Großes Serienkino

Ich saß letztes Jahr in einer Veranstaltung der Berlinale Talents, bei der es um Serienproduktionen ging. Illustre Gäste auf der Bühne und allerlei zu erfahren über das Serienmachen. Alles sehr interessant. Doch der eigentlich spektakuläre Moment kam, als ein Trailer zur zweiten und damals noch unveröffentlichten Staffel Hannibal gezeigt wurde. Auf einer riesigen Projektionsfläche. Die Reaktionen des Publikums reichten von Augen und Ohren zuhalten – die Serie ist definitiv nichts für schwache Nerven – über ein erleichtertes „Puuuuh“, nachdem es vorbei war, bis hin zu hörbarer Begeisterung, die sich bei mir und meiner Nachbarin in dem kleinen Wörtchen „Wow!“ entlud. Was sich jedoch auch einstellte, war das Gefühl, dass die Serie – repräsentiert durch ihren Trailer – genau da war, wo sie hingehörte: auf der großen Leinwand. Weiterlesen ...

Was ihr wollt

Der Platzhirsch im Online-Streaming-Geschäft, Netflix, hat bekanntermaßen die Karten in der TV-Landschaft neu gemischt, als er in die Produktion eigener Inhalte einstieg. Von House of Cards hat inzwischen so ziemlich jeder etwas gehört. Als erste von einem Streaming-Service produzierte Serie war House of Cards eine aufsehenerregende Neuerung und heimste überdies Preise ein. Das eigentliche Novum dieses Streaming-Spielers auf dem TV-Markt liegt jedoch in der Art und Weise, wie die Beauftragung von Produktionen passiert. Netflix hat ein ausgeklügeltes Auswertungs- und Bewertungssystem für die Präferenzen seiner Nutzer hinterlegt, von dem TV-Sender nur träumen können. 67 verschiedene Klassifizierungsmöglichkeiten gibt es allein für Genres. Die Informationen für diese Einstufungen kommen, wie überall im Netz, von den Nutzern selbst. Und die Ergebnisse sind bares Geld wert. So basierte das Konzept für House of Cards – bereits erfolgreiches britisches Serienoriginal plus beliebter und für Qualität bekannter Regisseur plus populärer hochdekorierter Hollywoodstar – auf den Big-Data-Auswertungen des Nutzerverhaltens auf der Plattform. Ein Erfolg mit Ansage, so möchte man meinen. Weiterlesen ...

Das gespaltene Publikum

Die dritte Folge der neuen HBO-Serie True Detective hatte jüngst ein cineastisches Schmankerl für seine Zuschauer parat. Eine sechsminütige Szene, die komplett ohne Schnitte auskam. Plansequenz nennt sich das im Fachjargon. Ein Stilmittel, das nicht oft eingesetzt wird und in TV-Serien erst recht nicht. Während die Kamera zwei Protagonisten verfolgt, die von einem Ort fliehen, der sich um sie herum langsam in eine Art Kriegsgebiet verwandelt, hält man fast den Atem an. Das spektakuläre Finale der Folge. Ich persönlich konnte die Augen nicht abwenden. Aber es soll ja Leute geben, die da nebenher noch twittern können. Weiterlesen ...

Fundstücke

Sosehr ich die neuen US-amerikanischen Serien liebe, so ist es dennoch augenfällig, dass Frauen darin ausgesprochen unterrepräsentiert sind. Eines der Bücher über das Phänomen heißt nicht umsonst Difficukt Men. Phillip Maciak fragte sich in der Besprechung dieses und eines weiteren Buches in der Los Angeles Review of Books, was wohl passiert wäre, wenn es damals nicht The Sopranos (1999), sondern eine Serie mit einer weiblichen Hauptfigur geworden wäre, die diese Entwicklung losgetreten hätte. Das ist natürlich eigentlich müßig. Und die Autoren könnten auch nichts dafür, dass diese Revolution vorrangig eine männliche war, schreibt Maciak. Doch ich habe in letzter Zeit einige Serien gesehen, die anders waren. Ein Beispiel: Durch die Gänge einer Burg schreiten drei entschlossene Ritter aufeinander zu. Man meint, jeden Moment erhebe sich ein Schwert. An der Kreuzung der Gänge angekommen, fangen sie an, ihre Rüstungen abzulegen, ein Stück nach dem anderen landet auf dem Boden. Darunter kommen drei Frauengestalten hervor: The White Queen, The Red Queen and The Kingmaker's Daughter. So nämlich die Titel der drei Romane, auf denen die BBC-Serie The White Queen (2013) basiert. Weiterlesen ...

Die schönste Zumutung

Matthew McConaughey, Kevin Spacey, Woody Harrelson, Glenn Close, Hale Berry, Maggie Smith: Sie denken an Hollywood? Ich denke an Fernsehen. Immer mehr große Namen des Celluloids haben den Weg in diverse TV-Produktionen gefunden. Und nicht etwa in aufwendig produzierte Filme. Nein, in TV-Serien. Einer früher ausgesprochen verpönten Gattung. Das serielle Drama mit zwölf bis dreizehn Folgen und offenem Ende hat sich nach den Worten Brett Martins, des Autors von “Difficult Men: Behind the Scenes of a Creative Revolution”, zu einer eigenen Kunstgattung gemausert. Mehr noch, zu DER bezeichnenden Kunstgattung für die USA des beginnenden 21. Jahrhunderts. Er vergleicht die Bedeutung der neuen Qualitätsserien mit der Bedeutung, die die Filme von Scorsese, Altman und Coppola für die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts hatten.