Die Institutionen, die gegenwärtig im Rahmen des gesetzlichen Jugendmedienschutzes arbeiten, haben es nicht leicht. Während sich die Medienentwicklung technisch immer mehr zu beschleunigen scheint, kommt die notwendige Anpassung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) oder des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) nur im Schneckentempo voran. Neben dem scheinbar naturgegebenen Wirrwarr, das durch die Zuständigkeit von 16 Bundesländern entsteht, verhindert der im Rahmen der medialen Konvergenz notwendige Abstimmungsprozess mit dem Bund, dass die inzwischen halbwegs einheitliche Haltung der Länder umgesetzt werden kann.
Während die Länder erkannt haben, dass die klassischen Instrumentarien des Jugendschutzes in Film, DVD und Fernsehen auf das Internet nicht einfach übertragbar sind und deshalb auf Jugendschutzprogramme, Selbstkontrolle und Selbstkennzeichnung setzen, scheint das beim Bund für gesetzlichen Jugendschutz zuständige Referat noch daran zu glauben, man könne den Verwaltungsakt nach dem Jugendschutzgesetz auch im Internet durchsetzen. Kurze Zeit schien eine Einigung in der seit ca. zehn Jahren diskutierten Frage der gegenseitigen Anerkennung von Prüfergebnissen nach dem JuSchG und nach dem JMStV in greifbarer Nähe. Die Einigung mit dem Bund, der für eine entsprechende Anpassung des JuSchG zuständig ist, schien Formsache. Doch die Gespräche verliefen wider Erwarten ergebnislos. Mittlerweile denkt man wieder über Modelle der Kooperation zwischen den Selbstkontrollen nach – Ideen, die schon vor Jahren daran gescheitert sind, dass die gegenseitige Akzeptanz von Prüfergebnissen eben nur durch das Gesetz geregelt werden kann.
Für die Selbstkontrollen lähmt dieser gesetzliche Stillstand alle Bemühungen, auf die veränderten Bedingungen der Medienlandschaft effektiv zu reagieren. Notwendige Gespräche mit den Herstellern von Smartphones oder Smart-TV-Geräten darüber, eine technische Software zum Auslesen von Jugendschutzkennzeichnungen in die Geräte zu integrieren, scheitern daran, dass niemand die Gesetzeslage für die nächsten Jahre prognostizieren kann. Es ist ohnehin äußerst schwierig, die Anbieter für funktionsfähige und einigermaßen zuverlässige Lösungen zu motivieren, denn die Gerätehersteller stammen nicht selten aus dem Fernen Osten und produzieren ihre Geräte für die ganze Welt. An den Geräten wird man im Hinblick auf die deutschen Wünsche wenig ändern können. Nachträgliche Lösungen wären also nur über eine neu zu entwickelnde Software möglich. Kann man aber den Anbietern nicht einmal sicher zusagen, dass sie damit den gesetzlichen Anforderungen der Zukunft gerecht werden, wird sich deren Bereitschaft zur Umsetzung solcher Ideen in Grenzen halten.
Die Selbstkontrollen warten seit mehr als vier Jahren darauf, dass es einen halbwegs zuverlässigen Fahrplan für die Novellierung des Jugendschutzes in Deutschland gibt.
Die Bedingungen für ihre Arbeit werden sich ändern. Vor allem die Trägermedien werden an Bedeutung verlieren, da Spiele und DVDs voraussichtlich immer mehr online vermarktet werden. Im Gegensatz zum JuSchG gibt es für die Onlinevermarktung keinen Prüfzwang. Da wird es auf Dauer vor allem für die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) und die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) schwierig sein, den voraussichtlichen Rückgang von DVDs bzw. Spielen auf Trägermedien zu kompensieren. Dagegen wird es der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) schwerfallen, den angeschlossenen Sendern zu erklären, dass sie denselben Inhalt noch einmal von der FSK prüfen lassen müssen und dass deren Prüfergebnis zumindest rechtlich das FSF-Ergebnis zunichtemacht, wenn es zu unterschiedlichen Einschätzungen kommt. Die Situation ist also für alle Selbstkontrollen ernst.
Dieses Editorial der tv diskurs 70, in welchem Chefredakteur Joachim von Gottberg deutlich macht welche Konsequenzen es für die Selbstkontrollen hat, dass die Novellierung der Jugendschutzgesetze im Medienbereich nicht vorankommt, erscheint in der kommenden tv diskurs 4/2014 Was bisher geschah. Geschichtsvermittlung durch Medien.