendäre japanische Katana von Michone – als Merchandising-Produkt in einschlägigen Kampfkunstläden zu erhalten – leistete der „Amazone“ über viele Staffeln hindurch gute Dienste. Über den Pflegeaufwand erfuhr man in der Serie weniger.

Löst man sich von der möglichen Lesart einer ironischen Referenz an das elegante und von traditioneller Kampfkunst durchdrungene Schwert Michones, erweist sich der nagelgespikte Baseballschläger Addy Carvers in ZN als deutlich unpraktischer, rückschrittlicher, brutaler und nachbereitungsintensiver. Man stelle sich nur vor, dass Carver nach getaner Arbeit den Büttel ins Auto wirft oder über die Schulter. Allein eine angemessene und aus hygienischen und anderweitigen Überlebensgründen – Zombieblut und -gewebe sind hochgradig ansteckend – notwendige Reinigung dürfte einige Zeit in Anspruch nehmen. Das mögen manche als ästhetische Petitesse einschätzen, führt aber direkt zu dem Punkt, den wir in der Kinder- und Jugendmedienschutzsprache mitunter mit dem Begriff des Spekulativen und Selbstzweckhaften verbinden: Der moderne Morgenstern macht hauptsächlich wegen der Bilder vom Einschlagen und Herausreißen Sinn, man möge mir die Formulierung verzeihen. Auch dies bringt die Serie die Sendezeit betreffend eher nach hinten (später) als nach vorn (früher).

Bleibt festzuhalten: ZN erzählt bei allem nicht wirklich Neues und das auf eine überwiegend banale, mitunter brutale und kalte Art und Weise. Und letztlich – womit wir zum ganz persönlichen Kritikpunkt kommen – bringt ZN keine neuen Aspekte für das Verhalten nach einer möglichen Zombie-Invasion. Irgendwie schade.

Z Nation – Freigegeben ab …
Die erste Staffel bietet neben einer dialoglastigen Handlung genretypische Auseinandersetzungen zwischen Menschen und Zombies und enthält zahlreiche in der Gewaltdarstellung z.T. drastische, blutige und splatterartige Szenen. Einige Gewalthandlungen erfahren eine zynische Kommentierung, manche Episoden enthalten aber auch Wortwitz, Situationskomik und ironische Brechungen, was der Dramatik einen gewissen Unernst verleiht. Der Prüfausschuss entschied sich für eine Freigabe ab 18 Jahren (Nachtprogramm). In einem Fall, in dem die Gewalt gegen die Zombies übertrieben zelebriert und deutlich als selbstzweckhaft eingestuft wurde, konnte die Freigabe ab 18 Jahren nur unter Schnittauflagen erfolgen.

Zur ausführlichen ProgrammInfo auf der FSF-Website geht es hier.

Der Sender Syfy darf alle Episoden der Serie auch schon vor 23.00 Uhr ausstrahlen, weil er als Pay-TV-Anbieter eine Jugendschutzsperre aktivieren kann, die von den Zuschauern mit der Eingabe einer Jugendschutz-PIN freigeschaltet werden muss. Somit gelten die üblichen Sendezeitbeschränkungen und Schnittauflagen nicht. Weitere Informationen zu Vorschriften und Anforderungen an digitale Vorsperren als Alternative zur Vergabe von Sendezeitbeschränkungen sind im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (§ 5 Abs. 3 Nr. 1; § 9 Abs. 2 JMStV) sowie in der Jugendschutzsatzung der Landesmedienanstalten (§ 2 bis § 5 JSS) zu finden.”

Bitte beachten Sie: Bei den Altersfreigaben handelt es sich nicht um pädagogische Empfehlungen, sondern um die Angabe der Altersstufe, für die ein Programm nach Einschätzung der Prüferinnen und Prüfer keine entwicklungsbeeinträchtigenden Wirkungsrisiken mehr bedeutet.

Mehr Informationen zur Programmprüfung erhalten Sie auf unserer Website. Dort veröffentlichen wir jede Woche neue ProgrammInfos zum aktuellen Fernsehprogramm. Auch diese Auswahl stellt keine Empfehlung dar, sondern zeigt einen Querschnitt der Programme, die den Prüfausschüssen der FSF von den Mitgliedssendern vorgelegt werden.

Über Matthias Struch

Matthias Struch studierte Kunstgeschichte und Neuere Geschichte in Braunschweig, Halle und Berlin; seit 1994 im Kinder- und Jugendmedienschutz tätig: FSK, FSF (seit 2007 als Hauptamtlicher Prüfer); seit 1998 Kurator und Kustos am Filmmuseum Potsdam; seit 2003 Mitglied in der Nominierungskommission und Jury für den Adolf-Grimme-Preis; Veröffentlichungen zur Film- und Fernsehgeschichte (NS-Film, DEFA, DFF), zur Zensurgeschichte u.a.