Film: Wie geht das eigentlich?

DVD erklärt Kindern das Medium Film

Eine ganze Reihe von Büchern beschäftigt sich mit der Frage, wie man Kindern das Medium Film erklärt. Die DVD Film: Wie geht das eigentlich? macht diese Werke nicht überflüssig, aber sie hat gegenüber dem Medium Buch natürlich einen ungeheuren Vorteil: Ein Mausklick genügt, und man kann das besprochene Thema mit laufenden Bildern illustrieren. Davon abgesehen bietet die DVD alles, was das Herz jedes Medienpädagogen begehrt.

DVD-Cover Film: Wie geht das eigentlich?
DVD-Cover Film: Wie geht das eigentlich?

Die Erkenntnis, dass sich eine DVD ganz wunderbar eignet, um Kinder mit dem Film vertraut zu machen, mag nicht sonderlich originell sein; aber wer sich als Lehrer oder in der Jugendarbeit schon lange für Medienpädagogik engagiert, dem muss die Doppel-DVD Film: Wie geht das eigentlich? wie die Erfüllung eines lang gehegten Wunsches vorkommen. Das umfangreiche Angebot übertrifft in Schrift, Bild und Ton alle Erwartungen: Es gibt praktisch keinen Aspekt rund um das Medium Film, den Autorin Rotraut Greune nicht erklärt. Der besondere Vorzug dieses ohne jedes weitere Begleitmaterial auskommenden Medienpakets ist seine Vielseitigkeit: Zu sämtlichen Themen gibt es Multimediapräsentationen und Arbeitsmaterialien, die sich größtenteils auf die gleichfalls mitgelieferten Filmbeispiele beziehen. Die erste DVD enthält neben einer thematisch verwandten Folge aus der BR-Reihe Willi wills wissen (Wie kommt der Film ins Kino?) auch Kurzfilme für Kinder, die unterschiedliche Genres abdecken: Der mehrfach ausgezeichnete 10 Minuten kurze türkische Spielfilm Bende Sira – Ich bin dran (Regie: Ismet Ergün) erzählt von einer Kindergruppe in Istanbul, deren Mitglieder regelmäßig ihr Geld zusammenlegen, damit einer von ihnen ins Kino gehen und den anderen anschließend den Film erzählen kann. Titelfigur des Dokumentarfilms Ednas Tag (Regie: Bernd Sahling) ist ein bosnisches Flüchtlingsmädchen, das kein Deutsch kann. Der Antiheld des Animationsfilms Anders-Artig (Regie: Christina Schindler) ist ein kleines Chamäleon, das ganz anders aussieht als seine Geschwister. Die zweite DVD bietet mehrere Arbeitsblätter, die sich vor allem mit dem Inhalt der Filme beschäftigen.

Multimediapräsentationen und Blicke hinter die Kulissen

Als besonders wertvoll für die medienpädagogische Arbeit erweisen sich die Multimediapräsentationen, deren Sichtungszeit allein schon über 100 Minuten in Anspruch nimmt. Hier wird u. a. die Entwicklung eines Films von der Idee über das Drehbuch bis zur Produktion beschrieben. In mehreren Einzelbeiträgen wird erläutert, wie Film technisch funktioniert. Neben Schnitt, Ton und Tricks wird auch die Syntax des Films erklärt – und zwar stets anhand konkreter Beispiele, die nicht nur aus den vier genannten, sondern auch aus anderen Filmen stammen. Auf diese Weise lernen die jungen Nutzerinnen und Nutzer anhand so unterschiedlicher Produktionen wie Das Sams und dem ARD-Märchen vom Tapferen Schneiderlein, warum es sinnvoll ist, eine Actionszene rasch zu schneiden und in einer Liebesszene besser auf Schnitte zu verzichten.
Ähnlich eindrucksvoll ist der Abschnitt über die Filmtricks; hier erklären der Regisseur und der Kameramann der Grimm-Verfilmung, wie sie sich für die Darstellung des Riesen einen Kniff aus der Anfangszeit des Films zunutze gemacht haben. Die Erläuterungen werden stets kindgerecht vorgetragen, sind inhaltlich aber z. T. derart anspruchsvoll, dass selbst gestandene Medienpädagogen noch dazulernen können. Die zweite DVD bietet Making of-Berichte bekannter Kinderfilme wie Blöde Mütze, Bibi Blocksberg und das Geheimnis der blauen Eule sowie diverser ARD-Märchen. Hat man regelmäßig mit Film zu tun, hält sich der Erkenntnisgewinn in Grenzen, aber aus Kindersicht sind die Blicke hinter die Kulissen ohne Frage faszinierend.

Reichhaltige Anregungen für jede Altersgruppe

Ungleich ergiebiger für die medienpädagogische Arbeit ist allerdings der ROM-Teil dieser DVD, denn er enthält die Arbeitsblätter zu den Kurzfilmen auf DVD 1. Die Vorschläge richten sich an unterschiedliche Altersgruppen und bieten reichhaltige Anregungen für diverse Unterrichtseinheiten zum Thema „Film“; übrigens inklusive einer Argumentationshilfe gegenüber etwaigen skeptischen Vorgesetzten, warum die Beschäftigung mit dem Filmverstehen für Kinder genauso wichtig ist wie das Lesenlernen. Die Unterteilung der DVD in einzelne Module erweist sich als ausgesprochen praktikabel, weil man sich als Nutzer auf diese Weise seine eigene Vorgehensweise zusammenstellen kann. Gerade der ROM-Teil beeindruckt zudem durch seinen Einfallsreichtum. Natürlich gehört das Basteln von Streifen oder Daumenkinos zum kleinen Einmaleins der Einführung in das Medium Film, aber einige andere Vorschläge und Anregungen für die Unterrichtsgestaltung zeugen von großer Sorgfalt und der Liebe zum Detail, mit der das Medienpaket gestaltet worden ist. Ein Klick auf den entsprechenden Begriff genügt, und die DVD präsentiert einen Bastelbogen für eine Wundertrommel oder eine Kopiervorlage für ein Streifenkino. Die verschiedenen Unterrichtseinheiten erstrecken sich je nach Modul über zwei bis acht Schulstunden. Das Themenspektrum orientiert sich an den Multimediapräsentationen. Es geht dabei u. a. um Fragen, wie Filme entstehen, wie sie dramaturgisch aufgebaut sind, welche Einstellungsgrößen und welche Anschlussmöglichkeiten es gibt. Für viele Aspekte stehen zusätzliche Arbeitsblätter zur Verfügung. Zum Stichwort „Berufe im Film“ z. B. kann man Fotos typischer filmischer Tätigkeiten ausdrucken (Geräuschemachen, Maskenbild, Ausstattung); die Kinder sollen nun erklären, wofür die einzelnen Gewerke stehen. Sehr nützlich sind auch die Hinweise auf weitere Materialien für den Unterricht, darunter Webseiten für Lehrkräfte, Sachbücher, Praxisleitfäden oder Angebote der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb).

Herausgeber der DVD Film: Wie geht das eigentlich? ist der Bundesverband Jugend und Film (BJF). Die DVD erscheint im Rahmen der Reihe Durchblick. Unter diesem Sammelnamen veröffentlicht der BJF herausragende Kinder- und Jugendfilme für die nicht gewerbliche Auswertung.

Dieser Beitrag ist in der aktuellen tv diskurs 1/2014 Bildung. Lernen in der Mediengesellschaft erschienen.

Über Tilmann P. Gangloff

Tilmann P. Gangloff ist Journalist und Autor. Er lebt und arbeitet in Allensbach am Bodensee. Als freiberuflicher Medienfachjournalist sowie Fernseh- und Filmkritiker arbeitet er für Fachzeitschriften wie epd medien, Blickpunkt:Film, tv diskurs, das Internetportal tittelbach.tv und diverse Tageszeitungen. Schwerpunktgebiete seiner Arbeit sind Fernsehfilme, Programmentwicklung, Formatfernsehen, Jugendmedienschutz und Kinderprogramme.