Kulturkampf verdrängt Zombies

Nach einem recht fiesen Cliffhanger kehrte The Walking Dead am letzten Wochenende zurück. Die Auftaktepisode gab nicht nur die Antwort auf die wohl drängendste Frage, sie markierte auch einen Wendepunkt der Show.

Das Ende der sechsten Staffel von The Walking Dead ließ uns mit der Gewissheit zurück, dass einer der Hauptcharaktere von Neu-Bösewicht Negan brutal erschlagen wurde. Ungeklärt blieb, wen es nun erwischt hatte. Seit letztem Sonntag ist das Geheimnis gelüftet und es bleibt nicht der Schock über das Opfer, sondern über die Art und Weise. Denn obwohl TWD bisher in Sachen Gewalt nicht zurückhaltend agierte, hatte das eine neue Qualität an Grausamkeit.

Ein Blick zurück zeigt, dass das Gewaltpotenzial von Staffel zu Staffel zunimmt. Anfangs hieß es, in einer chaotischen Welt voller Zombies zu überleben. Die große Gefahr ging von den Untoten aus, doch mit der Zeit lernten die Menschen, mit ihnen fertig zu werden. Denn der Vorteil der sogenannten Walker ist, dass ihr Verhalten vorhersehbar bleibt. Bedrohlich wurden sie meist nur, wenn sie in Massen auftraten. Die wirkliche Brutalität ging mehr und mehr von den Menschen aus.

Viele Fans der Serie hat die Entwicklung verstört, sie werfen den Serienmachern vor, den Zuschauer so auf billigste Art zu manipulieren. Fakt ist, die Welt von TWD ist eine pessimistische. Jede aufkeimende Hoffnung wird innerhalb kürzester Zeit zerstört und die Menschen sind schlimmer dran als zuvor. Dennoch hat sich die Gruppe um Rick Grimes immer wieder durchgeschlagen und versucht, dieser Realität einen Funken Menschlichkeit entgegenzusetzen. Doch in einer Welt, in der die Regeln der Zivilisation nicht mehr gelten und in der das Recht des Stärkeren greift, scheint Menschlichkeit die Überlebenschancen eher zu verschlechtern.

Die Apokalypse verzeiht keine Menschlichkeit

Zum Ende der vierten Staffel wurden Rick und die Gruppe von einer Kannibalengemeinde gefangen genommen und konnten erst im letzten Moment entkommen. Das Unheimliche an der Geschichte dieser Menschen war ihr Werdegang. Einst wollten sie helfen und Menschen eine Heimat geben. Erlebte Gewalt und Demütigungen führten jedoch zu der Erkenntnis, dass es nur Schlächter und Vieh geben kann und dass sie nie mehr die Opferrolle einnehmen würden. Diese Begegnung hatte vor allem Rick nachhaltig verändert und sollte Konsequenzen haben.

In Staffel sechs war es dann soweit, Ricks Gruppe überschritt eine Grenze und tötete präventiv. In einer kaltblütigen nächtlichen Aktion drangen sie in die Unterkunft einer anderen Gruppe ein und töteten deren Mitglieder im Schlaf. Der Grund war nachvollziehbar und dennoch ein klarer Tabubruch. Die moralische Überlegenheit der Gruppe, die Überzeugung, man gehöre zu den „good people“ war dahin. Ein Weg der vielen Fans nicht gefällt.

Der Autokrat und seine Untertanen

Ich habe die Comics, auf denen die Serie basiert, nicht gelesen und empfinde die Entwicklung der Serie als konsequent. Staffel sechs war bisher eine der stärksten und intensivsten und brachte mit der Einführung von Negan den ersten wirklich beängstigenden Bösewicht. Gleichzeitig wird die Serie zu einem philosophischen und politik-theoretischen Spielfeld, auf dem längst noch nicht geklärt ist, welche Gesellschaftsform die Zukunft bestimmen wird.

Bisher hatten wir kleine Gruppen oder Kommunen, die jeweils auf sich selbst gestellt waren. Alle hatten ihre eigenen Regeln. Manche waren demokratisch strukturiert, andere autokratisch und wiederum andere waren ausschließlich daran interessiert, Chaos zu verbreiten. Mit Negan betritt nun jemand die Bühne, der viele dieser kleinen Gruppen unter seine Herrschaft stellt und so seinen Wohlstand mehrt. Negan ist quasi der Herrscher seines eigenen Staates, den er kontinuierlich erweitert. Aber wir alle wissen, nichts hält für ewig.

In welcher Gesellschaft wollt ihr leben?

Mit Morgan und Carol haben wir zwei Charaktere, die es in eine andere Richtung verschlagen hatte. Sie wurden von zwei edlen Reitern aufgelesen und recht freundlich behandelt. Trailer haben uns schon vor Staffelbeginn darauf vorbereitet, wohin die Reise für die beiden gehen wird. Sie treffen auf den majestätischen Ezekiel, der sich einen Tiger als Haustier hält. In welchem Verhältnis er zu Negan steht, bleibt abzuwarten, es ist aber davon auszugehen, dass es sich hier um eine noch freie Gemeinschaft (oder schon mehr) handelt.

Damit schlägt TWD nun einen neuen Weg ein. Am Anfang waren es die Zombies, die die Welt ins Chaos stürzten, doch mit der Zeit lernten die Menschen damit umzugehen. Sie versuchten, ihre Gemeinschaft zu stärken und sich niederzulassen. Doch immer wieder kam es zu Katastrophen, die zur Flucht zwangen und einen Neuanfang nötig machten. Nun hat sich eine höhere Ordnung etabliert. Die Gruppe ist nicht mehr autark und Rick ist kein Anführer mehr. Gleichzeitig ist diese Ordnung nicht die einzig existierende und es wird früher oder später zu einem Kampf der Systeme kommen. Das Beunruhigende an der Serie ist dabei nicht die Gewalt, sondern dass sie dabei näher an unserer Realität ist, als wir es gerne hätten.

FOX strahlt die siebte Staffel The Walking Dead jeweils montags ab 21.00 Uhr aus.

Über Sebastian Calließ

Nach abgeschlossenem Studium der Germanistik und Politikwissenschaft, Projekte der politischen Bildung in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt. Es folgten Medienbeobachtung, Online-Marketing und Texten fürs Web-Radio BLN.FM. Sebastian ist ein begeisterter Geschichtenerzähler, Film- und Serienfreund, verliebt in House und Disco und „verliert“ sein Geld in Plattenläden.

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2 Kommentare zu “Kulturkampf verdrängt Zombies

  1. Vielen Dank für den tollen Beitrag.

    Ich würde es toll finden wenn auch weiterhin das Ergebnis Protokoll
    Der neuen Staffel veröffentlich wird. Leider blieb das bisher von folge 7.1 aus .

    1. Hallo! Danke für den netten Kommentar – leiten wir gern an den Autor weiter.

      Zur aktuellen Staffel werden die Ergebnisprotokolle nicht wie bisher veröffentlicht. Die Nachfrage war bei den zurückliegenden Staffeln sehr gering, sodass wir uns dagegen entschieden haben.
      Wenn Sie aber zu konkreten Episoden, nach der Ausstrahlung, Fragen haben, beantworten wir diese gern!
      Die 1. Episode der 7. Staffel erhielt eine Freigabe ab 18 Jahren, verbunden mit einer Ausstrahlung im Nachtprogramm (ohne Schnitte) und wurde von FOX um 21 Uhr, vorgesperrt und ohne Schnitte ausgestrahlt.

      Mit freundlichen Grüßen,
      Luise Weigelt
      (Social Media -/Blogredaktion FSF)