Es beginnt mit einem Jubiläum: zum 25. Mal fand vom 11. bis 17. Juni das größte deutsche Kinder-Medien-Festival Goldener Spatz in Gera und Erfurt statt – eine Woche buntes Gewusel und fröhliche Kinderstimmen wohin man auch blickt. In über 80 Veranstaltungen konnten sich an sieben Festivaltagen Schulklassen, Familien, Fachbesucher und Filmliebhaber jeden Alters in Thüringen begeistern lassen. Premiere feierte das Festival, das im Gegensatz zu seinen Anfängen mittlerweile jährlich nach Thüringen lockt, bereits 1979 in der DDR.
Die diesjährige Auswahl der 36 Festivalbeiträge in fünf Kategorien scheute nicht davor zurück, Kinder und Jugendliche mit ernsten und mutigen Stoffen – wie Kinder des Lichts über syrische Flüchtlingskinder oder Lenas Reise, der das Thema Tod und Kindheit aus der Tabuzone holt – herauszufordern und ein Angebot jenseits der alltäglichen Sehgewohnheiten zu bieten.
Oh, nochmal so jung sein …
Einen Einblick und Rückblick in die schrecklich schöne Zeit des Erwachsenwerdens gewährt das Goldene Spatz Spezial Jugendfilme, denn abgesehen davon, dass man mit Kinderfilmen alle Generationen begeistern kann, sollte man sich vom Titel Kinder-Medien-Festival nicht täuschen lassen, auch für Jugendliche sind Beiträge außerhalb des Wettbewerbs im Angebot.
Mit Berlin Rebel High School, einem Dokumentarfilm über die basisdemokratisch organisierte SFE (Schule für Erwachsenenbildung) – die, wie der Regisseur und ehemalige Schüler der Schule im Filmgespräch verriet, für den Film natürlich einen „sexyer“ Namen brauchte – wurde ein toller Dokumentarfilm gezeigt, der gebrochene Lebensläufe nicht als Endstation, sondern neue Chance portraitiert. Nirgendwo hätte auch Überall heißen können, so zeigt er den Spagat aus Heimat und Zukunft von einer Gruppe Freunden kurz nach dem Abitur. Und für Morris aus Amerika wird die Pubertät durch einen Umzug nach Deutschland noch unfreiwillig erschwert.
Rap-Battle gefällig?
Einen Blick jenseits der dunklen Kinosäle ist das Spatzarium mit den Ausstellungen der Filmpatenschaften wert, denn jeweils acht Klassen in Gera und Erfurt beginnen schon weit vor dem Festival, sich mit Beiträgen auseinanderzusetzen. Klassenweise werden Filmpatenschaften übernommen und liebevoll Plakate gestaltet, sich alternative Enden überlegt, Filmkritiken geschrieben, eigene kurze Filme gedreht oder – wie bei der Patenklasse von Morris aus Amerika – Rap-Battle und Modenschau organisiert. Als Patenfilme wurden in diesem Jahr zudem Beiträge, wie die anfangs genannten Kinder des Lichts oder Lenas Reise, vergeben, bei denen die Aufarbeitung der Geschichte für die Kinder eine sinnvolle medienpädagogische Herausforderung darstellt.
Vor Ort haben die Kinder dann im Gespräch mit den Machern, Regisseurinnen und Regisseuren, Schauspielerinnen und Schauspielern oder Redakteurinnen und Redakteuren die Möglichkeit, Fragen zum Beitrag, aber auch der Arbeit hinter den Kulissen oder an die Darsteller selbst zu stellen, so dass ein Dialog über den Beitrag hinaus entsteht, der nicht mit dem Besuch im Kino endet.
Mädchen können Stöckelschuhe und Bohrmaschinen
Am Freitag war es dann soweit und als Motto der Preisverleihung galt: Lieber den Spatzen in der Hand als die Taube auf dem Dach. Vergeben werden die begehrten gläsernen Spatzen von der 26-köpfigen Kinderjury, mit Jurorinnen und Juroren zwischen 9 und 13 Jahren aus allen deutschen Bundesländern, Liechtenstein, Luxemburg, Italien, Österreich und der Schweiz. Fast 1000 Bewerbungen hatte es in diesem Jahr auf die Kinderjury für den Bereich Kino/TV gegeben.
Mit insgesamt drei Preisen ist Amelie rennt der große Gewinner des Festivals. Die Geschichte eines mutigen Mädchens, das sich nichts sehnlicher wünscht als ein Leben ohne Asthma, sich aber auch nicht unterkriegen lässt. Ein Film der beweist: „Mädchen können Stöckelschuhe und Bohrmaschinen“, wie Autorin Natja Brunckhorst bei der Preisverleihung betonte. Der Film erhielt – in einem Kopf-an-Kopf-Rennen und nach langer Diskussion, wie die Kinderjury stolz erzählte – den Goldenen Spatzen in der Kategorie Kino-/Fernsehfilm sowie Preise für das beste Drehbuch und die beste Regie. Zu sehen ist er ab dem 21. September in deutschen Kinos.
YouTube-Tipp: Mücken nerven Leute
Wer sich einen Siegerbeitrag jetzt am liebsten sofort ansehen möchte, hat Glück gehabt: Mücken nerven Leute, Preisträger in der Kategorie Minis, kann auf YouTube bestaunt werden. Ein Electro-Soul-Pop-Song mit Ohrwurm- und Schmunzel-Garantie über ein Problem, das wir alle kennen.
Abschließend lassen sich wohl keine besseren Worte finden als die meiner 8-jährigen Sitznachbarin: “Wie? Schon vorbei?“