Komödiant im Fledermauskostüm

„… and the Oscar goes to Birdman!“

Sean Penns Worte erreichen mich wie durch eine dichte Nebelwand. Draußen wird es langsam hell. „Schon wieder nicht bis zum Ende durchgehalten“, geht es mir durch den Kopf. Und: „Ist das nicht der Film mit dem Typ aus Batman?“ Mit ausreichend Schlaf und nach der Lektüre einschlägiger Fachliteratur wird klar: Ja. Michael Keaton war Batman. Doch danach muss etwas schiefgegangen sein auf dem Weg zur Hollywood-Allzweckwaffe à la Tom Hanks oder Namensvetter Cruise.

Von Michael Douglas zu Micheal Keaton

Alles begann am 5. September 1951 in Forest Grove, einer Kleinstadt in Pennsylvania, die der Bruder von sechs Geschwistern nach der Highschool und einem kurzen Intermezzo auf dem College postwendend in Richtung Pittsburgh verließ. Dort versuchte sich Michael John Douglas als Stand-up-Comedian. Aber Pittsburgh fand ihn nur bedingt komisch. So arbeitete er zunächst hinter (als Kameramann und Produktionsassistent), dann auch verstärkt vor der Kamera bei WQED und in einigen Theaterproduktionen. Nach seinem Umzug nach L.A. arbeitete Michael – damals noch Douglas – zunächst weiter in Fernsehproduktionen. Geblieben ist eine tiefe Liebe zu sämtlichen Sportvereinen der „Steel City“. Man munkelt, sein Kontrakt für Batman habe eine Klausel enthalten, nach der die Dreharbeiten pausieren müssten, falls die Pittsburgh Pirates im selben Jahr in die Playoffs kämen (ein zugegebenermaßen recht optimistischer Gedanke). Als sich die Fernsehauftritte mehrten, verlangte die Screen Actor’s Guild einen Künstlernamen, um Verwechslungen mit „dem anderen“ (bereits erfolgreichen) Michael Douglas zu vermeiden. Als Zeichen seiner Bewunderung für Comedian Buster Keaton wählte er dessen Familiennamen. Rollen neben John Belushi in Working Stiffs (1979) und in Ron Howards Night Shift (1982) untermauerten Keatons komisches Talent und führten zu ersten Kinorollen (z.B. in Mr. Mom, 1983).

Von Mr. Mom zu Batman

Dann kam Tim Burtons Beetlejuice (1988) – jene erste Mutprobe in der Präpubertät, bevor wir uns bei Videonächten an die harten Sachen rantrauten. Der Film machte Keaton vorläufig zum Superstar, ebnete den nicht ganz so schmalen Grat zwischen Comedy- und Actiongenre und gab Tim Burton die Möglichkeit, Michael Keaton für Batman zu casten (1989). Die Folge waren zahlreiche Proteste eingefleischter Batman-Fans. Ein bekennender Comedian, der plötzlich Actionheld sein sollte? Und noch dazu weder den Titel Sexiest Man Alive innehatte noch durch seinen muskelbepackten Körper auffiel? Die Kritiker hatten damit weniger Schwierigkeiten, und so kehrte „Batman“ Keaton drei Jahre später noch einmal sehr erfolgreich zurück. Den dritten Teil – und 15 Millionen Dollar – lehnte Keaton ab, als Tim Burton ausgetauscht wurde.

Von Batman zu Birdman

Und dann kam die Metamorphose – quasi von der Fledermaus zum Vogel. Mitte der 1990er-Jahre wollte plötzlich niemand mehr über einen Comedian im Fledermaus-Kostüm lachen. Keatons Karriere kam etwas ins Stocken, seine Ehe mit Caroline McWilliams, aus der Sohn Sean Maxwell hervorgegangen war, scheiterte. Beides ganz unspektakulär; ohne erkennbare Alkoholexzesse, Affären oder Missbräuche anderer Betäubungsmittel. Trotzdem drehte er weiterhin unzählige Blockbuster, etwa Shakespeares Much Ado About Nothing (Viel Lärm um nichts, 1993) oder Out of Sight (1998). Einen wirklich großen Erfolg erlangte er aber erst 2006 wieder, als Synchronsprecher von Chick Hicks in Cars und 2010 als Ken in Toy Story 3. Neben vielen weiteren Kinofilmen arbeitete Keaton zu Beginn des neuen Jahrtausends auch wieder öfter für das Fernsehen.

Die Mediensatire Birdman brachte 2015 den vorläufigen Höhepunkt im Herbst einer fast schon paradoxen Karriere: Ein ehemaliger Superstar will es noch mal wissen und inszeniert ein Musical (und sich selbst) am Broadway. Vielleicht ist Michael Keaton genau dann am besten, wenn er nicht den zum Actionstar avancierten Comedian spielt, sondern einfach nur sich selbst.

Über Cornelia Klein

Dr. Cornelia Klein studierte Diplom-Pädagogik mit dem Schwerpunkt Medienpädagogik und promovierte über die mediale Vorbildkompetenz. Sie arbeitet als Lektorin und Redakteurin bei einem pädagogischen Fachverlag.