Ränketanz der Eitelkeiten

Mary Stuart (Adelaide Kane) ist mit 15 Jahren nicht nur Königin von Schottland, sondern auch auf bestem Wege Thronerbin des französischen Staats zu werden. Durch die Verlobung mit Prinz Francis (Toby Regbo) soll ein Machtimperium geschaffen werden.

Damit sie nicht gänzlich allein mit den Tücken des französischen Hofes zurechtkommen muss, sind ihr ihre vier besten Freundinnen und Hofdamen Kenna (Caitlin Stasey), Greer (Celina Sinden), Lola (Anna Popplewell) und Aylee (Jenessa Grant) zur Seite gestellt worden. – Kleiner Hinweis: Das sind nicht die tatsächlich überlieferten Namen. Vielmehr sollen die Charaktere an die echten Mädchen, die Mary Stuart während ihrer Zeit am Hof beigestanden haben, angelehnt sein. Die Damen von Reign suchen natürlich ihrerseits ebenfalls nach heiratsfähigem Material. Ein Kostümdrama wäre keines, gäbe es da nicht die Machtspiele und Kabalen des Hofes, das aufbegehrende Bürgertum und das überraschende Auftauchen unehelicher Kinder und Erben auf der Suche nach Anerkennung im Schoß der Aristokratie und zu guter Letzt das Ränkeschmieden der Mütter und Väter, die ihre Nachfahren in trockenen Tüchern sehen wollen. Gekrönt wird das ganze durch sexuelle Intrigen und mystische Elemente.

Jetzt ist es wahrscheinlich schon zu erahnen: Reign ist nicht unbedingt wahrhaft oder historisch akkurat. Wenn ihr auf der Suche nach geschichtlicher Authentizität seid, dann sei euch der Film Elizabeth ans Herz gelegt. Wollt ihr aber eine Ergänzung zur wöchentlichen Dosis Vampire Diaries oder Gossip Girl, dann könnte Reign exakt euren Geschmack treffen. Ab Donnerstag, den 26. Februar 2015, könnt ihr euch diese um 21.10 Uhr auf sixx abholen.

Die Serie hat es für sich verstanden, durch das Missachten sämtlicher geschichtsträchtiger Treue eine alternative Form kostümierter Unterhaltung zu finden. Im Grunde genommen geht es darum, zu beobachten, wie junge Mädchen sich für Mode interessieren (und die Kostüme sehen wirklich schön aus), sich gegen ihre Eltern widersetzen und beginnen, sich für das andere Geschlecht zu interessieren: Identitätsfindung bei Teenagern im Jahr 1557 n. Chr.

Die düsteren Ereignisse zur Zeit der tatsächlichen Mary Stuart sind soweit in den Hintergrund gerückt worden, dass eine eigene spielerische Erzählweise ermöglicht wurde, die weitaus bessser zum Ton von Reign passt. Niemand würde hier jemals ernsthaft in Erwägung ziehen, den Kopf des Hauptcharakters über das Schafott rollen zu lassen. Vielmehr geht es darum, zu verfolgen, wie die Mädchen in die ihnen zugedachten Rollen als spätere Damen des Regentenstabs hineinwachsen und erkennen, welche Macht einer Frau obliegen kann, aber auch, wo sich die Limitierungen des weiblichen Geschlechts auftun. Unterspielt mit den seichten Popklängen der Gegenwart haftet dem Ganzen der Charme des süßlichen Parfums eines Teenagers an, der mit dem Kauf des ersten eigenen Duftes zaghafte Schritte in die Welt der Erwachsenen wagt. Ein Weg, der nie einfach ist und auch nicht einfacher wird, wenn frau dabei ein zu eng geschnürtes Korsett tragen muss.

Das Genre des Historiendramas bietet zahlreiche entlastende und distanzierende Momente an: sowohl auf der Bildebene (Kostüme), durch die ungebräuchliche Sprache als auch auf der inhaltlichen Ebene durch gegenwartsferne soziale Beziehungen und Probleme. Eine Entwicklungsbeeinträchtigung ab 12-Jähriger kann daher ausgeschlossen werden. Für jüngere Kinder werden die zum Teil blutigen Gewaltdarstellungen hingegen noch als nachhaltig angsterzeugend bewertet, weshalb eine Freigabe für das Tagesprogramm nicht in Frage kommt.

Zur ausführlichen ProgrammInfo auf der FSF-Website geht es hier.

Bitte beachten Sie: Bei den Altersfreigaben handelt es sich nicht um pädagogische Empfehlungen, sondern um die Angabe der Altersstufe, für die ein Programm nach Einschätzung der Prüferinnen und Prüfer keine entwicklungsbeeinträchtigenden Wirkungsrisiken mehr bedeutet.

Mehr Informationen zur Programmprüfung erhalten Sie auf unserer Website. Dort veröffentlichen wir jede Woche neue ProgrammInfos zum aktuellen Fernsehprogramm. Auch diese Auswahl stellt keine Empfehlung dar, sondern zeigt einen Querschnitt der Programme, die den Prüfausschüssen der FSF von den Mitgliedssendern vorgelegt werden.

Über Tabea Dunemann

Tabea studierte Theaterwissenschaft und Ethnologie an der Universität Leipzig. Dank wohlgesonnener Professoren konnte sie außerdem viele andere Disziplinen erkunden und war u.a. lange Zeit für das Studierendenradio mephisto 97.6 tätig. In ihrer Freizeit textet Tabea Dunemann gern für den fsf blog und war auch als Redakteurin für die tv diskurs tätig.