Der digitale Fußabdruck und das Erbe

Ein deutsches Sprichwort besagt: „Sterben und Erben bringen viel Kummer“, was gar nicht passender sein könnte.

Denn als wäre der Verlust eines geliebten Menschen nicht schon bedauerlich genug, kommt nach dem Ableben nicht nur Trauer, sondern auch die Bürde der Bürokratie ins Haus. Wenn dann auch noch Testamente oder Verfügungen fehlen, wird es doppelt so kompliziert. Als wäre die Abwicklung um die weltlichen Güter nicht schon schwer genug, müssen sich die Hinterbliebenen heutzutage noch mit dem „Digitalen Erbe“ auseinandersetzen.

 

Was ist das „Digitale Erbe“?

Wenn es um das Erbe geht, assoziieren die meisten eine antike Uhr, Opas abgewetzten Fernsehsessel oder den oftmals erhofften Geldregen. Doch unser digitales Zeitalter sorgt dafür, dass es längst noch mehr zu vererben gibt. Ob gekaufte Songs, E-Books, Cryptogeld oder das geheime Vermögen bei PayPal: All jene Dateien hinterlassen einen individuellen digitalen Fußabdruck, den es zu verwalten gilt. Doch was passiert mit der Habe, wenn der Sensenmann an die Tür klopft?

 

Regelung zum „Digitalen Nachlass“

Um darauf aufmerksam zu machen, nicht nur für seinen physischen Besitz ein Testament anzufertigen, wurde Ende Dezember 2019 eine Studie zum Umgang mit dem Digitalen Nachlass, herausgegeben durch das Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie (SIT) und den Universitäten Bremen/IGMR und Uni Regensburg, veröffentlicht. Der fast 400 Seiten lange Bericht beinhaltet nicht nur einen aufklärenden Informationstext, sondern bietet dem Leser eine Art Hilfestellung bei allen Fragen rund um Vorsorge und Formalien.

 

„Postmortaler Datenschutz“

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Jahr 2017 in einem Urteil festgehalten, dass das geltende Erbrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) grundsätzlich auch für den digitalen Nachlass angewendet werden kann. Den Anstoß zu diesem Urteil gab eine Klage von Eltern, die ihre Tochter 2012 bei einem Unfall verloren hatten. Sie wollten anhand der Chatverläufe bei Facebook der Frage nachkommen, ob es sich um einen Unfall oder doch um einen möglichen Suizid handelte. Nach einem über fünf Jahre andauernden Rechtsstreit befand der BGH, dass die Eltern ein Anrecht darauf hätten, Einsicht auf die Facebookseite und in die Chatverläufe der Tochter zu erhalten. Doch, dass dieses Urteil so lange auf sich hat warten lassen, kommt nicht von ungefähr. Ein Problem, welches sich immer wieder als Hürde in den Weg stellte, war der omnipräsente Datenschutz. Fällt dieser zu Lebzeiten unter die Aufsicht der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), so erlischt deren Zuständigkeit mit dem Tod, da die sogenannte „Selbstbestimmung“ mit dem Ableben erlischt.

Photo by @siimlukka on Unsplash
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Doch wer ist im Falle eines Falles der passende Ansprechpartner? Die AGBs der Social-Media-Kanäle sind oftmals zu dem Thema verwirrend, undurchsichtig und nur wenig hilfreich, was die Studie verdeutlicht. (Siehe Twitter)

 

Prävention ist alles

Der digitale Nachlass weist ausführlich darauf hin, was es in der digitalen Welt alles zu beachten gibt, und wie man als Nutzer/-in nötige Vorkehrungen treffen kann.
Der Tod, der uns unweigerlich alle treffen wird, ist jedoch nicht der einzige zu bedenkende Fall, rechtzeitig vorzusorgen. Unvorhersehbare Unfälle oder Krankheiten können ebenso dazu führen, dass man sich von heute auf morgen nicht mehr um seine Onlineaccounts kümmern kann. Damit Erben oder Angehörige sich nicht einfach Zugriff zu Facebook und Co. verschaffen oder in den intimen Fotos herumschnüffeln können, raten die Herausgeber der Studie, ein spezielles Testament aufzusetzen. Bekanntermaßen lauern beim Erstellen solcher wichtigen Dokumente die größten Fehler. Die Macher der Studie sind dem jedoch auch zuvorgekommen und weisen den Verfasser durch das Formulierungslabyrinth. Zusätzlich zum Schriftstück wird jedem Nutzer empfohlen, Zugangsdaten für den auserwählten Hinterbliebenen auf einem separaten Stick oder einer Festplatte zu speichern.

Auch wenn wir ein „Worst-Case-Szenario“ oftmals verdrängen, irgendwann kommt die Zeit, in der man sich seinen Dämonen stellen muss. Und wie heißt es so schön: Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen!

Alle Informationen zum Digitalen Nachlass sind in der Studie | hier (PDF) nachzulesen.

 

Quellen:

Alle Quellen und Links zuletzt abgerufen am 02. Juni  2020.

 

Über Sarah Boost

Sarah Boost hat Geschichte und Deutsche Literatur an der Humboldt Universität zu Berlin studiert. Ihr Interesse an Medien bewog sie dazu, ein Praktikum bei der FSF zu machen. Hier konnte sie ihrer Vorliebe für das Schreiben nachgehen. Als freie Autorin unterstützt sie weiterhin den fsf blog.