Mr. Robot: Endlich Schluss mit Neuland

Computer? Hacker? Nerds in Hoodies? Schon beim Wort Hacker innerlich abgeschaltet? Nicht doch! Ich gebe zu, dass Computerbegeisterten die Serie mit dem Titel Mr. Robot  bestimmt gefallen wird, doch auch für alle, die sich eher mit Angela Merkels Aussage „Das Internet ist für uns alle Neuland“ identifizieren können, hält die Serie einiges bereit. Denn wer sich nicht vom Hacking-Plot angesprochen fühlt, dem werden vielschichtige Charaktere, fantastische Darsteller und zeitgemäße Gesellschaftskritik geboten.

Darum geht‘s

Elliot Anderson arbeitet tagsüber als Programmierer in einer Internetsicherheitsfirma, in der er den Internetgiganten E Corp – von Elliot stets „Evil Corp“ genannt – betreut. Nachts hackt er sich durch Computer und Systeme, um Gutes zu tun als eine Art digitaler Robin Hood. Von der Außenwelt lebt er, aufgrund seiner Angst- und Persönlichkeitsstörungen und der damit verbundenen Morphiumabhängigkeit und auftretenden Halluzinationen, isoliert. „Mr. Robot“ und die „fsociety“, eine anarchistische Untergrundorganisation, wollen Elliot rekrutieren, um das Sicherheitssystem eben der Firma zu hacken, die Elliot eigentlich beschützen soll. Dabei entpuppt sich Elliot mehr und mehr als unzuverlässiger Erzähler, der die Zuschauerinnen und Zuschauer in die dunklen Seiten der Technologie, Macht der Großkonzerne und Grenzen zwischen Gut und Böse führt.

„Bei Technikfragen – Tech Nick fragen?“

Beim nächsten Saturn-Markt hat sich Serienschöpfer Sam Esmail sicherlich keinen Rat geholt und dennoch ist er seinem Anspruch, die technischen Elemente der Serie wirklichkeitsgetreuer darzustellen, als das bisweilen in Hollywood der Fall ist, treu geblieben. Es sind IT-Expertinnen und Experten, die das Team bei der Stoffentwicklung unterstützen und Handlungsstränge auf Genauigkeit und Glaubwürdigkeit prüfen.
Selbst, wenn Szenen nur wenige Sekunden zu sehen sind, stimmen Befehle und Tastatureingaben – nicht wie in vergleichbaren Formaten, in denen Unmengen an Zahlen über den Bildschirm flackern, während vermeintlich wahllos auf Tastaturen eingehämmert wird. Warum sollte mir das als Zuschauerin wichtig sein, wo ich doch eventuell den Unterschied ohnehin nicht bemerkt hätte? Weil es zeigt, dass die Macherinnen und Macher von Mr. Robot ihr Publikum ernst nehmen, ihm etwas zutrauen, aus Liebe zum Detail handeln und nicht der Bequemlichkeit halber Quatsch zeigen.

Gibt es da auch eine Mrs. Robot?

Na ja, Frauen und Technik – das passt ja eh nicht zusammen, richtig? Falsch gedacht und weg mit den Vorurteilen! Auch wenn Männer in der Serie eine große Rolle spielen – die drei zentralen Charaktere sind alle männlich – verdienen die Frauenfiguren in Mr. Robot Anerkennung, wenngleich sie sich (zunächst) mit Nebenrollen zufriedengeben müssen. Häufig nimmt Elliot den Frauen in seinem Leben gegenüber die klassische Beschützerrolle ein. Er sucht mit Hilfe seiner Hacker-Qualitäten online beispielsweise nach schmutzigen Geheimnissen ihrer Liebhaber, um sie vor allem Unheil zu bewahren. Doch die Frauen lassen das nicht einfach mit sich geschehen und sehen in Elliott fortan auch nicht ihren Retter in der Not – sie widersprechen und behaupten sich gegen ihn. Weibliche und männliche Charaktere haben in der Serie gemeinsam, dass sie allesamt kompliziert, impulsiv, idealistisch und einfach nur menschlich sind.

Zwei der sechs Mitglieder der „fsociety“ sind Frauen, eine der beiden ist Muslimin und trägt Kopftuch. Angesicht der Tatsache, dass Frauen nach wie vor in der Hacking-Community unterrepräsentiert sind ein Erfolg. Beginnend mit der Neugestaltung der traditionellen Geschlechterpolitik Hollywoods und Darstellung derer, die typischerweise ausgeschlossen sind, birgt die Serie vielversprechendes Potenzial in der Repräsentation und Diversität ihrer weiblichen Charaktere.

Endlich im Free-TV

Ein Geheimtipp ist die 2015 in den USA gestartete Cybercrime-Serie Mr. Robot zwar spätestens seit ihren Gewinnen bei den Emmys und Golden Globes nicht mehr. Auf RTL Nitro feiert sie nun aber endlich ihre Free-TV-Premiere.
Gezeigt wird die erste Staffel am 31. Oktober und 1. November jeweils ab 20.15 Uhr – ein Serienmarathon, der sich lohnt. Wer danach dranbleiben will, kann Staffel zwei bei Amazon Prime gucken – dort sind nun auch bereits die ersten drei Folgen der dritten Staffel (OmU) verfügbar.

Mr. Robot ist jugendaffin, jedoch komplex. Häufig geht es unter anderem um Gewalt, Drogenerfahrungen oder Angst. Die erste Staffel wurde von der FSK für Zuschauer ab 16 Jahren – die meisten Episoden sogar ab 12 Jahren – freigegeben.

Über Laura Keller

Laura Keller studierte Kultur- und Bildungswissenschaften an der Leuphana Universität Lüneburg, bevor sie ihren Master in Kinder- und Jugendmedien an der Universität Erfurt begann. Sie gibt medienpädagogische Workshops in Schulen und hofft, Kinder und Jugendliche für den kritischen und kreativen Umgang mit Medien zu begeistern. Während ihres Praktikums gewann sie Einblicke in die Arbeit der FSF.