Naked Attraction oder: eine Mittagspause in der FSF

„Hat jemand von euch
schon Naked Attraction
gesehen?“

„Das mit den Nackten auf RTL II?“

„Bitte was?“

„Das ist eine neue Datingshow –
ein Typ oder eine Frau kann
sich aus sechs Nackten wen aussuchen.
Die stehen in bunten Boxen und
werden nach und nach enthüllt.“

„Und los geht’s womit?
Dem Kopf?“

„Nein, los geht es mit den
Geschlechtsteilen …“

„Wie? Da stehen dann sechs
Typen und man sieht nichts
außer den Penissen? Und dann
wird geguckt, wer da wie bestückt ist?“

„Richtig!“

„Total skurill. Die Moderatorin
animiert auch immer noch dazu,
sich das jetzt mal ganz genau
anzugucken.“

„Thementechnisch geht’s da dann
natürlich auch um sexuelle Vorlieben,
Intimpiercings, Schambehaarung,
operierte Brüste …“

„Die operierten Brüste kamen
auch gar nicht mal so gut an.“

„Wie komisch muss es sein, komplett
nackt da zu stehen und die beiden
über sich reden zu hören?“

„Aber was man sagen muss:
die sind alle echt nett zu einander.
Gar nicht in Richtung Body-Shaming,
wenn jemand doch mal nicht den
vermeintlich perfekten Körper hat.“

„Haben wir das eigentlich geprüft?“

„Ja, haben wir. Die Show ist von uns
für das Spätabendprogramm freigeben
worden, also ab 16 Jahren. Es geht zwar
fast nur um die körperlichen Aspekte,
aber der Prüfausschuss kam zu dem Schluss,
dass es nicht nur um’s Voyeuristische geht,
sondern man sich bemüht, zu einer toleranten
Haltung gegenüber unterschiedlichen Körpern
beizutragen.“

„Den Eindruck hatte ich auch, als ich mir die
zweite Folge anguckt habe. Da waren eine
pansexuelle und eine transsexuelle Kandidatin
dabei und es wurde erklärt, was das
bedeutet. Fand ich schon gut, dass das
im Fernsehen auch mal Thema ist.“

„Bisschen lustig fand ich nur, dass die erste
Kandidatin meinte, wie wichtig ihr innere Werte
sind und ob das dann die richtige Show dafür
ist … Ich weiß ja nicht.“

„Ob sich Jugendliche das angucken?“

„Ach, Nacktheit und Dating kommt doch
in der Zielgruppe bestimmt gut an.“

„Ältere Jugendliche können das ja
wahrscheinlich auch schon besser einordnen,
nur für die Jüngeren dürfte es schwer sein.
Gerade mitten in der Pubertät, wo man sich
ja viel mit andern vergleicht.“

„Ich frage mich ja immer, wer sich sowas
ausdenkt?

„Na, in diesem Fall gab es das Format
doch schon letztes Jahr in UK,
hieß auch genauso.“

„Im deutschen Fernsehen gab’s so viel
Nacktheit zu mindestens vorher noch nicht.“

„Und für Gesprächsstoff sorgt es offensichtlich
auch, man muss sich ja nur unsere
Mittagspause angucken!“

Das Format Naked Attraction läuft seit dem 8. Mai montags um 22.15 Uhr bei RTL II. Heute wird die vierte Episode ausgestrahlt.


FSF-ProgrammInfo: freigegeben ab …

FSF ab 16 Jahren Spätabendprogramm © FSFIn der Datingshow wählt jeweils ein Single aus sechs Kandidatinnen oder Kandidaten aus. Diese stehen nackt in bunten Boxen und werden nach und nach – beginnend bei den primären Geschlechtsteilen, über den Oberkörper bis zum Kopf – enthüllt. Die Kandidaten gehen dabei respektvoll miteinander um, vermeintliche körperliche Makel werden von Moderatorin und Kandidaten zwar kurz besprochen, jedoch nicht negativ bewertet oder verspottet – auch wenn sie wahrscheinlich nicht zum Sieg und damit verbunden gemeinsamen Date führen. Die zergliederte Präsentation der nackten Körper und anschließende Bewertung vermittelt den Eindruck einer gewissen Objekthaftigkeit bei der Partnerwahl. Bei Jugendlichen unter 16 Jahren ist der Entwicklungsstand noch zu wenig gefestigt, was das Vergleichen des eigenen mit anderen Körpern, die Entwicklung von Komplexen und die körperliche und sexuelle Selbstfindung betrifft. Ab 16-Jährigen wird zugetraut, das Format und die porträtierte Nacktheit einordnen und vor dem Hintergrund ihrer eigenen Lebenserfahrung relativieren zu können, weswegen die Show für das Spätabendprogramm ab 16 Jahren freigegeben werden kann.

Zur dieser und weiteren ProgrammInfos auf der FSF-Website geht es hier.

Bitte beachten Sie: Bei den Altersfreigaben handelt es sich nicht um pädagogische Empfehlungen, sondern um die Angabe der Altersstufe, für die ein Programm nach Einschätzung der Prüferinnen und Prüfer keine entwicklungsbeeinträchtigenden Wirkungsrisiken mehr bedeutet.

Mehr Informationen zur Programmprüfung erhalten Sie auf unserer Website. Dort veröffentlichen wir jede Woche neue ProgrammInfos zum aktuellen Fernsehprogramm. Auch diese Auswahl stellt keine Empfehlung dar, sondern zeigt einen Querschnitt der Programme, die den Prüfausschüssen der FSF von den Mitgliedssendern vorgelegt werden.

Über Laura Keller

Laura Keller studierte Kultur- und Bildungswissenschaften an der Leuphana Universität Lüneburg, bevor sie ihren Master in Kinder- und Jugendmedien an der Universität Erfurt begann. Sie gibt medienpädagogische Workshops in Schulen und hofft, Kinder und Jugendliche für den kritischen und kreativen Umgang mit Medien zu begeistern. Während ihres Praktikums gewann sie Einblicke in die Arbeit der FSF.