Wenn im Dezember mein RSS-Reader wieder voller Adventskalender-Posts steckt, stelle ich mir vor, wie Marketingabteilungen die Aktionen eines Jahres planen. Alle sitzen an einem ovalen Tisch, brainstormen und plötzlich haben sie eine tolle Idee: Sie machen ein Gewinnspiel, posten etwas über die Angestellten des Unternehmens, ihre Lieblingsbücher oder –filme, jeder schreibt über ein Thema, das ihm am Herzen liegt, singt ein Lied oder was auch immer. Dann schauen sie nach einem geeigneten Termin – und ihnen sticht der Dezember ins Auge. Sofort steht der unvermeidliche Vorschlag im Raum: Wir machen einen Adventskalender!
Und schon gibt es an den ersten 24 Tagen im Dezember keine Seite mehr, die keinen Adventskalender hat.
Die Vorteile liegen klar auf der Hand: Wer im Dezember 24mal auf eine Seite schaut, kommt im Rest des Jahres vielleicht auch wieder vorbei. Viele Unternehmen bieten Rabattaktionen an, andere Gewinnspiele, so dass man Mailadressen für nachfolgende Werbung hat, und wieder andere kombinieren ihren Kalender mit Social-Media-Aktivitäten und steigern nebenbei die Popularität der Facebook-Seite oder des Twitter-Accounts. Sogar ich mache bei einem Adventskalender mit: 24 Blogger posten an 24 Tagen jeweils eine Geschenk-Idee. Meine Gründe: Zum einen werde ich unglaublich gerne nach Empfehlungen gefragt – und zum anderen erhoffe ich mir, dass jemand vielleicht auf meinen Blog stößt und fortan häufiger vorbeikommt. Hier habe ich keine ehrenvolleren Motive als große Unternehmen, abgesehen davon, dass ich mit der Seite kein Geld verdiene. Doch es gibt noch einen dritten Grund: Dieser Adventskalender verbindet. Er ist eine Gemeinschaftsaktion mit 23 anderen Blogs, von denen ich – nach Jahren eigenen Bloggens – zwar viele schon kenne, aber nicht alle. Es gibt neue Blogs zu entdecken, alte Wiederkehrer zu treffen und einige alte Bekannte nochmals zu besuchen. Denn ein Adventskalender erlaubt innerhalb kurzer Zeit auch einen guten Blick hinter die Kulissen – oder in diesem Fall in die Filmblogosphäre.
Dennoch stellt sich die Frage, was passieren würde, wenn die Energie und Arbeitsleistung (schließlich werden die Seiten ja gestaltet etc.), die allenthalben in Adventskalender gesteckt wird, auf das ganze Jahr verteilt werden würde. Was spricht denn gegen eine Rabattaktion im April? Einfach so – ohne Anlass. Oder einen Kalender, bei dem ich im Juni jeden Tag einen Spruch gemailt bekomme, durch den ich mich besinne, dass ich mich um meine Lieben kümmern und Neujahrsvorsätze erinnern sollte. Vielleicht erhalte ich damit nicht eine gleich große Aufmerksamkeit – aber dafür von Menschen, die sich tatsächlich für meine Seite, meine Produkte oder mein Unternehmen interessieren. So lange aber gilt es durchzuhalten: In wenigen Tagen ist es mit den Adventskalenderwahnsinn auch schon wieder vorbei.