Mädchen sind anders, Jungs auch? Doing Gender im öffentlichen Raum

LJS-Jahrestagung am 02.12.2014 zu Rollenerwartungen an Mädchen und Jungen

Auf ihrer Jahrestagung am 2. Dezember in Hannover widmet sich die Landesstelle Jugendschutz Niedersachsen der Wahrnehmung von Mädchen und Jungen im öffentlichen Raum. In Fachvorträgen und Workshops geht es um Rollenbilder, Rollenerwartungen und die damit verbundenen Aufgaben für den Jugendschutz. Was dürfen Jungen, was sollen Mädchen – und welche Angebote gibt es für Jugendliche, die nicht den gesellschaftlichen Rollenvorgaben entsprechen?

Abhängen auf der Straße oder im Park, Chillen und Grillen nachts am See: Während Jungen öffentliche Plätze besetzen können, werden von Mädchen und junge Frauen angepasstere Verhaltensmuster erwartet. „Schon Mädchen wachsen oft in einer rosa Erlebniswelt auf, und die Anpassungsleistungen für junge Frauen sind immens“, erklärt Andrea Urban, Leiterin der LJS. Jungen verhalten sich oft viel herausfordernder – und entsprechen damit den gesellschaftlichen Erwartungen. Zurückhaltende Jungen oder offensive Mädchen werden dagegen eher als Abweichung der Norm gesehen. Daher sind gerade in diesem Bereich pädagogische Konzepte gefragt. „In der Jugendarbeit ist es wichtig, sensibel für Rollenzuschreibungen zu sein – auch für die eigenen“, betont Urban.

 

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Was Mädchen und Jungen stärken und schützen kann, soll auf der Tagung beleuchtet werden. Über 150 Fachkräfte werden am 2. Dezember vor Ort in Hannover drei Fachvorträgen folgen und ihre eigene Sicht auf Geschlechterrollen reflektieren. Prof. Dr. Mechthild Bereswill von der Universität Kassel erläutert einführend die neue soziologische Forschung zu Ungleichheiten in Geschlechterverhältnissen. Gabi Rohmann vom Berliner Archiv der Jugendkulturen untersucht in ihrem Vortrag die Inszenierung von Geschlechtsidentität im öffentlichen Raum und die Gender-Expertin Leah Czollek widmet sich anschließend dem Thema Gender und Diversity in der Jugendarbeit.
Die Umsetzung des „Doing Gender“ im Jugendschutz wird anschließend in vier Workshops problematisiert.

Workshopbeschreibungen:

1. Gewaltprävention geschlechtsspezifisch?

Mehr als jede andere Altersgruppe haben Jugendliche mit Grenzverletzungen und Gewalt zu tun, sie erleiden sie und sie üben sie aus. Der Workshop wird der Frage nachgehen, welche Unterschiede und Ähnlichkeiten zwischen Mädchen und Jungen hier existieren und welche (geschlechts-)spezifischen Zugänge für die Präventionsarbeit sich daraus ergeben.

Olaf Jantz, mannigfaltig e.V.
Andrea Buskotte, LJS

2. Digitale Helden: Männer- und Frauenbilder in Computerspielen
Computerspiele sind bei Mädchen und Jungen gleichermaßen beliebt. Weibliche Computerspielfiguren zeichnen sich oft durch eine unrealistische Körperdarstellung aus: extrem schlanke Taille, lange Beine, üppige Oberweite und sexy gekleidet und müssen oft vom starken Helden beschützt oder aus den Fängen eines Bösewichtes befreit werden. Stark, muskelbepackt, cool, mächtig, unbesiegbar und mit einer Vielzahl an Waffen bestückt sind die Attribute von vielen männlichen Protagonisten in Computerspielen. Die zentrale Frage des Workshops wird sein: Wie wirken die Klischees und die stereotype Darstellung digitaler Helden auf das Rollenverständnis von Mädchen und Jungen.

Dr. phil. Tanja Witting, FH Osfalia
Eva Hanel, LJS

3. Jungen weinen nicht
„Richtige Jungen“ müssen Mädchen lieben, brave Mädchen müssen Jungen lieben – so die vorherrschende Meinung darüber, was „normal“ ist. Jugendliche werden mit diesen Vorstellungen sozialisiert und versuchen sich gerade in der Pubertät auch daran zu orientieren. Geschlechtsuntypisches Verhalten und homosexuelle Orientierung werden oft lächerlich gemacht. In diesem Workshop wird thematisiert, wie man mit Jungen und Mädchen geschlechtssensibel zum Thema sexuelle Identität und Geschlechterrollen arbeiten kann.

Antonius Geers, pro familia Osnabrück
Tanja Opitz, LJS

4. Elterntalk ist Müttertalk? Unbewusste Methoden der Ausgrenzung
Wenn es um Fragen der Medienerziehung in der Familie geht, wenn zum Elternabend oder Elterntalk geladen wird, erscheinen häufig nur die Mütter. Haben Väter kein Interesse am Erziehungsalltag oder liegt deren häufige Abwesenheit vielleicht an der falschen Ansprache, der falschen Zeit oder anderen unbewussten Methoden der Ausgrenzung? In diesem Workshop sollen Beispiele für die gleichwertige Beteiligung von Müttern und Vätern in der Elternarbeit vorgestellt und diskutiert werden.

Jürgen Ermes, Regionalbeauftragter Elterntalk
Andrea Urban, Simone Zanjani, LJS

Das Tagungsprogramm gibt es hier als PDF.

Über FSF

Die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) ist ein gemeinnütziger Verein privater Fernsehanbieter in Deutschland. Ziel der FSF ist es, einerseits durch eine Programmbegutachtung den Jugendschutzbelangen im Fernsehen gerecht zu werden und andererseits durch Publikationen, Veranstaltungen und medienpädagogische Aktivitäten den bewussteren Umgang mit dem Medium Fernsehen zu fördern. Seit April 1994 lassen die Vereinsmitglieder ihre Programme bei der FSF prüfen, seit August 2003 arbeitet die FSF als anerkannte Selbstkontrolle im Rahmen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV).