The Joy of Misery

Die große gemeine Welt, die uns manchmal aufzufressen droht – haben wir nicht alle mit ihr zu kämpfen? Manchmal fühlt es sich an, als wäre man der einzig normale Mensch, gefangen unter Aliens. In solchen Momenten wünschte man vielleicht, von einem Ufo fortgebracht zu werden, weg von dem alltäglichen Wahnsinn.

Genau das denkt sich auch Thom Payne (Steve Coogan), Hauptcharakter der gesellschaftssatirischen Comedyserie HAPPYish, der mit den Abgründen des irrsinnigen Alltag zu kämpfen hat. Glücklicherweise ist er dabei nicht allein, sondern hat seine kleine Familie mit Frau und Sohn, die zusammen in ihrer selbst kreierten Seifenblase leben. Gemeinsam streben sie nach Glück, während die Probleme der Welt sie immer wieder heimsuchen.

Jeder von ihnen trägt sein eigenes Laster mit sich –  sei es die komplizierte Mutter-Tochter-Beziehung der Ehefrau Lee (Kathryn Hahn) mit ihrer eigenen Mutter oder die Schwierigkeiten, die sich dem zart beseelten jungen Julius (Sawyer Shipman) in den Weg stellen. Wahrscheinlich am meisten zu kämpfen hat jedoch Thom, dessen Depression zum alltäglichen Wegbegleiter geworden ist

Dem nicht gerade zuträglich gestalten sich sein 44. Geburtstag und die Übernahme seines Arbeitgebers von einer größeren Firma. „Dank“ der Firmenübernahme wird Thom von einem Jüngeren, der die junge Generation mit allen Modernisierungen und neuen Technologien präsentiert, ausgetauscht – und muss sich von diesem jungen Mann nun auch noch auf der Nase rumtanzen lassen, da er zugleich zu seinem Chef avancierte. Auf den Zug der Zeit hat es Thom jedoch leider verpasst aufzuspringen, den Zug, der ihn in die Welt der Social Media, Smart-Technologien, Apps und dem Trend der Skinnyjeans eingeführt hätte. „Die Zeiten ändern sich, Thom – denken ist nicht mehr so wichtig wie twittern“ (O-Ton Agentur-Chef Jonathan; Pilotfolge).

Angenehm erfrischend stellt sich die Beziehung zwischen Thom und Lee dar, die trotz aller Schwierigkeiten ein starkes Team bilden. Höhepunkttypisch wäre während der Jobkrise wohl die Inszenierung eines großen Ehekrachs, der hier jedoch erfreulicherweise ausgelassen wird. Stattdessen, für eine Serie fast ungewohnt, können wir beobachten, wie sich zwischenmenschlich trotz aller Hürden eine Harmonie durchzieht, die weder spießig noch langweilig daherkommt.

In der tragikomischen Serie wird mit vielen schwarz-humoristischen Elementen und Tabubrüchen gespielt. Beispielsweise sollen sich die zukünftigen Marketingstrategien von Coca Cola an der Taktik der NSDAP orientieren. Kritik an der Gesellschaft kommt definitiv nicht zu kurz. Hierbei wird auch an vulgären, sexuellen und sexistischen Anspielungen nicht gespart und kein Blatt vor den Mund genommen.

Das Konzept der Serie stellt insofern etwas Besonderes dar, da es eben mit solchem Wahnwitz und Übertretungen arbeitet, und dabei aber erschreckend realistisch wirkt. Dies mutet zwar teilweise ziemlich hart an, wurde allerdings auf eine sympathische Art und Weise umgesetzt und scheint somit in ihrer Extreme viele Identifikationsmöglichkeiten zu bieten. Das Format spiegelt viele aktuelle Ängste und vorhandene Probleme wider; das Verjüngen der Arbeitnehmer in modernen Betrieben, die Schwierigkeiten, mit dem Fortschritt der neuartigen Technik mitzuhalten – das Rad dreht sich extrem schnell und scheint nie stehenzubleiben. Veränderungen folgen auf Veränderungen, und man kann nur hoffen, dabei nicht unterzugehen. Oder um es mit Jonathans Worten auszudrücken: „Wenn du das hier überleben willst, dann musst du mitspielen.“

Und um genau dieses Überleben geht es – in HAPPYish. Die zehn Episoden sind ab heute immer freitags in Doppelfolgen ab 21.00 Uhr auf Sky Atlantic HD  zu sehen und parallel dazu auf Sky On Demand, Sky Go und Sky Ticket verfügbar – wahlweise im englischen Original und der deutschen Synchronisation.

Die Serie lag der FSF zur Prüfung vor: Die stark dialogorientierte Serie enthält auf sprachlicher Ebene eine Vielzahl an vulgären, sexuellen und sexistischen Anspielungen, ist gespickt mit Tabubrüchen, Ironie und schwarzem Humor. Die vielen zotigen Gespräche unter den Erwachsenen beziehen sich ausschließlich auf Erwachsenenprobleme, die Kinder – zumal jüngere – nicht tangieren und die sie nicht verstehen können. Eine desorientierende Wirkung des groben Sprachgebrauchs, der in der Fülle der langen Dialoge an Wirkung verliert, ist daher nicht zu befürchten, zumal die positive Eltern-Kind-Beziehung, der hohe Stellenwert der Familie und die vermittelten Werte entlastend sind. Die Serie wird für Zuschauer ab 12 Jahren freigegeben und kann auch im Tagesprogramm platziert werden.

Zu den FSF-ProgrammInfos auf der Website geht es hier.

Bitte beachten Sie: Bei den Altersfreigaben handelt es sich nicht um pädagogische Empfehlungen, sondern um die Angabe der Altersstufe, für die ein Programm nach Einschätzung der Prüferinnen und Prüfer keine entwicklungsbeeinträchtigenden Wirkungsrisiken mehr bedeutet.

Mehr Informationen zur Programmprüfung erhalten Sie auf unserer Website. Dort veröffentlichen wir jede Woche neue ProgrammInfos zum aktuellen Fernsehpramm. Auch diese Auswahl stellt keine Empfehlung dar, sondern zeigt einen Querschnitt der Programme, die den Prüfausschüssen der FSF von den Mitgliedssendern vorgelegt werden.

Über Carolin Nägele

Carolin Nägele studierte Kommunikations- und Wirtschaftswissenschaften an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald. Nach ihrem Auslandspraktikum in den USA beim Philadelphia Chapter of the American Alpine Club, dort war sie in den Bereichen PR und Social-Media-Marketing tätig, sammelte sie weitere Praxiserfahrungen im Bereich des Jugendmedienschutzes bei der FSF.