Winter is coming

In meiner Twitter-Timeline herrscht oft Aufruhr – oft geht es um Politisches und Sexistisches, denn Twitter ist bei aller Plauderei auch ein politisches Medium. Doch zur Ausstrahlungszeit der neuen Staffel Game of Thrones herrscht sehr viel Einigkeit.

Regelmäßigen Tweets, die die Angst vor Spoilern zum Ausdruck bringen, folgen dann am Montag stets diejenigen, die eine kurze Meldung zur neuen Folge bringen – natürlich spoilerfrei, mal will sich ja keinen Shitstorm ins Haus holen (also, wegen einer Fernsehserie). Seit sieben Jahren beobachte ich das nun und habe dabei die ganze Zeit für mich behalten, dass ich noch nicht eine einzige Folge Game of Thrones gesehen habe. Bis vor Kurzem. Da outete ich mich, bekam aus unvermuteten Richtungen Unterstützung und tat es dann: ich schaute zwei Folgen Game of Thrones. Dabei stelle ich fest, dass ich durch meine film- und TV-affine Timeline immerhin mehr wusste als mein mitschauender Mann – zumindest wusste ich, dass Jon Snow in der Serie vorkommt. Dank zweier Bilder, die im Rahmen dieser siebten Staffel immer wieder kursierten, weiß ich auch schon, welche drei Charaktere bis dahin überleben – und sehr viele unvermutet sterben. Und anscheinend kommen irgendwann Drachen hinzu. Und ein Hammer.

Losgelöst von dem Hype bin ich aber dennoch. Dafür gucke ich viel zu verspätet, außerdem fehlt mir auch der Ehrgeiz, nun schnellstmöglich aufzuschließen. Das erinnert mich an eine meiner goldenen Regeln für die Benutzung von Sozialen Medien: Halt dich fern von Hypes. Denn ein Hype jagt den nächsten und du kommst nie hinterher, sondern verrennst dich. Allerdings ist es bei Game of Thrones mittlerweile anders. Die Hypes um die Neuen kommen in regelmäßigen Intervallen. Mittlerweile schauen allein bei HBO 25 Millionen Menschen zu, hinzu kommen diejenigen auf anderen Sendern (und aus anderen „Quellen“). Deshalb ist hier mittlerweile eher von einem popkulturellen Phänomen zu sprechen, das innerhalb des Mediums großen Einfluss hat – sei es bei anderen Fantasyserien, die gerade und in Zukunft laufen werden, das Maß an Gewalt, das auf dem Fernsehschirm zu sehen ist, oder allein die düstere Ausstattung anderer Serien. Mittlerweile wird schon davon geredet, dass Game of Thrones zu der „Blockbusterisierung der Fernsehserie“ beigetragen hat. Aber der Einfluss beschränkt sich nicht auf die Fernsehwelt. Vielmehr ist die Serie mittlerweile so populär, dass überall Referenzen zu finden sind. Erst zuletzt bei Steven Soderbergs Logan Lucky. Oder bei der Emmy-Verleihung. Deshalb ist es für jemanden, der mit Büchern, Filmen und Serien arbeitet, mittlerweile vielleicht doch notwendig, zumindest einige Folgen zu sehen. Und sei es nur, um mir ein eigenes Bild über Narration und das Worldbuilding zu machen, aber auch über die Kritikpunkte, die insbesondere hinsichtlich Sexismus und Diversität immer wieder angebracht werden. Zumal es ja angeblich nur noch sechs weitere Folgen geben soll. Und ich hoffe, ich werde von der Begeisterung vielleicht doch noch angesteckt. Jedenfalls mehr als bisher.

Über Sonja Hartl

Sonja Hartl studierte Deutsche Sprache und Literatur, Medienwissenschaft und Sozial- und Wirtschaftsgeschichte in Marburg und schreibt seither als freie Journalistin über Film, Fernsehen und Literatur. Außerdem betreibt sie das Blog Zeilenkino und ist Chefredakteurin von Polar Noir.