Wie der Grinch Weihnachten gestohlen hat ‒ und was das mit uns zu tun hat. Teil 1

„Every Who down in Who-ville liked Christmas a lot. But the Grinch, who lived just north of Who-ville did NOT!” (Dr. Seuss 1957)

So beginnt die Geschichte vom griesgrämigen, kaltherzigen Grinch, der den friedfertigen Bürgern von Who-ville die Geschenke stiehlt ‒ und sich wundert, dass sie dennoch ein fröhliches, gemeinsames Weihnachtsfest feiern können. Generationen von US-Amerikanern kennen den Wortlaut dieser ersten Zeilen auswendig; wohl besser als den Star Spangled Banner oder die Unabhängigkeitserklärung. Kein Wunder ‒ vergeht doch kaum ein Jahr, in dem der 26-minütige Kurzfilm How the Grinch stole Christmas seit seiner Premiere im Jahr 1966 nicht mindestens einmal in der Weihnachtszeit ausgestrahlt worden wäre. (Das Kinderbuch von 1957 steht sowieso in den meisten US-amerikanischen Bücherregalen.) Dabei ist das zottelige, giftgrüne Fabelwesen mit den grellgelben Augen und den dünnen Fingern aus der Feder von Amerikas Vorzeige-Kinderbuchautor Dr. Suess alles andere als niedlich. Mit schlechtem Atem und einer Abneigung gegen jegliche Art von Frohsinn aufgrund seines „viel zu kleinen Herzens“ passt der Grinch scheinbar so gar nicht in die festliche, möglichst harmonische Vorweihnachtszeit. Dass Boris Karloff, der Filmfans schon 1931 als Frankensteins Monster das Fürchten lehrte, ihm in der Zeichentrickfassung seine Stimme leiht, macht die Sache nicht besser. Und dennoch ist für viele Amerikaner die Vorweihnachtszeit erst rund, wenn mindestens einmal der Grinch versucht hat, das Fest zu ruinieren. Wem die mittlerweile etwas antiquiert wirkende Version aus den 1960er-Jahren zu altbacken ist, der kann auf die Spielfilm-Variante aus dem Jahr 2000 zurückgreifen ‒ mit einem nicht ganz so böse dreinschauenden Jim Carrey in der Titelrolle.

Wie auch immer ‒ das Phänomen bleibt unverändert: An Weihnachten kommt der Grinch (so der ursprüngliche deutsche Titel der Zeichentrickversion) und erst anschließend ‒ wenn die Welt wieder in Ordnung ist ‒ das Christkind, Santa Claus oder der Weihnachtsmann. Vielleicht, weil uns dann erst richtig klar wird, was wir an Weihnachten haben.

Nächsten Samstag geht es weiter – mit unserer Weihnachtsgeschichte von Cornelia Klein.

Und am 20. Dezember können sich jene die die Geschichte vom Grinch noch nicht kennen, selbst ein Bild machen – RTL II zeigt am Freitagabend um 20.15 Uhr die Realverfilmung mit Jim Carry in der Hauptrolle.

Über Cornelia Klein

Dr. Cornelia Klein studierte Diplom-Pädagogik mit dem Schwerpunkt Medienpädagogik und promovierte über die mediale Vorbildkompetenz. Sie arbeitet als Lektorin und Redakteurin bei einem pädagogischen Fachverlag.