Aquarius – Ein Mann wirft seinen Schatten

Ab heute widmet sich die US-amerikanische Serie Aquarius auf Sky Atlantic HD einer abgründigen Person, die Amerika in den späten Sechzigern in Schrecken versetzte.

Los Angeles 1967, Summer of Love: Die Zeit, in der zwei Generationen und ihre Lebenswelten aufeinanderprallen. Ein Mann dieser Zeit nutzte die Verwirrung und Orientierungslosigkeit vor allem junger Frauen, um seine eigenen Ziele zu verfolgen, doch die Polizei saß ihm im Nacken:

Sam Hodiak (David Duchovny: Akte X, Californication) ist ein amerikanischer Detective, wie man ihn sich vorstellt: glatt, emotionslos, stur, Mitte 40, mit einem eher konservativen Weltbild, stets mit gebügeltem Hemd und bereit zu illegalen polizeilichen Gewalttaten. Eben ein ambivalenter Held mit zerbrochenen Eheverhältnissen.

Was wäre ein gutes Ermittlerteam, wenn es nicht auf Gegensätze aufbauen würde: Brian Shafe (Grey Damon) ist deutlich jünger, hält sich an ethische Grundsätze wie Gleichberechtigung und dem Gesetz fest, steht auf Rockmusik und ist Drogen gegenüber nicht abgeneigt. Er ist ein frischer und glücklicher Vater, der lieber eine Lederjacke trägt als etwas Gebügeltes. Schon allein diese zwei Teammitglieder reichen aus, um einen Generationenkonflikt der späten 1960er zu veranschaulichen.

Sams alte Liebe Grace Karn (Michaela McManus) – inzwischen Mutter und Ehefrau eines erfolgreichen Anwalts, Ken Karn (Brian F. O’Byrne) – meldet sich bei ihm. Der Grund: ihre Tochter wird vermisst. Die sechzehnjährige Emma Karn (Emma Dumont) ist nach einer Partynacht mit ihrem Schulschwarm nicht wieder aufgetaucht. Nun beginnen die Eltern sich ungeheure Sorgen zu machen, doch so schlecht scheint es dem Mädchen zunächst gar nicht zu gehen.

Emma bekommt einen neuen Namen: Cherry. Die Zeremonie findet in einer hippieartigen Kommune statt, der Zeremonieleiter: Charles Manson (Gethin Anthony). Mit dem Auftauchen dieses Namens wird klar, dass es in der Serie nicht bloß um die Suche einer verloren geglaubten Tochter gehen wird. John McNarmara spielt an einigen Stellen deutlich mit dem Vorwissen der Zuschauer und es entwickelt sich ein Gefühl von Suspense: Wann zeigt der süße Charlie sein wahres Gesicht? Wann bemerkt Cherry, dass die Kommune, anders als die Hippiekultur, stark rassistisch ist und Frauen objektiviert? Wer sind die Täter aus der Kommune hinsichtlich der bevorstehenden Morde? Ist Cherry darin involviert?

Der Fall um Cherry wird größer angesetzt und Brian soll sich mit seiner toughen Kollegin Charmain Tully (Claire Holt) undercover in die Kommune schleusen. Doch auch Emmas Vater will nicht tatenlos zusehen. Jedoch verbindet ihn eine ganz eigene Geschichte mit Charlie, die ihn stark unter Druck setzt …

Gewalt, Drogen und Sex. Die 13-teilige Serie Aquarius rollt hier die Story um die Morde der Manson Family auf, die alles beinhaltet, was sich gut im Hochglanz-TV verkauft. So erscheint auch Charlies Lebenswelt, die Kommune, eher als Verteufelung einer allzu schönen Sünde, deren Schatten lediglich auf Charlies Macht beruhen. Die Inszenierung von Drogen, Prostitution, Gruppensex, Vergewaltigung und Gewalt wirkt manchmal etwas zu clean, zu harmlos – ohne Dreck und Schweiß. Und das trotz der kalifornischen Sonne. Diese zeigt sich in den Bildern stets durch einen charmanten orangenen Schleier, der einen 40er-Jahre Look erzeugt und Sams konservative Sicht auf die neuen Bewegungen spiegeln soll. Der Soundtrack der späten 1960er geleitet den Zuschauer gekonnt von Szene zu Szene und bekommt genug Raum, um für sich zu wirken.

Die NBC-Serie Aquarius ist für eine Crime-Thriller-Serie erstaunlich horizontal erzählt und kommt mit überraschend wenig Cliffhängern aus. Szenensprünge sind schnell arrangiert und ein verspäteter Einstieg in die Serie fällt eher schwer.

Alles in allem ist Aquarius eine spannende, sehr schnell zwischen den Handlungssträngen springende Thriller-Serie, die die Geschichte um Charles Manson aufgreift und nutzt, jedoch zu sauber bleibt und sicher tiefer in die Thematiken der Zeit hätte einsteigen können.

Aquarius erhielt eine Altersfreigabe ab 12 Jahren zur Ausstrahlung im Hauptabendprogramm. Die FSF-ProgrammInfo zur Serie mit weiteren Informationen zur Einschätzung der vergebenen Altersfreigabe finden Sie auf der FSF-Website.

Über Henrike Rau

Henrike Rau studierte Architektur an der Universität Kassel und danach Digitale Medienkultur und Medienwissenschaften an der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF. Neben Uniprojekten wie Sehsüchte, der Kinderfilmuni oder Kooperationen mit dem Filmmuseum Potsdam haben Praktika beim UFALab und bei der FSF ihre Ausbildung mit Praxis belebt.