Das neue Genre der Langeweile

Gerade Streaming-Plattformen haben mit ihrer Veröffentlichungspraxis sowohl die Produktionsweisen von Serien als auch unsere Sehgewohnheiten stark verändert. Wenn über diese Entwicklungen gesprochen wird, so wird häufig gesagt, dass es sich bei der Veröffentlichung einer kompletten Serienstaffel am Stück nicht mehr um eine Serie handelt, sondern um einen 13-stündigen Film. Doch was bedeutet es genau, einen solchen Film zu drehen? Es bedeutet, dass die gesamte dramaturgische Struktur der Erzählung auf 13 Stunden ausgelegt ist. Es bedeutet: ca. 3 Stunden Exposition, etwa 6 Stunden Mittelteil, ungefähr 4 Stunden Finale. Es bedeutet, dass der erzählerische Bogen einzelner Folgen völlig außer Acht gelassen wird. Und es bedeutet, dass ich mich in letzter Zeit viel gelangweilt habe. Weiterlesen ...

Fragwürdige Stärke

The Fall und Top of the Lake sind zwei sehr interessante Zwillingsserien. In beiden geht es darum, wie sich Männer und Frauen in einer Welt verhalten, in der sich Rollendefinitionen ständig ändern. Beide Serien haben starke weibliche Hauptfiguren: Polizistinnen. Beide untersuchen Fälle, in denen es um Gewalt gegen Frauen geht, die sich beide in einer männerdominierten Welt klischeehaften Vorstellungen über ihr Verhalten ausgesetzt sehen. Vorstellungen, die sie durchbrechen. ... Der tief greifende Unterschied zwischen diesen beiden Serien ist jedoch die Art, wie diese Traumata die Persönlichkeiten der Hauptfiguren bestimmen. Weiterlesen ...

In den Schuhen der Frauen

Wer wissen will, wie es ist, eine Frau im Filmgeschäft zu sein, der hat dazu viel Gelegenheit. Kaum eine Woche vergeht, ohne dass ein namhafter weiblicher Star sich zu seinen Arbeitsbedingungen äußert. So erzählte Maggie Gyllenhaal, dass sie eine Rolle nicht bekommen habe, weil sie mit 37 angeblich zu alt sei, um die Geliebte eines 55-Jährigen zu spielen. Kristen Steward bezeichnete Hollywood als „widerlich sexistisch“, und jüngst wurde ein Blog lanciert, der anonym Erfahrungen von Regisseurinnen und anderen Filmfrauen sammelt – „Shit People Say To Women Directors (& Other Women In Film)“. Der Blog ist eine schöne Ergänzung zu „Casting Call Woe“, wo teils wirklich absurdeste und vor allem extrem frauenfeindliche Casting-Aufrufe gesammelt werden. Meist weiß man nicht, ob man lachen oder weinen soll, wenn man Sätze liest wie „She’s past her prime. Aged 23 – 30“. Weiterlesen ...

Verteidigung der Superhelden

Birdman-Regisseur Alejandro G. Iñárritu sagte jüngst, man könnte keine Filme mehr für 20 Mio. machen, die 80 Mio. einbringen – was ein gutes Geschäft wäre – weil alle lieber 800 Mio. verdienen wollten. Er verwies damit auf ein Problem in Hollywood, das Steven Soderbergh schon 2013 in seiner Rede zur Lage der Filmindustrie ausgeführt hat und Mark Duplass jüngst auf dem SXSW mit folgender Frage wiederholte: Wo ist die Art von Independent-Filmen, die [etwa] 1998 aus Sundance kamen? Studios haben Angst, etwas mit originellen kleinen Projekten zu riskieren und investieren lieber Milliarden in sogenannte Franchises (Filmserien), die sich garantiert rentieren, weil sie schon bekannt sind. Weiterlesen ...