Die Filmografie liest sich wie aus einem Lehrplan der Mittelstufe im Fach Deutsch: Ob Kabale und Liebe, Die Wolke (beides 2006) oder Krabat (2008) ‒ Paula Kalenberg scheint eine Vorliebe für literarische Stoffe zu haben. Doch auch zeitgeschichtliche Filme wie Vision ‒ Aus dem Leben der Hildegard von Bingen (2009), Jud Süß ‒ Sympathie für den Teufel (2009) oder Der Fall Barschel (2015) finden in ihrem Portfolio Platz. Ungewöhnlich für eine Frau, die erst in diesem Jahr die für viele Schauspielerinnen nicht ganz unproblematische 30 knacken wird. Für jemanden, der schon im Teenageralter auch jenseits des Jugendfilmgenres gespielt hat, scheint das kein Problem zu sein.
Von der Waldorfschule ans Tatort-Set
Dabei begann die Karriere der 29-Jährigen ‒ für Deutschland ‒ ganz klassisch, in einem Krimi. Dem Debüt Hannah ‒ Wo bist du? (2001) folgten Auftritte in der Serie Die Sitte und im obligatorischen Tatort. Da muss man in Deutschland wohl einfach durch. Damals war Paula Kalenberg 14 und noch in der Waldorfschule in Dinslaken. Zum Casting für ihr Debüt kam sie über einen Aufruf im Radio. Von da an stand ihr Berufswunsch fest. Doch schon lange, bevor sie die Schule beendete, war klar: Die Wahlberlinerin kann nicht nur Krimi und Literatur. Mit Systemfehler ‒ Wenn Inge tanzt (2013) oder Kokowäh 2 (2012) bewies sie auch komödiantisches Talent, mit Rosamunde Pilcher ‒ Die vier Jahreszeiten (2008) wagte sich die damals 22-Jährige sogar ins Schmonzettengenre vor. Ein Umstand, den sie heute augenzwinkernd als „Jugendsünde“ verbucht.
Dass sie mit ihrem Rollenspiel überzeugt, zeigen gewonnene Preise wie der New Faces Award 2006 in der Kategorie Beste Nachwuchsschauspielerin in Die Wolke oder der deutsche Filmpreis (Bester Jugendfilm 2009: Was am Ende zählt) sowie auch der Askania Award (2011).
Strickzeug am Set
Vielleicht ist es die Fähigkeit, sich nicht immer ganz ernst nehmen zu müssen, die Paula Kalenberg Bodenhaftung verleiht. Wenn sie mal keine durchgeknallten oder melancholischen Charaktere spielt, sitzt sie ‒ mit Birkenstock-Sandalen ‒ an ihrer Nähmaschine, strickt auch mal am Set oder setzt sich für soziale Zwecke ein. Als Schirmherrin des Mädchenhauses Bielefeld e.V. etwa, das junge Frauen unterstützt, die sexualisierte, körperliche und seelische Gewalt erlebt haben. Sowas erdet.
Vermutlich wird Paula Kalenberg auch noch Filme drehen, wenn sie selbst zur Zielgruppe der Rosamunde Pilcher-Verfilmungen gehört. Doch für den Notfall hat sie vorgesorgt ‒ mit einem Regiestudium, dass ihr auch die Arbeit hinter der Kamera ermöglicht. Ob sie dann auch ihr Strickzeug mitnehmen wird?
Wer sich ein aktuelles Bild von Paula Kalenberg machen möchte, kommenden Freitag, am 30. September 2016, ist sie in dem Fernsehfilm Eine Sommerliebe zu dritt in der ARD um 20.15 Uhr zu sehen.