Der Ghostbusters-Trailer zur Neuauflage von 2016 ist legendär – wegen seiner Anzahl von Dislikes. Warum!? Im Unterschied zum Original werden alle Hauptrollen von Frauen gespielt – und die einzig weibliche, die Sekretärin, von einem Mann. Allein diese „Besetzungs-Tatsache“ bringt die sogenannte „manosphere“, die Frauenhasser-Szene des Internets, dazu, sich gegenseitig dafür zu gratulieren, dass sie die Dislike-Zahl weiter über einer Million halten. Auch noch 2020.
Breite Diffamierung erlebte auch Captain Marvel, der erste Marvel-Film mit einer weiblichen Superheldin in der Hauptrolle. Auf der Filmkritik-Plattform Rotten Tomatoes wurde der Film bereits vor Veröffentlichung in einer konzertierten Aktion schlecht bewertet. Rotten Tomatoes hat daraufhin seine Regeln geändert und lässt seitdem nur noch Kritiken nach Filmstart zu.
Die Vehemenz, gegenseitige Bestärkung und misogyne Motivation dieser Aktionen sind beängstigend. Wer drei Jahre nach der Veröffentlichung eines Films immer noch beharrlich dafür sorgt, dass dessen Trailer schlecht auf YouTube dasteht, wer das zu einem regelrechten Sport macht, nur weil dieser weibliche Hauptfiguren hat, dem möchte ich als Frau nicht im Dunkeln begegnen.
Wer glaubt, dass sich diese Misogynie nur an fiktiven weiblichen Figuren abarbeitet, liegt auf fatale Weise falsch. Denn auch die Schauspielerin Leslie Jones wurde angegangen und verließ daraufhin Twitter. Die Attacken gegen die schwarze Mimin waren zudem hoch rassistisch. Auch die Figur der Rose in Star Wars: Die letzten Jedi, gespielt von Kelly Marie Tran, löste eine Hasswelle bei einer bestimmten Sorte männlicher Fans aus.
Sie wurde so stark beschimpft und belästigt, dass sie ihren Instagram-Account aufgab. Hier handelte es sich nicht mehr um die Neubesetzung beliebter männlicher Figuren mit Frauen (nicht, dass das eine Entschuldigung wäre), sondern ‚nur‘ um die Tatsache, dass es sich um eine starke weibliche und zudem diverse Figur handelte. Auch hier spielte also Rassismus klar eine Rolle. Im Internet kursiert The Last Jedi: De-Feminized Fanedit – eine Version des Films, aus dem einfach mal sämtliche Frauen herausgeschnitten wurden.
Digitale Gewalt gegen Berühmtheiten und Menschen, die im öffentlichen Leben stehen, sind natürlich nur die Spitze des sexistischen Eisberges. Sie betrifft viele Frauen, die im Netz unterwegs sind und ihre Meinung äußern. Dieser banale Umstand reicht, um Mord- und Vergewaltigungsdrohungen auf sich zu ziehen. Feministinnen auf Twitter berichten mit Galgenhumor regelmäßig davon, dass sie sich an die Drohungen gegen Leib und Leben inzwischen schon fast gewöhnt hätten. „Ihnen wünsche ich eine Vergewaltigung an den Hals und dass täglich.“ (sic!) – eine Anfeindung, die die Politikerin Caren Lay auf ihrem Kanal zu hören bekam, nachdem sie an der Blockade des sogenannten AfD-Frauenmarsches teilgenommen hatte.
Und solche Dinge verbleiben nicht ausschließlich im Netz.
Die Verbindung zwischen misogyner Gewalt im Netz und physischer Gewalt außerhalb der digitalen Sphäre ist traurigerweise belegt – in ihrer schlimmsten Form durch die Attentäter von Christchurch, Florida und Halle. Sie alle trieb auch ein tief sitzender Antifeminismus an. Die Radikalisierung junger und weniger junger, vor allem weißer Männer im Netz, wächst sich zu einem ernsthaften Problem aus. Frauenhass als „Einstieg“ in die rechtsradikale Szene? Terroristen, die dieser entspringen, stellen sicher ein Extrem dar. Doch die Vorstellung, dass es unzählige Internetforen und Plattformen gibt, auf der sich Männer in ihrem Hass gegen Frauen ständig gegenseitig bestärken und darüber international vernetzten, ist schlimm genug. Der Attentäter von Florida, der der sogenannten Incel-Bewegung, einer besonders perfiden Ausprägung der Frauenhasserszene, entstammte, wollte Frauen nicht nur aus einem Film ‚entfernen‘.
Diese Szene propagiert ein rückständiges Männerbild, das sich darüber identifiziert, etwas Besseres als Frauen zu sein. Sie denkt, dass diese schwächer, emotionaler, unfähiger und generell weniger wert sind. Incel sehen Frauen als Lieferantinnen für Sex an – ein Gut, auf das sie ein Anrecht haben und das Frauen unfairerweise nicht gleichmäßig verteilen, sondern nur an klassisch attraktive Männer. Wer das alles glaubt, für den sind sichtbare patente Frauen, egal ob real oder fiktiv, eine Bedrohung der eigenen Domäne und Sphäre.
Gewalt gegen Frauen ist oft digital, aber nie nur virtuell, sie ist nie nur fiktiv. Sie wird von denen, die sie ausüben als genauso real empfunden wie von denen, die sie zu spüren bekommen. Egal, ob sie im Netz oder anderswo stattfindet.