Trend, das ist der Trend jetzt

„Beständigkeit, das ist zu wenig, wer den Trend kennt, der ist König.“ So fabulierte das famose Duo Foyer des Arts 1982 in ihrem Stück Trends. Das ist noch heute so, Trends sind im Trend. Und so waren zum Jahreswechsel wieder zahlreiche Prognosen am Start, die uns etwas über das Kommende verraten wollen.

Was werden die Trends des Fernsehjahres 2020 sein?

Das ist eine der Fragen, die das Team von nextMedia Hamburg in ihrem Format Predictions 20/20 in den Blick nimmt, das im Dezember veröffentlicht wurde. Dabei handelt es sich um ein Potpourri von Expertenstatements zu den relevantesten Trends der Medien- und Digitalszene für das laufende Jahr. Es dürfte erwartbar aufregend werden. Das Jahr 2020 könnte, so das Fazit der Experten, einen Paradigmenwechsel für die Bewegtbild-Industrie darstellen, da „dynamische, interaktive und persönliche Inhalte“ bei den Angeboten des sogenannten New TV-Sektors immer stärker in den Fokus geraten. Diese Interaktivität führe dazu, dass Zuschauerinnen und Zuschauer immer mehr zu „Regisseuren“ würden. Im Kontext der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) ist dies von Interesse, da neue Formate mit dem klassischen Fernsehen konkurrieren und Fragen des Jugendschutzes berühren. Schauen wir doch einmal genauer, was die Trends sind.

20 Trends für 2020, Predictions 20/20 von nextMedia / Screenshot https://www.nextmedia-hamburg.de/insights/predictions-20-20/

Da ist zunächst Burkhard Leimbrock, Geschäftsführer des Live-Streaming-Portals Twitch Deutschland, der darauf verweist, dass die „Interaktion zwischen Community und Creator*innen einen noch höheren Stellenwert“ einnehmen wird als bisher. Damit meint er vor allem gestreamte Live-Events, die wichtig für ein Community-Building sind. Anders gesagt: zielgruppenspezifische Angebote in einem sich weiter ausdifferenzierenden Markt, die auf eine starke User-Bindung abzielen.

Ähnliches ist auch auf dem Video-on-Demand-Markt zu beobachten. Platzhirsch Netflix hat hier schon mächtig vorgelegt. So bietet Netflix beispielsweise mit Black Mirror: Bandersnatch und Du gegen die Wildnis interaktive Storytelling-Formate an, bei denen die Zuschauerinnen und Zuschauer Möglichkeiten haben, den Verlauf der Geschichte zu beeinflussen. Es müsse verstanden und adaptiert werden, so Britta Schewe von Rocket Beans Entertainment, dass Community-Nähe ein wesentlicher Faktor im Bewegtbild-Bereich geworden sei. Ihr Credo lautet: „Zukunftsweisend wird sein, wie man diese Entwicklung in funktionierende Geschäftsmodelle im Sinne des Jugendschutzes und des neuen Medienvertrags überträgt.“ Wie sich das konkret ausgestaltet ist noch offen.

Steven Rosenbaum, Managing Director beim NYC Media Lab, betont, dass vor allem Technologie die Storytelling-Entwicklung treibt. Vor ein paar Jahren hatten Abspielgeräte noch gar nicht geeignete Benutzeroberflächen für solche Formate. Streaming und heutige Speicherkapazitäten haben die Situation am Bewegtbild-Markt radikal verändert. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die damit verbundenen Geschäftsfelder, sondern tangiert auch Positionierungen im Jugendschutz. Fragen der Medienkompetenz jüngerer Zuschauergruppen strukturieren sich um diese Felder herum. Netflix und Co. oder intermediäre Plattformen dominieren jugendliche und zum Teil kindliche Rezeptionskulturen. Rosenbaum meint: „Die SVoD-Plattformen experimentieren mit personalisierbaren Inhalten: Nutzer*innen bekommen Werkzeuge zur Verfügung gestellt, mit denen sie die Art und Weise, wie sie Geschichten konsumieren, anpassen können.“ Ob sich allerdings große Rezipientenscharen auf diese aktiven, partizipativen Contentangebote einlassen, wird abzuwarten sein.

Dass der SVoD-Markt wachsen wird, scheint keine Frage zu sein
. Ralf Klassen, Chefredakteur von CONE – The Content Network, sieht vor allem einen wachsenden Konkurrenzdruck. Oliver Koch von TeraVolt glaubt, „dass gerade das Zusammenspiel von großen Content-Produzenten wie Disney, Netflix oder Warner mit Access-Anbietern wie etwa der Telekom oder Vodafone und den Plattform- und den Technologie-Riesen Google, Apple, Facebook und Amazon entscheidend werden dürfte“. Angesichts der Dominanz von Smartphones als meistbenutzte Zugangsgeräte zum Internet und als Video-Abspielgeräte, sieht Kim Dormann, Gründer von Redpinata, auch einen Siegeszug von Vertical Videos. Snapchat, TikTok, Instagram und Co. sind in diesem Feld die Treiber, die Bild- und Rezeptionskulturen verändern.

Worauf alle Expertinnen und Experten hinweisen, ist die Bedeutung von Content. Es bleibt also dabei: Content is King! Im Sinne des Jugendschutzes heißt das natürlich auch: Kontext is King! Bei allen Formatinnovationen und technologischen Erweiterungen geht es im Kern immer noch um Storys, um Narrative und Erzählformen. Erinnert sei hier an das diesbezügliche Thema der FSF-Prüferfortbildung im September 2019.

Kurz noch eine Anmerkung zu den Betreibern des Portals. NextMedia ist eine Standortinitiative für die Hamburger Medien- und Digitalszene, die innovationsorientiert mit Unternehmen, Hochschulen und anderen Akteuren zusammenarbeitet, um Geschäftsideen zu entwickeln. Predictions 20/20 versammelt Expertenstatements zu aktuellen Digitaltrends. Drei Themenschwerpunkte sind im Fokus: Geschäftsmodelle, Tech-Trends und eben jene New-TV-Entwicklungen. Und so sei beim Lesen der Statements stets an Foyer des Arts erinnert. Wie heißt es dort so schön:

 

„Heute dieses, morgen jenes,
Trends sind doch was Wunderschönes,
das eine kommt, das and’re geht,
Trends sind pünktlich, nie zu spät.“

 

Über Uwe Breitenborn

Dr. Uwe Breitenborn, hauptamtlicher Prüfer der FSF, Dozent und Autor, Bildungsreferent der Medienwerkstatt Potsdam, zahlreiche Veröffentlichungen zur Mediengeschichte, Musiksoziologie, und Kulturwissenschaft. Von 2014-2019 Vertretung der Professur Onlinejournalismus an der Hochschule Magdeburg-Stendal. Zuvor u.a. Arbeit an der Martin-Luther-Universität Halle und beim DRA Babelsberg.