Von Pirck- und Pappenheimern

An jedem ersten Sonntag im Monat sitzen wir in meinem Garten zum Frühschoppen zusammen. Der Frühschoppen – woanders heißt das vielleicht Kochgruppe oder Tangozirkel, es läuft aber auf das Gleiche hinaus – bietet Gelegenheit zu ganz praktischem Austausch, vor allem zur Möglichkeit, über Sorgen und Nöte, aber auch über Erfolge zu sprechen. Am ersten Augustsonntag war hier ebenfalls der Würzburger Axtattentäter Thema. Im Unterschied zu den Pirckheimern wurde allerdings eher gefragt, ob die Sensen und Jagdgewehre ausreichten, um eine solche Katastrophe in unserem Dorf abzuwenden. Die Skepsis war letztendlich ziemlich groß. Weiterlesen ...

Stufen des Anstoßes

Im Oderbruchdörfchen Altlangsow befindet sich ein in vielerlei Hinsicht bemerkenswertes Kleinod. 1832 war dort nach Plänen Karl Friedrich Schinkels ein Schul- und Bethaus errichtet worden. Im einstigen Klassenzimmer gibt es heute eine Gästewohnung und der Betsaal wurde zu einer Galerie. Die Vernissagen zu den monatlich wechselnden Ausstellungen erfreuen sich großer Beliebtheit. Einmal natürlich wegen der Kunst, die ein weltläufiges Gefühl in die Provinz bringt. Zum anderen trifft man hier bei Blechkuchen und Wein immer jemanden, den man schon lange wieder einmal sprechen wollte. Der Weg in das Haus führt über zwei in vielen Jahrzehnten durch Kirchgänger, Schulkinder und Galeriebesucher ausgetretene Steinstufen. Kommt gelegentlich ein Rollstuhlfahrer zu den Veranstaltungen, finden sich schnell helfende Hände, ihn über die Schwelle zu bringen. Kürzlich war das aber anders. Weiterlesen ...

In der Hoffnung, einen brauchbaren Weg zu finden

In diesem Jahr riss der gefühlt schon ewig bestehende graue Himmel über Berlin eine Woche vor Ostern erstmalig auf. Frühlingswärme lag über der Stadt und: „Zufrieden jauchzet groß und klein: Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein!“. Um die Mittagszeit füllten sich Parkanlagen und Brachen, erste leichte Kleidung war zu sehen und von noch kümmerlichem Wiesengrün übertrug sich eine geradezu beschwingte Stimmung, die sogar noch im U-Bahn-Zug nachzuwirken schien. Sicher saß hinter irgendwelchen Fenstern auch manch Famulus Wagner, der mit all dem Treiben nichts anzufangen wusste, doch für den Moment dominierte das von der Natur vermittelte „Hoffnungsglück“. Weiterlesen ...

Balance im Zauber der Algorithmen

Zum Ende der Ferienzeit gehört es für mich zu den ritualisierten Abläufen, den notwendigen Jahresvorrat an Olivenöl zu bestellen. Ich rufe dann bei meinem Händler in Ligurien an und bin unmittelbar in einem netten Gespräch mit einer Frau, die nicht nur über den aktuellen Jahrgang des Öls mit mir plaudert. Da packt mich der Übermut und ich will gleich anschließend eine Vertragsangelegenheit mit meinem Stromanbieter klären. Noch hatte ich den italienischen Akzent im Ohr, da forderte mich eine Automatenstimme auf, mittels Taste „eins“ oder „zwei“ zwischen Alt- und Neukunde zu wählen. Ich folgte dem Befehl, um dann angewiesen zu werden, zur Identifikation meine elfstellige Vertragsnummer einzugeben. Leider habe ich mich bei einer der vielen Zahlen vertippt ... Kolumne von Klaus-Dieter Felsmann. Weiterlesen ...

„Der einsame Trail in die Ewigkeit“

„Können Sie uns etwas über den amerikanischen Traum, wie er sich im Hollywood-Film widerspiegelt, erzählen?“ So lautete die Anfrage einer politischen Stiftung. Bei der vorgegebenen Fragestellung führte mich die Suche fast zwangsläufig zu John Wayne, in dessen Darstellung von Westernfiguren sich die Wertevorstellungen der amerikanischen Pionierzeit wie in einem Brennglas verdichten. Weiterlesen ...