Smartphones in Kinderhänden

Noch vor ein paar Jahren sprachen Kinder nur von Touchhandys, wenn man sie nach einem Smartphone fragen wollte – doch allmählich dringen die Handys mit dem Touchscreen auch in kindliche Lebenswelten ein. Jedenfalls beobachtet jeder von uns, dass junge Leute fast permanent mit irgendwelchen mobilen Geräten unterwegs sind. Aber um zu beurteilen, wie relevant diese neue Technologie tatsächlich bei Kindern ist, muss man sich wieder ganz genau die Zahlen und Fakten anschauen.

Derzeit besitzen gut 50% der Kinder im Alter von 6 bis 12 Jahren ein Handy. Dabei nutzen die Jüngeren auch oft noch ein „Familienhandy“ ohne selbst eines zu besitzen. Ab dem Alter von ca. 10/11 Jahren gehört das mobile Gerät zur Standardausstattung bei Kindern. Hierbei spielt auch eine Rolle, dass die Eltern es als Absicherung nutzen, wenn die Kinder mit dem Schulwechsel nach der vierten Klasse auch zunehmend selbstständiger werden und sich weitere Räume erobern. Die Handyanschaffung wird dann also auch gezielt von den Eltern unterstützt.

Ein Großteil der kindlichen Geräte sind noch Anfängermodelle oder ausgediente Handys eines anderen Familienmitgliedes, Smartphones sind hier eher die Ausnahme. Insgesamt besitzen derzeit 20% der Kinder ein Smartphone, also ein Gerät mit Touchscreen und potenziellem Internetzugang. Dieser Anteil hat sich im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Es ist aber zu erwarten, dass auch hier eine Sättigung eintreten wird, denn einem Grundschulkind gibt man nicht unbedingt ein empfindliches Hightech-Gerät in die Hand. Das Risiko, dass das Glas bricht, das Gerät verloren geht oder gestohlen wird, ist einfach viel zu groß. Zudem sprechen viele Schulen schon jetzt ein Handyverbot aus. So bleibt auch den iPhone-Kindern die Möglichkeit verwehrt, auf dem Schulhof mit ihrem Besitz anzugeben (das Handy ist das wichtigste Statussymbol von Kindern).

Doch auch wenn die „Touchhandys“ nicht unbedingt im Besitz der Kinder sind, so nutzen sie teilweise die Geräte der Eltern und sind daher auch mit Menüführung und App-Funktionen vertraut. Um Kinder kurzfristig zu beschäftigen (z.B. bei Wartezeiten oder während einer Autofahrt) geben Eltern eben auch gerne mal das teure Smartphone aus der Hand. Aber nur als Ausnahme, denn das Handy ist mittlerweile für Jugendliche und Erwachsene zum emotionalen Geheimnisträger avanciert, dem man sein halbes Leben anvertraut und das man nicht gerne aus der Hand gibt.

Für Kinder dagegen ist ein Smartphone in erster Linie ein faszinierendes Teil, mit dem man schnell mal ein Spiel machen oder Musik hören kann oder auch mit Freunden per SMS kommuniziert. In einem W-Lan-Bereich nutzen sie dann auch ab und an das Internet, aber die Spiel- und Kommunikationsfunktion steht generell im Vordergrund. Mobiles Internet spielt bei Kindern keine Rolle; sie verfügen fast alle über günstige Prepaid- oder Community-Flatrates, welche mobiles Internet entweder gar nicht oder mit eingeschränkter Qualität erlauben.

Mobile Webseiten sind aus diesem Grund auch wenig im Fokus. Eher interessant für Kinder sind Apps, welche Inhalte in gut aufbereiteter Form aufs Smartphone bringen. Aber auch hier kommt es immer darauf an, ob die Kinder einen Nutzen in der App sehen – generell sind sie eher zögerlich und laden nicht viele Apps herunter. Und wenn, dann auch eher die kostenlosen; mit dem eigenen Smartphone bevorzugt für Android-Betriebssysteme.

Fazit: Wie auch generell in ihrer Mediennutzung gehen Kinder auch das Thema Smartphones eher pragmatisch an und nutzen das Gerät nur, wenn es ihnen auch einen Nutzen bringt. Und wie auch bei den anderen Medien üblich wird die Nutzung noch stark durch die Eltern reglementiert. Hieran wird sich in den nächsten Jahren auch nichts ändern. Der Anteil der Kinder, der ein internetfähiges Handy besitzt, wird etwas ansteigen und dies bedeutet einerseits für die Inhalteanbieter und andererseits für den Jugendschutz auch Herausforderung für Gestaltung und Sicherheit.

Über Birgit Guth

Birgit Guth ist seit 1995 Leiterin der Medienforschung bei SUPER RTL. In ihrer Verantwortung liegen die Konzeption und Durchführung zahlreicher Studien zum Kinderfreizeit-Verhalten sowie zur Fernseh- und Mediennutzung von Kindern. Außerdem verantwortet sie viele Fachtagungen zum Thema „Kinder und Medien“ und referiert bei Fortbildungen oder als Lehrbeauftragte. Von 2001 bis 2008 war sie zusätzlich als Jugendschutzbeauftragte bei SUPER RTL tätig und leitete das Qualitätsmanagement des Senders. Guth hat Kommunikationswissenschaften, Germanistik und Marketing in Essen studiert. Sie engagiert sich zudem in verschiedenen medienpädagogischen Projekten wie dem Erfurter Netcode, Ein Netz für Kinder, Media Smart und ist Mitglied im JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis. Außerdem ist sie Mitglied im Kuratorium der FSF. In ihrem Blog Kurzundguth schreibt sie über Daten und Kommentare zu Kindern, Medien, Fernsehen, Medienpädagogik und Jugendschutzthemen.