Futurelab Medienpädagogik: Was ist drin, wenn Medienpädagogik draufsteht?

Um medienpädagogische Professionalisierung und Qualitätsstandards ging es auf dem 34. Forum der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK), das vom 17. bis 19. November 2017 an der Frankfurter University of Applied Science (UAS) stattfand. Was bedeutet es, medienpädagogisch professionell zu handeln? Was macht die Qualität medienpädagogischer Arbeit aus?

Eine Positionsbestimmung der Medienpädagogik ist dringend notwendig. Die Digitalisierung bringt tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen mit sich, Medienbildung und Medienkompetenz werden immer wichtiger. Die Medienpädagogik, deren Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft und Praxis sich auf dem jährlichen Branchentreff versammeln, steht dabei grundsätzlich für eine umfassende, kritische Perspektive auf Kommunikationskultur. Medienkompetenz wird nicht auf technische Fertigkeiten, Medienbildung nicht auf Mediendidaktik oder Ausstattungsfragen reduziert. Vielmehr sind analytische und kritische Fähigkeiten gefordert, um ökonomische und politische Zusammenhänge zu durchschauen und problematischen Erscheinungen der Digitalisierung adäquat begegnen zu können. Gemeint sind nicht nur die derzeit viel diskutierten Filterblasen, Hate Speech-Kommentare oder Fake News.

Zur Ankündigung auf das 34. Forum Kommunikationskultur startete die GMK eine Social-Media-Kampagne, die im wöchentlichen Turnus kurze Statements zum Forums-Thema „Futurelab Medienpädagogik: Qualität, Standards, Profession“ via Facebook und Twitter veröffentlichte. Mit dabei: Prof. Dr. Horst Niesyto

Auch Entwicklungen wie digitale Babyfons, algorithmische Auswahl- und Entscheidungsprozesse, Influencer-Marketing oder ein zunehmende IT-Lobbyismus an Schulen forderten die Medienpädagogik heraus, so Prof. Dr. Horst Niesyto von der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg. Sie zeigen darüber hinaus, dass Medienpädagogik interdisziplinär aufgestellt sein, mit technischen aber auch sprachlichen, sozialwissenschaftlichen oder künstlerischen Disziplinen kooperieren muss.

Immer noch, so Thomas Knaus, herrsche in der Schule das Lernen mit Medien vor, während das Lernen über Medien zu kurz komme. Dabei muss gerade dieses Lernen über Medien auch in der Schule stattfinden, um alle Heranwachsenden zu erreichen und Bildungsunterschiede auszugleichen. Hier geht es nicht nur darum, Fachwissen zu vermitteln, sondern Persönlichkeitsentwicklung und Reflexionsfähigkeit zu unterstützen. Kreative Räume müssen bereit stehen, in denen Medien gestaltet, erlebt und durchdacht werden können.

Dass eine solche kritisch-reflexive Auseinandersetzung mit medialen Problemfeldern gelingen kann, zeigen regelmäßig die medienpädagogischen Projekte, die mit dem Dieter Baacke Preis ausgezeichnet werden. Den Sonderpreis zum Jahresthema Medienkritik erhielt etwa das Projekt TRUMP IT!, ein fiktives Wahlkampf-Rollenspiel, in dem eine Schule eine ganze Wahl inszeniert. Als Parteimitglied, Journalistin oder Wahlorganisator spielen die 14 bis 16-Jährigen die Stationen eines Wahlkampfes und die dazugehörigen medialen Strategien durch, lernen Wirkprinzipien kennen und – ganz nebenbei – populistische Politik zu durchschauen.

Die Workshops auf dem Forum widmen sich traditionell verschiedenen Praxisfeldern und zeigen, wo Medienbildung und politische Bildung, Netzpolitik und Jugendschutz zusammenlaufen. Ethische Fragen werden diskutiert, in Bezug auf das medienpädagogische Selbstverständnis oder am Beispiel des E-Sports mit Blick auf die Verantwortung von Unternehmen, Angebote medienpädagogisch zu rahmen. Internationale Netzwerke werden geschmiedet, Curricula für die Lehrerinnenbildung oder Arbeitsmaterialien zum Cyberbullying ausgetauscht. Juristische Fragen zum Persönlichkeits- oder Urheberrecht, mit denen sich Lehrerinnen und Pädagogen konfrontiert sehen, werden erörtert. Und auch die Verbindung von Kunst und digitaler Technik gehört zur Medienbildung der Zukunft, wie Christoph Kremer, Geschäftsführer des Ars Electronica Center Linz, zeigen kann.

Zur Ankündigung auf das 34. Forum Kommunikationskultur startete die GMK eine Social-Media-Kampagne, die im wöchentlichen Turnus kurze Statements zum Forums-Thema „Futurelab Medienpädagogik: Qualität, Standards, Profession“ via Facebook und Twitter veröffentlichte. Mit dabei: Christoph Kremer

Um qualitätsvolle Medienbildung flächendeckend und in allen Bildungsfeldern zu verankern, bedarf es erheblicher infrastruktureller und personeller Ressourcen, sagt Horst Niesyto. Dem erhöhten Bedarf an medienpädagogischer Expertise steht aber ein ernüchternder Befund entgegen: Medienpädagogik ist kein systematischer Bestandteil der Ausbildung von Lehrerinnen, Sozialpädagogen oder Erziehern. Medienpädagogische Professuren und Studiengänge sind rar, Angebote in der Fort- und Weiterbildung sind weder flächen- noch bedarfsdeckend.

Zukunft wird aus Geld gemacht“, schreibt Sascha Lobo in seiner Digitalisierungskolumne, und weil das erst recht für die Medienbildung gilt, ist auch ihre Zukunft ungewiss. Fazit des Frankfurter Kongresses ist jedenfalls, dass die derzeitigen Ansätze nicht genügen. Es reicht nicht, Medienbildung im Sinne von „Digital First“ nur technologie- und wirtschaftsorientiert zu denken, sondern es geht auch um politische Teilhabe, Kritikfähigkeit und Kreativität. Und es reicht auch nicht, Projekte wie „TRUMP IT!“ nur an ausgewählten Laborschulen zu fördern. Medienbildung müsste überall so aussehen, und zwar so bald wie möglich. Medienpädagogische Professionalität ist vorhanden. Das Lernen über Medien muss aber systematisch geplant und kontinuierlich durchgeführt werden. Das ist teuer, aber wie Christoph Kremer vom Ars Electronica meint, alternativlos: „Wenn Sie denken, Medienbildung sei teuer, versuchen Sie es ohne!”

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Die GMK startete eine Social-Media-Kampagne, die im wöchentlichen Turnus kurze Statements zum Forums-Thema Futurelab Medienpädagogik: Qualität, Standards, Profession via Facebook und Twitter veröffentlichte, um auf das 34. Forum Kommunikationskultur hinzuweisen.

 

Links zum Weiterlesen:

Über Claudia Mikat

Claudia Mikat ist seit 2019 Geschäftsführerin der FSF. Sie studierte Erziehungswissenschaften/Freizeit- und Medienpädagogik an der Universität Göttingen. Danach arbeitete sie als freiberufliche Medienpädagogin, als Dozentin und in der Erwachsenenbildung. Von 1994 bis 2001 leitete sie die Geschäftsstelle der FSF und wechselte dann in die Programmprüfung, die sie bis 2015 verantwortete.