Es war einmal eine Hütte im Wald…

Der Horrorklassiker TANZ DER TEUFEL feiert seinen Einstand im deutschen TV

Lang ist es her, als aufgebrachte Eltern, Pädagogen und Politiker über das vermeintlich böse Medium Video (für alle unter 30-Jährigen: kassettenartig, etwas unhandlich und nur analog verfügbar) diskutierten und es am liebsten verbannen wollten. Menschenfleischfressende Zombies, Axt-schwingende Massenmörder und durch den philippinischen Dschungel stapfende Söldner waren nur einige der kurios bis trashigen Themen der 80er-Jahre-Videotheken-Ära. Und dann gab es diesen Film mit der Hütte im Wald …

Sam Raimi (Spider-Man, 2002) dreht 1981 zusammen mit einigen Freunden und viel Enthusiasmus einen kleinen, preiswerten Film über eine Gruppe von Teenagern, die in einer Waldhütte entspannen wollen, ein mysteriöses Buch finden und in jugendlichem Leichtsinn das pure Böse freisetzen. THE EVIL DEAD, oder zu Deutsch: TANZ DER TEUFEL, war geboren – ein für seine damaligen Verhältnisse vor allem visuell origineller Low-Budget-Horrorfilm, der mit abgedrehten Kamerafahrten, Lichteffekten und Tonversatzstücken eine neuartige Form des Gruselerlebnisses bereithielt. Und der – und nun kommt der vielleicht entscheidende Teil – mit brutal-blutigen Masken und offensiven Splattereffekten aufwartete, was Eltern, Jugendschützern und Politikern die Haare zu Berge stehen ließ.

Tanz der Teufel © 1981 Renaissance Pictures, Ltd. All Rights Reserved.
Tanz der Teufel © 1981 Renaissance Pictures, Ltd. All Rights Reserved.

TANZ DER TEUFEL hatte das Pech, dass sein Kinostart in der BRD anno 1984 unmittelbar in die angeheizte Debatte über das Verbot solcher umstrittenen Brutalo-Streifen fiel. Der weitverbreitete Vorwurf: Kinder und Jugendliche hätten durch das Medium Video einfacheren Zugang zu solchen Filmen. Und EVIL DEAD bildete seinerzeit quasi das Vorzeigebeispiel aufgebrachter Gegner des Video-Booms. Eine lange Liste von Indizierungen und Beschlagnahmungen folgten – die letzte Bekanntschaft mit dem Index machte Sam Raimis Film noch im Jahr 2016.

Von Anfang an wehrten sich die deutschen Filmverleihe gegen das Aus-dem-Verkehr-Ziehen von EVIL DEAD. So kam es, dass sich sogar das altehrwürdige Bundesverfassungsgericht 1992 mit dem Amateurhorrorfilm und der dahinterliegenden Zensurgeschichte auseinandersetzen musste. Im Mittelpunkt der Verhandlungen stand die Frage nach der Fiktionalität solcher Werke, und ob in TANZ DER TEUFEL nun Menschen oder vielmehr menschenähnliche Wesen agieren und sich gegenseitig töten würden. Das BVerfG verneinte das Menschsein der Figuren in EVIL DEAD, einige Jahre später änderte der Gesetzgeber den dazugehörigen Paragraph 131 des Strafgesetzbuches: Seither gilt der Tatbestand der (fiktiven) Gewaltverherrlichung auch für „menschenähnliche Wesen“ wie Zombies oder Dämonen.

Nun ist TANZ DER TEUFEL ganz sicher kein Film für das Kinderprogramm! Eine Frau wird bei dunkler Nacht mitten im Wald von Ästen angegriffen und von eben diesen vergewaltigt, es werden Körper mit Äxten zerstückelt und Augen in Großaufnahme eingedrückt. Blanker Horror und überdeutliche Gewaltszenen – allerdings enthält der Film ebenso entlastende Elemente, die diese Gewalt zu relativieren wissen. Dazu zählen das Übernatürliche der Handlung und die bis ins Irrationale verzerrten Dämonenfiguren. In Sachen Spezialeffekte und Abbildung von Gewaltdarstellungen hat sich in den letzten Jahrzehnten ohnehin eine Menge verändert.

Die Gerichte, die für die Indizierung verantwortliche Bundesprüfstelle und die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) sahen das ähnlich. Und so ging es im letzten Jahr ziemlich schnell. Erst wurden die zahlreichen Beschlagnahmen der letzten Jahrzehnte aufgehoben, kurz darauf folgten die Indizierungen und im Januar 2017 schließlich gab die FSK den Film bereits für Jugendliche ab 16 Jahren frei. Im neuen Jugendentscheid begründet die FSK das wie folgt: „ (…) der Zuschauer begibt sich auf eine gruslige Geisterbahnfahrt, auf der ein vorhersehbares Schockelement auf das nächste folgt. Die Künstlichkeit wirkt heute distanzierend und entlastend. Der Film kann an die Lebenswelt heutiger Jugendlicher nicht anknüpfen, er wird 16-Jährige nicht übererregen.“ (FSK-Jugendentscheid, Nr. 58 515/V vom 11.01.2017)

Und so ist diese „Orgie an Blut und Kannibalismus“ (Kritik der Zeitschrift film-dienst, Ausgabe 4/1984)[1] wieder frei verfügbar und mehr als 30 Jahre nach seiner Veröffentlichung im deutschen Fernsehen angekommen.

Der Pay-TV-Sender Kabel Eins Classics zeigt TANZ DER TEUFEL am 18. Mai 2017 um 20.15 Uhr (mit Vorsperre) in seiner ungekürzten Fassung.

 

[1] zitiert im Indizierungsentscheid Nr. 1902 (V) der BPjS vom 25.04.1984.

Über Benedikt Hommann

Benedikt Hommann ist studierter Medienpädagoge und arbeitet als Redakteur im Bereich Jugendschutz und Programmberatung bei der ProsiebenSat.1 Media SE.