Wenn Sonntagabend der Fernseher bei mir angeht, dann muss schon fast eine Naturkatastrophe die Welt erschüttern. In diesem Fall war es jedoch kein Jahrhundertsturm [1] , sondern das neue Fernsehformat von Stefan Raab auf ProSieben. Gut, neu ist es eigentlich nicht, denn Raab verleiht mit seiner Talkshow „Absolute Mehrheit – Meinung muss sich wieder lohnen“ einem eingestaubten Format lediglich neuen Glanz, dennoch kochte das Thema im Vorfeld schon stark in den Medien hoch. Dabei steckt doch hinter der Sendung ein auf den ersten Blick vorbildlicher Auftrag: die Politikverdrossenheit in der Jugend zu bekämpfen.
Kritisiert wurde vor allem der neu geschaffene Wettbewerb, bei dem Politiker gegeneinander für Geld antreten. Ein – so kann man wohl sagen – überflüssiger Wettbewerb, besonders wenn man ihn vor dem Hintergrund der aktuellen Nebeneinkünfte-Debatte um Peer Steinbrück betrachtet. Lassen wir dieses Argument mal außen vor, was bleibt dann noch? Die Beschwerden über die „rassistischen Entgleisungen“, wie sie der Spiegel [2] betitelte? Alles alt und schon mehrfach durchgekaut. Raabs Humor ist sicherlich umstritten und nicht jedermanns Sache, von einem rassistischen Skandal zu sprechen hat jedoch schon deutlichen Boulevard-Charakter.
Die Frage ist doch, warum nur die Wenigsten bemerken, was Raab am Sonntag wirklich bewirkt hat, nämlich die Vermischung von Unterhaltungs- und Bildungsfernsehen und das gesteigerte Interesse von jungen Menschen, sich mit dem Format das Polittalks auseinanderzusetzen. Sein Erfolg wird in den Quoten sichtbar: 18,3 Prozent aus der werberelevanten Zielgruppe von 18 bis 49 Jahren schauten zu [3] . Ein Erfolg, der sich ihm nicht absprechen lässt.
Repräsentativ scheint das Ergebnis der Abstimmungen jedoch nicht zu sein. Der CDU-Vertreter Michael Fuchs flog jedenfalls mit knapp 8% gleich in der ersten Abstimmung raus und durfte an den späteren Abstimmungen nicht teilnehmen. Wolfgang Kubicki von der FDP gewann hingegen, wenn auch nicht mit der sogenannten „Absoluten Mehrheit“. Doch das war auch nicht zu erwarten. Meines Erachtens habe ich selten soviel politische Selbstbeweihräucherung in einer Sendung gesehen, und natürlich waren davon auch die Wahlergebnisse der Zuschauer während der Sendung abhängig. Aber die Sendung unterhält das junge Publikum, welches Raab für gewöhnlich mit seinen Formaten anspricht. Und damit einhergehend eben auch das besagte gesteigerte Interesse an der Politik von eben jenen Menschen, die sich damit nicht einmal mehr am Rande beschäftigt haben. Man kann also sagen, dass Raab der Spagat durchaus gelungen ist. Und das ist es, was diesen Entertainer so erfolgreich macht: Er hat den nötigen Mut und das Selbstvertrauen, um seine Ideen umzusetzen.
An den Feinheiten könnte er allerdings noch arbeiten. Die Runden waren teilweise so kurz, dass manche Kandidaten gar nicht richtig die Gelegenheit bekamen, ihre Meinung zu vertreten, immer wieder unterbrochen wurden durch die Informationen über die Zwischenstände der telefonischen Abstimmung. Auch das zu häufige Einblenden des Autos, welches es zu gewinnen gab, sorgte dafür, dass es wie bei fast allen politischen Talkshows am Ende an der Zeit mangelte, die Themen ausführlicher zu besprechen. Zum Schutz von ProSieben muss man jedoch anbringen, dass dies zum Bezahlkonzept der Sendung gehört. Weiter geht’s mit der Sendung allerdings erst im Januar, es bleibt also genug Zeit für einige Änderungen am Konzept. Bis dahin kann ich nur sagen: Weiter so, Herr Raab, denn auch Mut wird belohnt!
[1] http://wahrheitueberwahrheit.blogspot.de/2012/10/da-blast-er.html