Bewährungsstrafe für Youtube-Star „Julien“ wegen volksverhetzenden Verhaltens

Der YouTube-Star Julian (27 J.) betreibt einen der prominentesten Blogs in Deutschland – 1,3 Millionen haben seinen Blog JuliensBlog abonniert, seine dargebotenen Videos werden bis zu 1,5 Millionen Mal angeklickt. Lauthals übt der Blogger in seinen Clips Kritik an Gesellschaft und Massenmedien, seine Zuschauer bezeichnet er gern als „Schamlippen“ oder „wertlose Untergestalten“.

Das Amtsgericht Tecklenburg verurteilte Julian nun wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung sowie zur Zahlung von 15.000 Euro. Der Streitgegenstand: Ein seitens des Bloggers produziertes Video, indem er sich über den erneuten Bahnstreik der Gewerkschaft für Lokführer (GDL) auslässt. Er bezeichnete die GDL als „Hurensohn-Armee“ und „Drecksbastarde“, forderte „Vergasen sollte man die Mistviecher” und sinnierte „Wisst ihr noch, wie die Juden mit Zügen nach Auschwitz transportiert wurden? Man sollte die Zugführer da hinbringen. Ich fahr den Zug und zwar umsonst. Und ohne zu streiken”. Die letzten Sätze versah er mit Bildern von Menschen in Gaskammern des Vernichtungslagers Auschwitz. Das Video verblieb vier Monate auf der Plattform, bevor es gelöscht wurde. In diesem Zeitraum generierte es ca. 800.000 Aufrufe.

Screenshot Juliens Blog auf YouTube (https://www.youtube.com/user/JuliensBlog)

Der Blogger versuchte sich dahingehend zu rechtfertigen, dass „es witzig gemeint war“, „er schlüpfe bei der Produktion eines solchen Clips in eine Rolle – vergleichbar mit Arnold Schwarzenegger, dem in seinen Filmen auch nicht vorgeworfen würde, er bringe eine Vielzahl von Menschen um.“ Der 27-Jährige betonte, dass er nicht gewusst habe, dass man in Deutschland keine Witze über die NS-Zeit machen dürfe. Auch andere Comedians würden öffentlich Witze über diese Zeit machen. Einen entsprechenden Antrag seiner Verteidigung, im Sitzungssaal Filme von Anke Engelke, Stefan Raab und „Stromberg“ zu zeigen, wies das Gericht jedoch zurück. Richter und Staatsanwalt waren sich einig, die Grenzüberschreitung sei um des Verdienstes Willen geschehen. „Ich mag’s mir nicht vorstellen, wie Juden, die Ausschwitz entkommen sind, oder Angehörige von ermordeten Juden den Clip empfinden“, betonte der Richter. Mit dem Video verstoße der Blogger gegen § 130 Abs. 3 Strafgesetzbuch (StGB), der insbesondere die Verharmlosung der unter der Herrschaft der Nationalsozialisten begangenen Verbrechen unter Strafe stelle.

Erwähnenswert sei abschließend, dass der Verteidiger des Bloggers den „Volksverhetzungsparagraf“ als nicht mehr zeitgemäß befindet, „da er in einer Zeit entstanden sei, als die NS-Zeit den Menschen noch in Erinnerung war.“ Um diese Zeit gerade den heutigen Jugendlichen vor Augen zu führen, entschied ein Richter des Amtsgericht Wolfsburg, dass ein 19-jähriger Student, der mehreren Personen den Hitlergruß gezeigt hatte, zusätzlich zur gemeinnützigen Arbeit zum Lesen und Verfassen eines Extrakts des Tagebuches der Anne Frank verurteilt werden sollte.

Quellen:
http://m.wn.de/Muensterland/Kreis-Steinfurt/Westerkappeln/2271016-Youtube-Star-Julien-verurteilt-Volksverhetzung-statt-Videokunst
http://www.mycsc.de/recht/youtube-blogger-julien-verurteilt-wo-sind-die-grenzen-der-kunstfreiheit/
AG Wolfsburg zu Hitlergruß: Student muss Anne Frank-Tagebuch lesen. In: Legal Tribune Online, 03.11.2015,
http://www.lto.de/persistent/a_id/17423/ (abgerufen am: 21.03.2016)
http://www.lto.de/recht/nachrichten/n/ag-wolfsburg-hitlergruss-tagebuch-anne-frank-auflage/

Über Anke Soergel

Studierte Rechtswissenschaften an der Universität zu Köln. Im Rahmen ihres Referendariats arbeitete sie u.a. bei der Verwertungsgesellschaft VG Bild-Kunst sowie bei der Produktionsfirma Zieglerfilm Köln GmbH. Als Volljuristin nahm sie 2008 ihre Tätigkeit als Referentin für Jugendschutzrecht bei der FSF auf. Sie betreut u.a. den Rechtsreport in der tv diskurs.