Auf den Höhepunkt der dritten Staffel musste man lange warten. Wie schon in den Staffeln zuvor, zeigt Game of Thrones in der 9. Episode, weshalb sie eine der denkwürdigsten Serien unserer Zeit ist.
Die neunte Episode von Game of Thrones kann man, mit gutem Willen zu merkwürdigen Konstruktionen, mit dem innigen Verhältnis eines romantischen Kleinbauern zu seinem Vieh vergleichen. Irgendwann muss es auf der Schlachtbank geopfert werden, damit es als Steak und Wurst seine Position in der Nahrungskette einnehmen kann. Der Bauer profitiert, muss aber dennoch Abschied von seinen lieben Gefährten nehmen. Im Falle von Game of Thrones haben die Bauern wieder Blut fließen lassen und zwei tragende Charaktere vor unseren Augen hingerichtet.
Die Starks sind vorerst keine Option mehr auf den Eisernen Thron. Wie in der ersten Staffel kam das Ableben gänzlich unerwartet. Damals, es war ebenfalls die neunte Episode, war es Eddard Stark, der seinen Kopf verlor. Konditioniert durch lebenslange Serienerfahrung war ich mir bis zuletzt sicher, dass eine der Hauptfiguren, dazu von Sean Bean gespielt, nicht sterben würde. Am Ende der Folge war er trotzdem tot. Ich musste einsehen, dass meine behutsam aufgebaute Beziehung zu den Charakteren auf wackligen Füßen steht. Ständig sind sie der Gefahr ausgesetzt, geköpft, gedemütigt oder erstochen zu werden. Dennoch, oder viel mehr gerade deswegen, ist die Faszination für Game of Thrones enorm hoch. Diesem kompromisslosen Umgang mit den eigenen Figuren kann man sich nur schwer entziehen.
Natürlich würde ich die Serie anders sehen, hätte ich die Literaturvorlage von George R. R. Martin gelesen. Aber das habe ich nicht. Natürlich gehört dem Autor der große Ruhm, weil er ein so großartiges Universum erschaffen hat. Das Entscheidende ist jedoch, dass dieser Stoff in Serie ging – und die Art und Weise, wie es passiert. Ich lehne mich nicht sehr weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass ein solches Projekt im deutschen Fernsehen nicht realisiert werden würde. Die Öffentlich-Rechtlichen, die am ehesten die Mittel besitzen neue Wege zu gehen, arbeiten sich lieber an Krankenhausgeschichten à la In aller Freundschaft ab und definieren den „dümmsten anzunehmenden Zuschauer“ immer wieder neu. Nun ist auch HBO nicht frei von Risiko, aber sie tun es trotzdem: sie nehmen den Zuschauer ernst. Er ist gefordert, den komplexen Verstrickungen der Adelsgeschlechter zu folgen. Das klappt nicht immer, behindert das Sehvergnügen aber keineswegs. Das Wesentliche bleibt nicht auf der Strecke, das lässt die Inszenierung niemals zu.
Game of Thrones hat zudem einen herausragenden Cast, aus dem drei Figuren für mich besonders hervorstechen. In der dankbaren Rolle des Tyrion Lannister macht Peter Dinklage seine Sache mehr als gut. Obwohl schlauer als der Rest der Familie macht ihm die Kleinwüchsigkeit einen Strich durch höhere Karrierepläne. Was bleibt, sind der Alkohol und die Frauen – bis er sich verliebt.
Maisie Williams spielt die kleine Arya Stark, die jüngste Tochter von Eddard Stark. Sie wurde schon früh von ihrer Familie weggerissen und beweist sich mehr und mehr in einer Männerwelt. In dieser hat sich auch Daenerys Targaryen etabliert. Gespielt von Emilia Clarke ist sie wohl die faszinierendste Figur. Angefangen als schüchternes Mädchen hat sie einen wilden Krieger gezähmt und wurde die Mutter dreier Drachen, um mit denen und ihrem stetig anwachsenden Heer nach Westeros zu ziehen. Auch sie will auf den Eisernen Thron und dabei hat sie meine vollste Unterstützung. Es wäre furchtbar, einen der drei vor dem Ende zu verlieren.Mit der neunten Episode hat die dritte Staffel ihren Höhepunkt erreicht. Der Schock der „Roten Hochzeit“ wird noch nachklingen. Ich kann mich nicht erinnern, wann eine Serie eine derartige Reaktion bei mir ausgelöst hatte. Tröstlich zu wissen, dass ich nicht allein war. Eine Freundin schrieb mir, dass sie am ganzen Körper zitterte. Zudem waren sämtliche Social-Media-Kanäle gefüllt mit „WTF“. So nahmen wir alle mit aufgerissenen Augen Abschied von den Starks und bekräftigten immer wieder, wie unglaublich diese Serie sei. Wir hatten längst den Bissen geschluckt und das Opfer angenommen. Wir lieben es, weil die Macher den Mut haben, unsere Lieblinge zu töten. Gutes Fernsehen betäubt uns nicht mit erfüllten Erwartungen. Gutes Fernsehen geht uns an die Gurgel.
Die lineare Ausstrahlung der 3. Staffel Game of Thrones auf Sky Atlantic HD – wahlweise in englischer Originalfassung oder deutscher Synchronisierung. Wie die FSF die ersten drei Folgen der dritten Staffel Game of Thrones unter Jugendschutzgesichtspunkten einordnete, gibt`s hier zum nachlesen.