Die Sache mit dem Pay-TV

Als Kind gab es bei meinen Eltern drei Fernsehsender, Fernsehen war scheinbar kostenlos. Dann kamen irgendwann RTL und Sat.1 dazu, es folgten nach und nach immer mehr Sender und ich lernte, dass dies die Privatsender seien und sich mit Werbung finanzierten. Auf die Idee, abgesehen von der GEZ, noch zusätzlich Geld fürs Fernsehen zu bezahlen, kam ich lange Zeit nicht, obwohl der Gang zur Videothek für mich sehr früh erstaunlich selbstverständlich war. Aber das war Film und damit als Teenagerin (meine Mutter fuhr mich und ging mit mir in die Videothek) etwas anderes. Seither hat sich da aber einiges geändert.

Dazu trägt natürlich in erster Linie ein weitaus größeres Bewusstsein für die Leistung bei, die im Fernsehen geliefert werden. Fernsehsendungen kosten Geld, dort arbeiten Menschen, die Geld verdienen sollen und müssen, dort gibt es Technik und und und. Deshalb mag es unpopulär erscheinen, aber ich zahle meinen Rundfunkbeitrag ebenso gerne, wie ich mich über so manche mutlose Entscheidung verschiedener Sender aufrege. Dafür rege ich mich aber nicht mehr über Werbung auf, sie gehört dazu, irgendwoher muss das Geld ja kommen. Da kann ich mich mehr darüber ärgern, dass manche Sender so tun, als würden sie keine Werbung zeigen und doch sind sehr viele Sendungen „gesponsert“. Aber ich bin Journalistin, ich kenne Graubereiche und Finanzierungszwänge, und hoffe immer, dass jede Redaktion für ihre Unabhängigkeit kämpft.

Aber noch etwas anderes hat sich geändert – ich bin bereit, für Zusatzleistungen zu zahlen. Dazu gehört ein monatlicher Beitrag bei meinem Kabelanbieter, damit ich bestimmte Sender in HD empfange, ebenso zahle ich aber auch den Einzelabruf von Sendungen sowie das Nutzen von Pay-TV-Angeboten. Und zu diesem Wandel haben bei mir die oftmals gescholtenen Streamingangebote sehr viel beigetragen. Wenn ich monatlich weniger als 10 Euro  für Netflix ausgebe, kann ich mir auch mal ein SkyTicket für einen besonders spannenden Fußballmonat kaufen – oder aktuell für Twin Peaks, die Serie, die damals auf RTL ausgestrahlt wurde, dann zu RTL2 wanderte und die mich und meine Berufswahl wie keine zweite beeinflusst hat.

Denn hier wird ein weiterer Grund offenbar: Ich finde es äußerst mutig von Showtime, David Lynch Zeit, Geld und Platz zu geben – wohlwissend, dass das Ergebnis kein Crowdpleaser sein wird. Aber darin liegt eine Stärke von Bezahlsendern: Sie geben mittlerweile Geld für Eigenproduktionen aus, sie geben Nischenprodukte in Auftrag – und können sich „etwas leisten“. (Das könnten öffentlich-rechtliche Sender eigentlich auch, aber sie machen es viel zu selten.) Dass ich dann beispielsweise für eine hochwertig produzierte Serie wie Babylon Berlin zahlen muss, um sie frühzeitig zu sehen, ist für mich in Ordnung.

Denn ich will, dass Sender Risiken eingehen, ich möchte Serien wie 4 Blocks haben, damit Kreative zeigen können, dass auch hierzulande im Bereich der Kriminalserien mehr als Tatort geht.

Wenn ich 18 Euro für den neusten Blockbuster im 3-D im Multiplex hinlege, dann sollte mir auch klar sein, dass gutes Fernsehen etwas kostet. Natürlich läuft dort nicht alles richtig: Manche Summen, die für einzelne Sportereignisse gezahlt werden, finde ich – obwohl ich gerne Sport schaue – unvernünftig und völlig überzogen. Sie tun weder dem jeweiligen Sport noch dem Sender gut, das ist Geld, das anders ausgegeben werden sollte. Aber grundsätzlich plädiere ich sehr dafür, dass sich endlich das Bewusstsein durchsetzt, dass hochwertige Serien und Filme eben Geld kosten – und das kann nicht allein durch Werbung oder Gebühren finanziert werden.

Über Sonja Hartl

Sonja Hartl studierte Deutsche Sprache und Literatur, Medienwissenschaft und Sozial- und Wirtschaftsgeschichte in Marburg und schreibt seither als freie Journalistin über Film, Fernsehen und Literatur. Außerdem betreibt sie das Blog Zeilenkino und ist Chefredakteurin von Polar Noir.