Am 30. August feierte das I-KiZ, das Zentrum für Kinderschutz im Internet, in Berlin seinen ersten Geburtstag und stellte eine Bilanz der Arbeit der vergangenen 12 Monate vor. Das I-KiZ ging im September 2012 als Initiative des Bundes aus dem von Familienministerin Dr. Kristina Schröder angestoßenen Diskussionsforum „Dialog Internet“ hervor. Ziel ist es, eine in Deutschland nur schwer zu überschauende Vielzahl von staatlichen und nicht staatlichen, teilweise über EU-Projekte finanzierten Akteuren aus dem Bereich Kinder- und Jugendschutz im Internet in eine im Detail noch auszuarbeitende Gesamtstrategie effektiven Risikomanagements einzubinden. Das I-KiZ will Akteure wie jugendschutz.net, die Selbstkontrollen, insbesondere die FSM, das Hans-Bredow-Institut für Medienforschung, Deutschland sicher im Netz e.V., die Nummer gegen Kummer, klicksafe, safer internet, Internet Beschwerdestelle u.v.a.m. miteinander und mit Strafverfolgungsbehörden sowie Inhalteanbietern bzw. Plattformbetreibern ins Gespräch bringen bzw. noch enger vernetzen. Dabei sollen Synergien entstehen und eine auch international eingebundene Politik des Risikomanagements im Internet geplant und letztlich auch realisiert werden. Ehrgeizige Pläne, denn das I-KiZ will dabei Think Tank sein, analysieren, vernetzen und begleiten, zugleich aber auch selbst eine zentrale Meldestelle für Cybermobbing und Verstöße gegen die sexuelle Selbstbestimmung für Kinder und Jugendliche im Netz aufbauen. Erklärtes Vorbild des I-KiZ ist unter anderem das britische Child Exploitation & Online Protection Centre (CEOP), welches als zentrale Kooperationsplattform bei der Prävention und Bekämpfung von sexuellem Missbrauch und Missbrauchsdarstellungen fungiert, sehr eng mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeitet und zugleich Eltern, Jugendliche und Kinder systematisch sensibilisiert.
Als neue Geschäftsführerin wurde Jutta Croll (bislang Stiftung Digitale Chancen) vorgestellt. Zusammen mit Friedemann Schindler (jugendschutz.net) präsentierte sie Auszüge aus dem Jahresbericht des I-KiZ. Die inhaltliche Arbeit findet in drei Fachkommissionen statt, mit den Themenschwerpunkten:
(1) Wissen, Forschung und Technikfolgenabschätzung. Ziel ist es, künftige Entwicklungen abzusehen und Unternehmen unter dem Stichwort „Safety by Design“ für Jugendschutzbelange zu sensibilisieren bzw. entsprechend zu unterstützen. Idealerweise wird der Jugendschutz einem Produkt (z.B. einer App) bereits in der Entstehungsphase eingeschrieben,
(2) Maßnahmen, Vernetzung und internationale Zusammenarbeit mit dem Ziel, effektiver gegen Darstellungen sexuellen Missbrauchs vorzugehen sowie
(3) Prävention, Aufklärung und Meldemöglichkeiten mit dem Ziel, ein zeitgemäßes, ausdrücklich an Kinder und Jugendliche adressiertes und mit ihnen zusammen erarbeitetes Rat- und Hilfe-System zu konzipieren. Bereits jetzt kann man Verstöße oder Belästigungen melden unter https://www.i-kiz.de (Link inaktiv). Wer Beratung sucht, wird allerdings derzeit noch auf die Seiten der Nummer gegen Kummer weitergeleitet.
Die Arbeit der Fachkommissionen wurde auf der Jahrestagung des I-KiZ jeweils in kleinen Diskussionsrunden ihrer Mitglieder im Gespräch mit der Moderatorin Ingrid Scheithauer vorgestellt. Im I-KiZ Jahresbericht 2013 Intelligentes Risikomanagement – Zeitgemäße Kinder- und Jugendnetzpolitik sind die bisherigen Ergebnisse detailliert dargestellt; er dient auch als Quelle für die weiteren Ausführungen zur Arbeit der Fachkommission 2, die ich persönlich für die wichtigste halte. Für diese betonten Christian Hoppe (Bundeskriminalamt) und Otto Vollmers (FSM) die Notwendigkeit, die Arbeit der Hotlines als Meldestellen für Missbrauchsdarstellungen im Netz finanziell abzusichern. Derzeit werden einige Hotlines, auch die der FSM, nur projektbezogen über EU-Gelder am Leben erhalten, was angesichts der Relevanz des Themas Kinderpornografie eigentlich ein Skandal ist. Fehlende Wertschätzung und mangelnde psychische Unterstützung für die Mitarbeiter dieser Hotlines und des BKA, die tagtäglich extrem belastendes Bildmaterial ansehen müssen, sollen durch Supervisionsprogramme ausgeglichen werden. Erklärtes Ziel der Fachkommission ist es, das deutsche Verbot von Posendarstellungen, die Kinder oder Jugendliche in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung zeigen und nicht nur in Täterbiografien sondern auch hinsichtlich der Topografie des Netzes für Pädosexuelle oft einen Einstieg in den Hardcorebereich bieten, international durchzusetzen.
Missbrauchsdarstellungen im Internet, auch im Social Web nehmen zu. Trotz aller Bemühungen, entsprechendes Material schnell zu löschen, war im Vergleich der Jahre 2011 und 2012 ein Anstieg der bei den INHOPE-Hotlines gemeldeten Fälle von Kinderpornografie um 25 Prozent zu verzeichnen. Überwiegend werden diese Bilder, die nur die Spitze des Eisbergs darstellen, nicht vermarktet, sondern nicht kommerziell ausgetauscht. Deutschland zählt neben den Niederlanden und Russland zu den europäischen Ländern, in denen das meiste Material hochgeladen wird, wobei Darstellungen sexuellen Missbrauchs generell ein Problem hochindustrialisierter Staaten sind. 55 Prozent werden in Europa hochgeladen, 38 Prozent in den USA. Von geschätzten 100 000 – 150 000 Opfern, 76 % im vorpubertären Alter, wurden bislang etwa 3 000 Kinder und Jugendliche identifiziert.
Es ist sehr zu hoffen, dass es dem I-KiZ gelingt, insbesondere in diesem Bereich der Bekämpfung der ganz und gar realen sexuellen Ausbeutung von Kindern eine schlagkräftige und erfolgreiche Gesamtstrategie zu entwickeln und umzusetzen.