Ob es Ihnen passt oder nicht, Halloween hat mittlerweile auch bei uns eine Relevanz erreicht, die es beinahe unmöglich macht, sich dem komplett zu entziehen. Daher versuche ich es gar nicht erst, sondern stürze mich gleich in die Thematik und stelle Ihnen eine unvollständige Liste an aktuellen Horrorserien vor, mit denen Sie sich vor „Süßem oder Saurem“ verkriechen können.
Alles in einem: American Horror Story
Beinahe die gesamte Palette des Horrors bedient American Horror Story. Das Besondere: Mit den jeweils selben Schauspielern wird pro Staffel eine neue Geschichte erzählt, wobei die Macher zunehmend aber über das Ziel hinausschießen.
Dabei stimmen hier grundlegende Faktoren für eine außergewöhnliche Serie. Der Cast ist herausragend, allen voran Sarah Paulson, die sich mehr und mehr zum Superstar der Serie herauskristallisiert und damit das Erbe von Jessica Lange antritt, die nach der vierten Staffel ausstieg. Neben der Fülle an talentierten Schauspielern ist auch die Optik der Serie außergewöhnlich und genügt weitaus höheren Ansprüchen.
Aber die Perfektion hat ihren Preis, denn die Geschichten wurden mit jeder Staffel dünner und teilweise hanebüchen. War es in Staffel eins noch ein recht aufgeräumtes Geisterhaus, präsentierte die zweite Staffel bereits einen wilden Mix aus Irrenhaus, Serienkiller, Aliens, entmenschlichten Ekelkreaturen und gefühlt ein Dutzend weiterer Genreverrücktheiten. Insgesamt hat AHS damit schon in allen Phasen des Horrorfilms geplündert, wobei versäumt wurde, die Fragmente sinnvoll miteinander zu verknüpfen. In diesem Zusammenhang müssen auch die teilweise sehr expliziten Gewaltdarstellungen erwähnt werden, die nur selten etwas zum Inhalt beitragen können und so eher dem Selbstzweck dienen.
In diesen Momenten rutscht AHS in die Schmuddelecke, die zweifelsohne zum Horrorkino dazugehört. Daher ließen sich die sinnlosen Gewaltexzesse als Teil einer notwendigen Reflexion des Genres betrachten, das nach dem 11. September 2001 auch im Mainstream grausamer geworden ist. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Gewalt nur ein trauriger Lückenfüller ist, der uns in perfekter Ästhetik vormachen will, mehr zu sein. Es gibt jedoch Hoffnung, die aktuelle Staffel bleibt zwar blutig, kommt aber mit einer Geschichte daher, die ich sogar als clever bezeichnen würde.
Vampire sind wieder eklig: The Strain
Wo AHS ein ganzes Genre repräsentiert, bleiben die meisten anderen Serien ausschließlich in ihrem eigenen Subgenre, von denen es eine ganze Reihe gibt. Eines der ältesten ist das Vampirgenre, das seinen ersten filmischen Vertreter 1922 in Murnaus Nosferatu hatte. Seitdem haben Vampire viele Wandlungen erfahren und deutlich an Bedrohung eingebüßt. Der vorläufige Tiefpunkt wurde mit den Twilight-Filmen erreicht. Richtig fies und ohne emotionalen Ballast kommen hingegen die Vampire in Guillermo del Toros The Strain daher. Allerdings haben die Biester statt der normalen Vampirzähne eine Art Tentakel, die bei Bedarf aus ihren Mündern geschossen kommt.
Es geht in The Strain um nicht weniger als die Rettung der Welt, denn ein Vampirvirus breitet sich aus und sorgt vor allem nachts für Angst und Schrecken. Wir begleiten dabei eine bunte Truppe um einen alten Vampirjäger, einen Seuchenexperten und einen Kammerjäger, die nicht immer logisch agieren und teilweise etwas nervig sind. Auch wenn die Serie ihre dramaturgischen Schwächen hat, ist sie ein recht kurzweiliger Spaß, der zumindest dem Vampirgenre wieder etwas Boshaftigkeit und Ekel verschafft, ohne dabei besonders blutig zu sein.
Die Zombies sind zurück
Um einen anderen Virus geht es in The Walking Dead. Hier verwandeln sich die Menschen nach ihrem Tod in Zombies, ob sie nun von einem gebissen wurden oder nicht. Mittlerweile ist die siebente Staffel gestartet und hat erneut einen Einschaltquotenrekord aufgestellt.
Jeffrey Dean Morgan als Negan – The Walking Dead, Season 7, Episode 1 © Gene Page/AMCDer Erfolg der Serie basiert jedoch nicht auf den Untoten, sondern vor allem auf den Lebenden. Die müssen sich in einer Welt ohne Regeln behaupten und bewegen sich dabei mehr und mehr im moralischen Grenzbereich.
Für das Zombiegenre war TWD ein Glücksfall, der ihm zu neuen Ruhm verhalf. Die Hochzeit eines George A. Romeros war längst vorbei und Zombies bissen sich größtenteils nur noch in trashigen Nischenproduktionen ins menschliche Fleisch. Mit TWD kehrt der wahre Horror zurück und der zeigt sich in der menschlichen Natur.
Gänzlich anders präsentiert sich die Zombieapokalypse in der Serie Z-Nation, die sich erstaunlich gut hält und bereits in Staffel drei gegangen ist. Überraschend deswegen, da die Produktionsfirma The Asylum fast ausschließlich wilden Trash produziert und dabei Blockbuster kopiert. Insofern sind auch hier gewisse Parallelen zu TWD erkennbar, ein Vergleich verbietet sich jedoch. Dennoch hat die Serie vor allem in der ersten Staffel einen nicht zu leugnenden Unterhaltungswert, gerade weil sie sich selbst nicht ernst nimmt. Ein schlauer Schachzug der Macher, der vielen Horrorproduktionen gut zu Gesicht stehen würde: Wenn du es schon nicht gut machst, dann mach es wenigstens gut schlecht.
Filmklassiker in Serie
Zum Abschluss meiner kleinen Exkursion durch die gegenwärtige Horrorserienwelt möchte ich noch auf den Trend schauen, erfolgreiche Filme in Serienform zu gießen. Das betrifft vor allem Meilensteine, die sich einer breiten Fanbasis sicher sein können, allerdings hapert es in den meisten Fällen an der Umsetzung. Polanskis Rosemary’s Baby fehlt es in der Serienadaption an allem und Bates Motel kann Hitchcocks Psycho bei weitem nicht das Wasser reichen. Auch Scream ist meilenweit entfernt vom Witz und dem intelligenten Spiel mit den Regeln des Horrorfilms seiner Vorlage.
Eine tatsächlich gelungene Umsetzung ist Ash vs. Evil Dead, die als Fortsetzung der kultigen Evil Dead-Trilogie funktioniert. Der von Bruce Campbell gespielte Ash hat verbotenerweise aus dem Necronomicon, dem Buch der Toten, gelesen und so das Böse in unsere Welt geholt. Nun muss er den Schaden wieder gutmachen und gegen allerhand Dämonen kämpfen. Keine Sorge, auch wenn die Geschichte nicht originell klingt, die Umsetzung ist herrlich und gibt Fans der Filme genau das, was sie erwarten. Es muss jedoch gewarnt werden: Die Serie strotzt nur vor Gewaltverherrlichung und derbem Humor, wer damit nicht umgehen kann, sollte die Finger davon lassen.
Ergänzung: Wem die aktuellen Serien nicht zusagen, der kann auf gruselige Klassiker zurückgreifen. In Masters of Horror (2005) werden in 26 Folgen eigenständige Geschichten von bekannten Genreregisseuren wie Tobe Hooper oder Dario Argento präsentiert. Ähnliches machte auch die Kultserie Geschichten aus der Gruft (1989). Ein Geheimtipp ist die britische Miniserie Dead Set (2005). Hier bricht die Zombieapokalypse aus, während die Insassen der aktuellen Big Brother-Staffel davon erst recht spät etwas mitbekommen.