Analyse von ausgewählten Materialien zur Konzeption und Entwicklung einer schulbegleitenden Lernbroschüre für die 3. und 4. Jahrgangsstufe
Der medius ist ein Preis, der wissenschaftliche und praxisorientierte Abschlussarbeiten aus dem deutschsprachigen Raum würdigt, die sich mit innovativen Aspekten der Medien, der Pädagogik oder des Jugendmedienschutzes auseinandersetzen. Er wird jährlich von der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK), dem Deutsche Kinderhilfswerk e.V. (DKHW), der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) und der Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen e.V. (FSF) im Rahmen einer Medienfachtagung verliehen.
Jennifer Schatz ist medius-Preisträgerin 2014 und wurde für ihre Arbeit zum Thema Erste Schritte im Internet. Analyse von ausgewählten Materialien zur Konzeption und Entwicklung einer schulbegleitenden Lernbroschüre für die 3. und 4. Jahrgangsstufe geehrt. Heute stellt Sie sich einige Fragen, die wir zu dieser hatten.
Können Sie in wenigen Sätzen erläutern, was die Fragestellung Ihrer Arbeit ist, was genau Sie untersucht haben und zu welchen Ergebnissen Sie gekommen sind?
Medien sind heute ein wesentlicher Bestandteil in unserer Wissens- und Informationsgesellschaft. Entsprechend dürfen sich u.a. auch die Schulen der Aufgabe, Medienkompetenz zu fördern, nicht entziehen (vgl. Neuß 2012:19). In meiner Forschungsarbeit habe ich als Konsequenz aus obiger Feststellung das Thema „Internetkompetenzförderung“ an Grundschulen zum Hauptgegenstand gemacht. Mithilfe einer Materialanalyse untersuchte ich ausgewählte Internet-Lernbroschüren, die Kindern im Grundschulalter bei den ersten Schritten im Internet helfen sollen. Die zentrale Fragestellung lautet: Sind diese Materialien so aufgebaut, dass sie Kinder in ihrem Lern- und Verständnisprozess für die Aneignung von Grundkenntnissen im Umgang mit dem Internet unterstützen? Ebenfalls habe ich aber auch analysiert, ob Lehrkräfte das Material – auch ohne fortgeschrittene Medienkenntnisse – im Unterricht einbinden können.
Mein Ziel war folglich, nicht nur Aussagen über die methodische, gestalterische und didaktische Qualität der einzelnen Materialien treffen zu können, sondern am Ende der Arbeit auch grundlegende Bedingungen, die bei zukünftigen Konzeptionen von schulbegleitenden Lernbroschüren berücksichtigt werden sollten, zu bieten. Mit einem detaillierten Kriterienkatalog habe ich entsprechend die ausgewählten Materialien analysiert und herausgefunden, dass derzeit noch große qualitative Unterschiede sowohl im Aufbau als auch im Inhalt herrschen, und auch Lehrkräfte wenig Anleitung und didaktische Hilfestellungen finden, um ohne einen großen Mehraufwand das Material zielgerichtet einsetzen zu können. Ebenfalls sind die Materialien bislang stark an ausgestattete Computerräume mit Internetanschluss gebunden, die derzeit noch relativ selten an deutschen Grundschulen zu finden sind. Entsprechend bilden die Materialien zwar größtenteils einen enormen Zugewinn an unterstützenden Methoden und Inhalten rund um das Thema „Internetkompetenzförderung“, können jedoch in der Praxis noch nicht vollständig Einsatz finden.
Als Laie nimmt man an, dass es eine Vielzahl von Internet-Lernbroschüren für die Grundschule gibt. Ist das wirklich so?
Durch den wachsenden Bedarf gibt es in der Tat auch eine steigende Produktion an Lernbroschüren rund um das Thema Internet. Das ist jedoch noch nicht sehr lange der Fall, denn bis vor wenigen Jahren galt das Internet zwar als bereicherndes Medium für unsere Gesellschaft, stand jedoch nicht im Mittelpunkt bildungspolitischer Belange. Ebenfalls muss berücksichtigt werden, dass viele der bisher existierenden Materialien nicht für alle Bundesländer zugänglich sind. So haben zwar einige, wie beispielsweise Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz verschiedene Materialien entwickelt, diese jedoch in ihren Bezugsmöglichkeiten und Nutzungsrechten auf das eigene Bundesland beschränkt. Eine verbindliche, gesamtdeutsche Lösung gibt es entsprechend bisher nicht. Die gute Nachricht ist aber, wie bereits beschrieben, dass durch den steigenden Bedarf nun auch mehr bundeslandunabhängiges Material entwickelt wird. Trotz alledem ist dieses Angebot derzeit noch stark eingeschränkt.
Welche Kriterien sind Ihrer Meinung nach wesentlich, um die Qualität einer Lernbroschüre zu bewerten?
Ich war während des Schreibens meiner Arbeit selbst überrascht, wie viele Kriterien untersucht werden müssen, um differenzierte Aussagen über die Qualität einer Lernbroschüre machen zu können. Angefangen bei drei Seiten hatte mein Analyseinstrument schließlich schnell eine Größe von 15 Seiten erreicht. Inhaltlich ging es dabei u.a. um die Untersuchung der Inhalte der Materialien, die benötigten kognitiven und technischen Voraussetzungen, die unterstützenden Zusatzangebote für Lehrkräfte innerhalb der Broschüre, die grafische und typografische Gestaltung, die didaktische Vermittlung als auch um den Einbezug des Nutzers. Dies sind letztendlich nur die Oberbegriffe, die im Kriterienbogen selbst noch mehrfach untergliedert und ausdifferenziert werden. Natürlich ist bei solchen Instrumenten immer Luft nach oben, sprich, man könnte noch zahlreiche weitere Kriterien finden und einbinden. Doch ich denke, dass mein Analyseinstrument bereits eine gute Basis für die Beurteilung von Lernmaterialien bietet.
Können Sie kurz Ihren eigenen Ansatz für eine Lernbroschüre skizzieren?
Mit dem ersten Kapitel einer eigenen Lernbroschüre habe ich versucht Lösungsvorschläge aufzuzeigen, um die Probleme und Unstimmigkeiten, die im Rahmen meiner Analyse bei anderen Materialien aufgetreten sind, zu vermeiden und damit gleichzeitig auf Alternativen hinzuweisen. Dabei ging es zuallererst um den grundlegenden „Einstieg ins Internet“. Einige Materialien steigen beispielsweise direkt mit ersten Recherchen über Suchmaschinen o.Ä. ein, anstatt sich mit den grundlegenden Basics zu beschäftigen, wie den Fragen „Was ist überhaupt Internet?“, „Wie komme ich ins Internet?“ oder „Wie funktioniert das Internet?“. Entsprechend habe ich in meiner Lernbroschüre einige solcher Möglichkeiten dargelegt, um Kindern die erste Begegnung mit dem Internet vertrauter zu machen. Einen weiteren Aspekt, den ich in meinem Ansatz stärker in den Fokus richten wollte, waren Übungen, die man im Klassenverband ohne den Einsatz von Internet umsetzen kann. Denn wie ich bereits beschrieben hatte, mangelt es an zahlreichen deutschen Grundschulen derzeit noch an Computerräumen mit Internetzugang. Entsprechend können Übungen, bei denen die Nutzung von Internet keine Voraussetzung ist, einfacher im Unterricht umgesetzt werden und gleichzeitig auch motivierender für Lehrkräfte sein. Denn hin und wieder ist es nicht der fehlende Computerraum, der sie daran hindert, sich mit „Internetkompetenz“ in der Schule auseinanderzusetzen, sondern die starke Verunsicherung, das fehlende Wissen und die hin und wieder auftretenden technischen Probleme (vgl. Schill 2008: 162). Natürlich kann nicht alles ohne Internet geschehen – denn nur wenn man sich auch praktisch und direkt mit dem Medium auseinandersetzt, kann man es verstehen und an den richtigen Stellen einsetzen –, doch bieten solcherlei Übungen und Methoden zumindest wichtige Grundlagen und prägen die Verhaltensweise, bevor man in die aktive Nutzungsphase übergeht.
Werden Sie diesen Ansatz weiterverfolgen und wenn ja, welche Schritte wären notwendig, um Ihre Ideen umzusetzen?
Sehr gerne würde ich den Ansatz weiterverfolgen, gerade auch, weil mir die Medienkompetenzförderung im Allgemeinen, aber in meinem Fall (bezogen auf meine Arbeit und die eigene Lernbroschüre) natürlich fokussiert auf die Internetkompetenzförderung an Grundschulen sehr am Herzen liegt. Hierzu fehlen mir jedoch noch die nötigen Partner und Herausgeber, die mich finanziell unterstützen möchten, um die Lernbroschüre mit weiteren Kapiteln zu füllen und sie schließlich zu veröffentlichen.
Wo kann man Ihre Arbeit lesen oder wie kann man sie beziehen?
Meine Arbeit ist vor einiger Zeit unter dem Namen Erste Schritte im Internet – Analyse von ausgewählten Materialien für die Grundschule als Buch in der Reihe Medienpädagogische Praxisforschung im Kopaed Verlag erschienen und auch dort erhältlich.
Literatur:
Neuß, Norbert (2012): Medien in Kindheit und Familie. In: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.): Anregung statt Aufregung. Neue Wege zur Förderung von Medienkompetenz in Familien, Köln. S.12-30.
Schill, Wolfgang (2008): Integrative Medienerziehung in der Grundschule. Konzeption am Beispiel medienpädagogischen Handelns mit auditiven Medien, München.
Zum medius 2015
Ausgezeichnet werden Abschlussarbeiten aus dem deutschsprachigen Raum, die sich mit innovativen Aspekten aus dem Medienbereich, der Pädagogik oder dem Jugendmedienschutz auseinandersetzen. Der Preis ist mit 2 500 Euro dotiert. Einsendeschluss ist der 31. Oktober 2014; eingereicht werden können die Arbeiten bei der FSF oder der GMK. Mehr Informationen sowie die Adressen, an die Sie sich wenden können, finden Sie auf unserer Website.
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