Ein sonniges Picknick im Park mit karierter Picknickdecke, Erdbeeren und den Liebsten – wer möchte so nicht gerne seinen Tag verbringen? Und damit sich auch andere Leute an diesem Picknick erfreuen können, wird am besten ein Bild davon auf Instagram veröffentlicht. Oder ein Video, auf dem nicht nur die Leckereien, sondern auch der ganze Park und das Vogelgezwitscher eingefangen werden können.
Dass mittlerweile bei vielen Nutzerinnen und Nutzern der sozialen Medien das Bedürfnis besteht, alle Erlebnisse online zu teilen, steht überhaupt nicht mehr zur Debatte. „Pics or it didn’t happen“ scheint für viele Leute zum Grundsatz geworden zu sein. So entwickelte sich Instagram rasant zu einer der erfolgreichsten Plattformen und ist aktuell im Bereich der sozialen Medien die am dritthäufigsten genutzte App.
Meistens werden die veröffentlichen Fotos nicht nur mit Hashtags versehen, sondern auch mit ein paar Worten, die das Bild in einen Kontext setzen können. Dieser kurze Text ist mittlerweile gar nicht mehr so kurz: eine Marketingplattform für Instagram, Later, berichtet, dass die Anzahl der Wörter immer weiter zunimmt. Fotos können eben doch relativ unpersönlich wirken und für Influencende, die eine anonyme Masse an Followerinnen und Follower haben, kann das schnell dazu führen, dass ihr sozialer Stern zu sinken beginnt.
Parasoziale Beziehung zwischen Influencenden und ihren Anhängern
Warum der enge Bezug zwischen Influencenden und „Followern“ so wichtig ist, lässt sich ganz einfach mit der kommunikationswissenschaftlichen Theorie der Massenmedien erklären: Die Forscher Horton und Wohl haben den Ansatz der parasozialen Interaktion begründet, laut dem eine ‚persönliche‘ Beziehung zwischen Personen der Öffentlichkeit („Persona“) und ihrer Zielgruppe besteht. Was Horton und Wohl damals für das Leitmedium Fernsehen feststellten, lässt sich heute auf Instagram übertragen. Wer mehrere tausend Followerinnen und Follower hat, kann unmöglich zu allen eine persönliche Beziehung unterhalten und muss das Öffentlichkeitsbild aufwändig pflegen. Die Bindung zu den virtuellen Anhängerinnen und Anhängern kann zum Beispiel dadurch gestärkt werden, dass Einblicke in das persönliche Leben gewährt werden. Politische Einstellungen, der Ernährungsstil und Filmvorlieben sind einfach zu kommunizieren und führen dazu, dass sich ein/-e Nutzer/-in stärker in das Leben der Persona eingebunden fühlt.
Während Emotionen und Gedanken mit Wörtern leicht auszudrücken sind, ist es weitaus schwieriger, sie in Bildern festzuhalten. Einige Worte dazu, mit wem das Picknick stattfindet und wie wichtig einem die Zeit im Grünen ist und überhaupt die Zeit mit Freunden, um für die richtige „Work-Life-Balance“ zu sorgen, erzählen da schon etwas mehr über die persönlichen Hintergründe als ein einfaches Bild vom Picknickkorb. Außerdem können dank der Textfunktion Fragen an die Anhänger/-innen gestellt werden, die diese mittels Kommentaren beantworten können. Einfache Fragen wie „Was habt ihr am Wochenende gemacht?“ sprechen die Anhänger/-innen direkt an und können ein Gefühl der Zugehörigkeit auslösen.
Einfluss der Werbeverträge
Seit Unternehmen vermehrt Werbeverträge mit Influencenden abschließen, ist die Verweildauer der Nutzenden auf Beiträgen bedeutender geworden. Und da gilt: je länger der Text, desto länger die Lesezeit und desto länger die Verweildauer. Natürlich ist es nicht ganz so einfach; zu viel reiner Text kann auch abschreckend wirken. Solange der Beitragstext optisch ansprechend gestaltet und inhaltlich interessant ist, ist aber schon viel gewonnen.
Exemplarisch für eine lange Bildunterschrift:
In der Prognose für 2020 hat sich die Anzahl der Zeichen laut Later & Fohr seit 2017 auf 405 verdoppelt, während die Zahl der Beiträge pro Woche von 2,9 auf 2,3 sinkt. Gleichzeitig werden kurzlebige Inhalte („Stories“, die nach 24 Stunden wieder verschwinden) und Videos vor allem von Unternehmen und für Werbezwecke immer mehr genutzt. Der Trend scheint sich jedenfalls weg von den simplen Fotos zu entwickeln.
Ob Bloggende ihre Beiträge in Zukunft tatsächlich auf visueller Basis verbreiten und Instagrammer/-innen ihre Fotos durch Texte sprechen lassen, wird sich zeigen. Die Zahlen sprechen aber dafür, dass es eine Konvergenz der beiden Formen geben wird, sich mitzuteilen. Bis dahin lassen wir uns weiter von der „Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen“-Politik der sozialen Medien berieseln und warten die schriftliche Entwicklung gespannt ab.
Quellen/weiterführende Artikel:
- t3n.de vom 22. Februar 2020: Wie sich Instagram von der Foto-Community zur Blogging-Plattform wandelt
- messengerpeople.com vom 12. Februar 2020: Nutzerzahlen Messenger Apps Deutschland und Weltweit
- wuv.de vom 02. Januar 2020: Die wichtigsten Social Media Trends für 2020
- later.com: What does 2020 hold for influencer marketing?
- Horton, Donald/Wohl,Richard: Massenkommunikation und parasoziale Interaktion: Beobachtungen zur Intimität über Distanz, in: Adelmann, Ralf/ Hesse Jan/Keilbach, Judith/Stauff, Markus/Thiele, Matthias (Hrsg.): Grundlagentexte der Fernsehwissenschaft, Konstanz 2002
Alle Links wurden zuletzt abgerufen am 17. März 2020.
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