Politisches Bekenntnis gegen die Todesstrafe?

Der ursprüngliche Blogartikel zum Film Das Leben des David Gale und die dazugehörige ProgrammInfo mit der Freigabeentscheidung der FSF beziehen sich auf die Ankündigung zur Ausstrahlung dieses Films im September 2014 – im Tagesprogramm.

Der Sender TNT Film zeigt (am 3. September um 18.05 Uhr) den vielfach diskutierten und für den Political Film Society Award für Menschenrechte nominierten Politthriller Das Leben des David Gale. 2003 wurde der Spielfilm auch als Kandidat für den Goldenen Bären auf der Berlinale gehandelt. Den Preis erhielt jedoch Michael Winterbottoms Film In This World.

 

Kevin Spacey und Kate Winslet in den Hauptrollen einer Produktion von Alan Parker und Nicolas Cage

Als bekannter Aktivist gegen die Todesstrafe gerät Philosophieprofessor Dr. David Gale (Kevin Spacey) selbst in die Fänge der Justiz. Er soll seine Mitstreiterin aus der Organisation Death Watch, Constance Harraway (Laura Linney), vergewaltigt und anschließend ermordet haben. Gale wird aufgrund von Indizien zum Tode verurteilt. Kurz vor der Hinrichtung erlaubt man ihm ein Interview mit der Journalistin Bitsey Bloom (Kate Winslet). Zunächst skeptisch, beginnt Bloom der Geschichte des Professors zu glauben und recherchiert auf eigene Faust. Wird sie seine Unschuld beweisen können? Schafft sie es noch vor der Hinrichtung?

+ + + Warnung Spoiler + + +

Geschickt inszeniert wird die Geschichte vom eigenen Tod als systemkritisches Übel erzählt, ohne dessen Ausführung die Kritik an der noch heute in den USA ausgeführten Todesstrafe – respektive an der nicht eindeutigen Aufklärung von Morden, die immer wieder zu Hinrichtungen von Unschuldigen führen – nicht ernst zu nehmen wäre. Denn hätte Gale den Prozess gewonnen und am Leben bleiben können, hätte er nicht den Beweis für das fehlerhafte System der Todesstrafe erbringen können.

+ + + Spoilerende + + +

Die Story dieses Films ist auch heute noch in der Realität hoch brisant, denn die meisten US-Staaten, allen voran Texas, Virginia und Oklahoma führen immer noch Exekutionen durch – und das oftmals mit einer Giftspritze. Aktuell sorgt der Fall von Gregory Lott für Aufsehen. Der Afroamerikaner Lott wurde 1986 für den Mord an einem Weißen mit der Todesstrafe verurteilt. Erschreckend an dem Fall Lotts ist nicht nur, wie lange der Verurteilte bereits auf die Vollstreckung dieser Strafe „warten“ muss, sondern auch wie unsicher die Beweislage ist, da das Opfer kurz vor seinem Tod den Täter ganz anders beschrieben hatte. Diverse Untersuchungen belegen, dass die Hautfarbe ein statisch relevanter Faktor für die Verurteilung zur Todesstrafe ist. (Quellen: Die Zeit, Spiegel Online, Cicero; Der Tagesspiegel).

Wie Lott wehren sich weitere 21 Todgeweihte von insgesamt ca. 3.000 Häftlingen, die im Todesstrakt auf die Vollstreckung ihrer Strafe warten, gegen den Einsatz der Giftspritze. Diese 21 Verurteilten klagen gegen die Strafvollzugsbehörde und werfen dem Bundesstaat Oklahoma vor, „biologische Versuche an Gefangenen“ mit unerprobten Medikamenten zu vollziehen. Denn obgleich es schon zahlreiche folterartige Hinrichtungen gab, in denen die Todeskandidaten qualvoll Zugrundegingen und ebenso völlig unklar war, welche Medikamentenmischungen sich überhaupt in diesen Giftcocktails befanden und ob deren Wirkung schon jemals getestet wurde, führte man diese Hinrichtungspraxis bis vor Kurzen fort. Grund für die Anwendung ungetesteter Medikamente sind sowohl ein Ausfuhrstopp der EU – diese ist strikt gegen die Vollstreckung der  Todesstrafe – bzw. auch Weigerungen des Verkaufs solcher Medikamente zur Mischung von Todesspritzen im eigenen Land. Das sorgt nun dafür, dass sich einige dieser Hinrichtung bedienenden US-Staaten andere Mittel und Wege einfallen lassen müssen, um ihre Praktiken weiterhin fortsetzen zu können. Aus diesem Grund werden nun in Missouri, Virginia oder Wyoming die Überlegungen zu einer erneuten Einführung von unmenschlichen Strafen wie Erschießungen laut oder die Vollstreckung der Todesstrafe durch den Elektrischen Stuhl, durch die Guillotine oder mittels Gaskammer.

Die Todesstrafe wurde 1976 in den USA wieder eingeführt, nachdem sie 1972 aufgrund der Verletzung des 8. Zusatzartikels zur Verfassung der Vereinigten Staaten für nichtig erklärt und schon seit 1967 keine Anwendung mehr gefunden hatte. 1999 erlangte sie mit 98 Hinrichtungen ihr Rekordhoch. Mehr als zehn Jahre später, 2011 und 2012, halbierte sich die Zahl (43), 2013 gab es noch 39 Exekutionen und in 2014 wurden bisher 27 Personen hingerichtet. Achtzehn US-Bundesstaaten haben die Todesstrafe bereits wieder abgeschafft.

Die FSF prüfte den packenden Politthriller und gab Das Leben des David Gale für Zuschauer ab 12 Jahren frei, verbunden mit einer möglichen Ausstrahlung im Tagesprogramm ab 6.00 Uhr – wenn das Wohl jüngerer Kinder dem nicht entgegensteht. Zur ProgrammInfo des Dramas Das Leben des David Gale auf der FSF-Website geht es hier.

Bitte beachten Sie: Bei den Altersfreigaben handelt es sich nicht um pädagogische Empfehlungen, sondern um die Angabe der Altersstufe, für die ein Programm nach Einschätzung der Prüferinnen und Prüfer keine entwicklungsbeeinträchtigenden Wirkungsrisiken mehr bedeutet.

Mehr Informationen zur Programmprüfung erhalten Sie auf unserer Website. Dort veröffentlichen wir jede Woche neue ProgrammInfos zum aktuellen Fernsehprogramm. Auch diese Auswahl stellt keine Empfehlung dar, sondern zeigt einen Querschnitt der Programme, die den Prüfausschüssen der FSF von den Mitgliedssendern vorgelegt werden.

Über Sandra Marquardt

Sandra Marquardt hat 2010 ihr Magisterstudium in Filmwissenschaft und Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der FU Berlin abgeschlossen. Seit 2011 arbeitet sie als Onlineredakteurin bei der FSF. Dort betreut sie u.a. zum einen den Onlineauftritt der FSF-Website, ist zum anderen für den fsf blog inklusive der Bildredaktion verantwortlich und festes Teammitglied der Newsletterredaktion. Als Praktikumsbeauftragte ist ihr die Betreuung der Praktikantinnen und Praktikanten eine Herzensangelegenheit.