Gehirnwäsche – eine abgestandene Idee aus dem Kalten Krieg? Oder: Barack Obamas Lieblingsserie

Irakkrieg 2003. Die USA führt einen „Krieg gegen den Terror“. Der Marinesoldat Nicholas Brody (Damian Lewis: u.a. Band of Brothers – Wir waren wie Brüder, The Escapist – Raus aus der Hölle) gerät für acht Jahre in Kriegsgefangenschaft. Seine Familie hält ihn für tot. Doch dann, plötzlich, ein Lebenszeichen von dem tot geglaubten Vater und Ehemann. Die USA empfängt Brody als Helden, doch die manisch-depressive CIA-Agentin Carrie Mathison (Claire Danes: u.a. Willkommen im Leben, William Shakespeares Romeo & Julia, The Hours – Von Ewigkeit zu Ewigkeit) vermutet, dass Brody in seiner Gefangenschaft „umgedreht“ wurde und nun für den al-Qaida-Terrorist Abu Nazir arbeitet. Auf eigene Faust überwacht Mathison den vermeintlichen Schläfer Brody und seine Familie, um herauszufinden, wer Brody wirklich ist.

Immer wenn man denkt zu wissen, wer dieser Nicholas Brody wirklich ist, kehrt sich das Vertrauen in diese Person ins Gegenteil um. Immer wieder wird man bei dieser Serie auf überaus intelligente Art überrascht und mit komplexen Fragen konfrontiert: Gehirnwäsche – geht das eigentlich? Und trägt der, dessen Gehirn infiltriert wurde eine Verantwortung dafür? Inwiefern liegt die Verantwortung gar bei den Krieg führenden Parteien? Wer ist es, der dann denkt und handelt? Wer ist schuldfähig? Wer verliert hier eigentlich den Verstand?

Die Serie arbeitet nach dem klassischen Suspense-Prinzip, da der Zuschauer viele Geheimnisse der Figuren kennt, setzt durch unerwartete Wendungen aber immer wieder auch Überraschungsmomente. Hinsichtlich der „wahren“ Gefühle Carries und Brodys füreinander werden verschiedene Möglichkeiten offen gelassen, was die Spannung wirkungsvoll steigert.

Die Rede ist von der Serie Homeland – Barack Obamas Lieblingsserie (ZEITmagazin, 5/2013). Ab dem 29. September um 22.15 Uhr wird die zweite Staffel dieser viel gelobten und preisgekrönten (Golden Globe, Emmy, etc.) Serie in Sat.1 in der Deutschland-Free-TV-Premiere zu sehen sein. Parallel dazu zeigt die Senderschwester ProSieben MAXX ab dem 02. Oktober um 20.15 Uhr die Staffel in der englischen Originalfassung mit Untertiteln.

Was bisher geschah? Die erste Staffel zeigte, dass Brody entgegen seiner Behauptung den Terroristen Abu Nazir tatsächlich gut kennt und zum Islam konvertiert ist. Die Bombardierung einer Koranschule durch die US-amerikanische Luftwaffe – die vielen Kindern das Leben kostete – war Anlass für Brody, sich an einem Attentat zu beteiligen, das er letztlich jedoch nicht realisiert.

In der zweiten Staffel bekleidet Brody als Abgeordneter ein politisches Amt: Er steht vor der Wahl, weiter mit Abu Nazir zu kooperieren oder einen anderen Weg einzuschlagen. Auch bleibt abzuwarten, wie sich das Verhältnis zwischen Carrie und Nicholas entwickelt. Hält sich Carrie in Zukunft von Nicholas fern, aus den Ermittlungen gegen ihn raus oder sind da gar tiefer gehende Gefühle im Spiel?

Die Geschichte von Homeland lehnt sich an Richard Condons Roman The Manchurian Candidate (1959) an, der die Rückkehr „gehirngewaschener“ amerikanischer Soldaten aus dem Koreakrieg beschreibt, sowie an die erfolgreiche israelische Serie Hatufim – In der Hand des Feindes (Prisoners of War), in der es um die Rückkehr zweier israelischer Soldaten aus dem Libanonkrieg geht.

Mit Homeland ist dem alt eingeschworenen Drehbuchautoren-Team Alex Gansa und Howard Gordon (Akte-X, TV-Serie Die Schöne und das Biest, 24) eine überaus gelungene zeitgenössische Auseinandersetzung mit den komplexen Themen Irakkrieg und Terrorismus gelungen.

Die FSF sichtete alle Folgen der zweiten Staffel und gab diese bis auf eine Episode für ab 12-Jährige und damit verbunden für die Ausstrahlung im Hauptabendprogramm ab 20 Uhr frei. Die Episode mit dem Titel Das Video (Orig.: State of Independance) erhielt eine Freigabe ab 16 Jahren (Spätabendprogramm: ab 22 Uhr). Zur ProgrammInfo der Serie Homeland auf der FSF-Website geht es hier.

Bitte beachten Sie: Bei den Altersfreigaben handelt es sich nicht um pädagogische Empfehlungen, sondern um die Angabe der Altersstufe, für die ein Programm nach Einschätzung der Prüferinnen und Prüfer keine entwicklungsbeeinträchtigenden Wirkungsrisiken mehr bedeutet.

Mehr Informationen zur Programmprüfung erhalten Sie auf unserer Website. Dort veröffentlichen wir jede Woche neue ProgrammInfos zum aktuellen Fernsehprogramm. Auch diese Auswahl stellt keine Empfehlung dar, sondern zeigt einen Querschnitt der Programme, die den Prüfausschüssen der FSF von den Mitgliedssendern vorgelegt werden.

Über Mareike Müller

Mareike Müller studierte Kulturanthropologie und Rechtswissenschaften (BA) sowie European Studies (MA) an der Georg-August Universität Göttingen und Europa Universität Viadrina. Nach verschiedenen Erfahrungen in der politischen und kulturellen Vermittlungsarbeit im In- und Ausland war sie von 2012 bis 2014 als studentische Mitarbeiterin bei der FSF redaktionell und im Projektmanagement tätig. Seit 2015 schreibt sie als freie Autorin für der FSF-Blog.