Medienpolitik kompakt Sommer 2018

Medienpolitik Europa

► Selbstregulatorischer Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Fake News
Eine seitens der EU-Kommission initiierte Gruppe, in der die marktführenden Plattformbetreiber vereint sind, hat Ende Juli 2018 eine solchen Kodex-Entwurf erarbeitet. Dieser knüpft an das Notice-and-Take-Down-Prinzip an und benennt zahlreiche Maßnahmen, um der Verbreitung von Desinformationen Herr zu werden. Angedacht sind beispielsweise bessere Kontrollen von Inhalten/Konten, mehr Transparenz sowie Einschränkungen der Werbefinanzierung. Sollte die Gruppe bis Ende September 2018 einen hinreichenden Kodex nicht unterzeichnet haben, wird die Kommission vermutlich eigene Maßnahmen ergreifen.

vau.net | EU-Kampf gegen Fake News: Debatte über Selbstverpflichtung eröffnet13.08.2018

► EU-Kommission möchte Intermediäre per Gesetz verpflichten, Terror-Inhalte zu löschen
Ein entsprechender Gesetzesvorschlag ist für Mitte September 2018 geplant. Mit den bisherigen freiwilligen Bemühungen zeigte sich die Kommission unzufrieden. Da Terrorismus nach wie vor eine sehr reale Bedrohung für die EU darstelle, sei es notwendig, härtere Maßnahmen zu ergreifen, um die Terroristen daran zu hindern, das Internet für ihre Gräueltaten zu missbrauchen. Der Gesetzesvorschlag stünde im vollen Einklang mit den Grundrechten, insbesondere der Meinungsfreiheit und verfolge das Ziel, „einen klaren, transparenten Rahmen und Minimumanforderungen für jede Internetplattform zu schaffen, die ihre Dienste den Europäern anbieten will.“

welt.de | EU will Internetkonzerne verpflichten, Terror-Inhalte zu löschen, Christoph B. Schiltz, 09.08.2018

 

Medienpolitik Bund

► Die Kanzlerin beruft „Digitalrat“
Netzpolitik soll eins der zentralen Themen der gegenwärtigen Legislaturperiode sein. Eine Expertengruppe soll die Bundesregierung künftig bei dieser Aufgabenstellung beraten. Besetzt mit zehn Experten aus der Praxis soll dieses Gremium die Regierung antreiben und unbequeme Fragen stellen, so die Kanzlerin in ihrer wöchentlichen Videobotschaft. Sie ist überzeugt, dass aus dieser Arbeit zahlreiche neue Ideen entstehen können. Zur Videobotschaft: www.youtube.com

heise.de | Digitalisierung: Merkel beruft „Digitalrat“, 18.08.2018

► Ein „Daten-für-Alle-Gesetz“ – fordert die SPD-Chefin Andrea Nahles
Die Daten dieser Welt würden gegenwärtig von einigen wenigen Internetriesen wie Google, Amazon, Facebook und Apple monopolisiert. Diese Unternehmen sicherten sich damit ihre jetzt schon beträchtliche Marktmacht für die Zukunft. Das Gesetz sieht vor, „dass ein Unternehmen, sobald es einen festen Marktanteil für eine bestimmte Zeit überschreitet, verpflichtet wäre, einen anonymisierten und repräsentativen Teil seines Datenschutzes öffentlich zu teilen.“ Gewünschte Konsequenz sei, dass andere Unternehmen und Start-Ups mit diesen „freigegebenen“ Daten eigene Ideen entwickeln und als Produkt auf den Markt bringen. Damit würde sich der Wettbewerbsdruck auf die Internetgiganten erhöhen und ihre Marktmacht gebrochen.

heise.de | Übermacht von Google und Co: SPD-Chefin fordert „Daten-für-Alle“-Gesetz, 13.08.2018

► Schnelles Internet in Schulen
Die Bundesregierung beschließt den Aufbau des Fonds „Digitale Infrastruktur“. Ziel dieses Fonds: Förderung des Giganetzausbaus und Umsetzung des „Digitalpakts Schule“. Mit diesem Pakt streben Bund und Länder gemeinsam die flächendeckende digitale Ausgestaltung der Schulen an. Finanziert wird der Fonds aus der ausstehenden Versteigerung der Lizenzen für die 5G-Mobilfunktechnologie.

bundesregierung.de | Fonds „Digitale Infrastruktur“, 01.08.2018

► Bundverfassungsgericht: Rundfunkbeitrag im Wesentlichen verfassungsgemäß
Drei Privatleute sowie die Autorvermietung Sixt hatten gegen das Finanzierungsmodell („Beitrag pro Wohnung“) der Öffentlichen-Rechtlichen geklagt. Ihr Vorwurf: Einzelpersonenhaushalte würden gegenüber Mehrpersonenhaushalten benachteiligt; auch seien Doppelzahlungen im Falle von Zweitwohnungen nicht rechtens. Das BVerfG entschied, dass die Verknüpfung der Beitragspflicht an die Wohnung verfassungsgemäß sei, da der Rundfunk dort typischerweise genutzt werde. Es kippte jedoch die Zweitwohnungs-Regelung – Menschen mit zwei Wohnungen, die den Beitrag bislang doppelt zahlen, obwohl sie nur in einer fernsehen würden, seien durch diese Verpflichtung zu stark benachteiligt. Ab sofort können Betroffene einen entsprechenden Antrag auf Befreiung stellen.

Sueddeutsche.de | Rundfunkbeitrag im Wesentlichen verfassungsgemäß, 18.07.2018

► Werbezeitbeschränkungen im Fernsehen – überholt?
So sieht es zumindest die Monopolkommission, ein unabhängiges Beratungsgremium, das die Bundesregierung in Wettbewerbsfragen berät. Erst kürzlich hatten sich die EU-Organe im Rahmen der Reform der AVMD-Richtlinie darauf geeinigt, dass TV-Sender künftig flexibler Werbung zeigen dürfen. Diese Neuregelung geht der Monopolkommission nicht weit genug, sie schlägt daher vor, die bestehenden Werbezeitbeschränkungen gänzlich aufzuheben: „In Anbetracht des sich zunehmend veränderten Nutzungsverhaltens insbesondere der jüngeren Generation sowie der zunehmenden Medienkonvergenz sollte der regulatorische Rahmen für klassisches Fernsehen und audiovisuelle Online-Angebot (z.B. Netflix und Youtube) stärker vereinheitlich werden.“

dwdl.de | Geplante Liberalisierung „greift zu kurz“. Monopolkommission will Werbezeitbeschränkung abschaffen, 04.07.2018

 

Medienpolitik Länder

► Länder stellen Medienstaatsvertrag zur öffentlichen Diskussion
Um die Grundlage für eine zeitgemäße Regulierung zu schaffen, hat die Rundfunkkommission am 13. Juni 2018 einen ersten Arbeitsentwurf für einen Medienstaatsvertrag erarbeitet. Darin finden sich konkrete Regelungsvorschläge zu den Bereichen Rundfunkbegriff (Zulassungspflicht/Streaming), Plattformregulierung und Intermediäre. Medienschaffende sowie Nutzerinnen und Nutzer sollen gleichermaßen von den Regelungen profitieren, sodass sich die Länder dazu entschieden haben, bereits in diesem frühen Stadium, „die auf dem Tisch liegenden“ Vorschläge mit Betroffenen und der Öffentlichkeit zu diskutieren.

rlp.de | Länder stellen Medienstaatsvertrag zur Diskussion, 28.06.2018

► Die größten Baustellen des gegenwärtigen Jugendmedienschutzes
benennt der Vorsitzende der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), Dr. Wolfgang Kreißig. Insbesondere stellten die Rechtsdurchsetzung unzulässiger Internetangebote bei ausländischen Anbietern sowie die Struktur sozialer Netzwerke und Plattformen den bisherigen Jugendmedienschutz vor große Herausforderungen. Dass eine Verhaltenscharta für soziale Netzwerke einen ersten wichtigen Schritt darstellen könnte, bekundet Kreißig. Er plädiert jedoch für einen klaren, gesetzlichen Rahmen. So dränge die KJM seit geraumer Zeit darauf, eine regulierte Selbstregulierung für Plattformanbieter zu implementieren. Dazu bedürfe es keiner neuen Selbstkontrolleinrichtungen, vielmehr gelte es, auf die Expertise bereits anerkannter Selbstkontrollen zurückzugreifen.

medienpolitik.net | „Der Jugendmedienschutz ist nicht ausreichend“, Interview mit Dr. Wolfgang Kreißig, 13.08.2018

► Für eine Reform des Medienkonzentrationsrechts
plädiert der Chef der Staatskanzlei Schleswig-Holstein, Dirk Schrödter. Die bisherigen Regelungen seien zu „fernsehzentriert“, sie entstammten einer Zeit, in der der große Einfluss der Intermediäre wie Facebook und Google noch nicht ersichtlich war. Zwar würden die Länder gegenwärtig an einem neuen Medienstaatsvertag arbeiten (s.o.), dieser enthielte jedoch keine Neuregelungen des Medienkonzentrationsrechts. Dabei sei die Fortschreibung dieses Rechts, die den gesamten Meinungsmarkt in den Blick nehme und entsprechende vielfaltsichernde Maßnahme bereithielte, unumgänglich.

epd medien aktuell, 143a | Staatskanzlei fordert neues Medienkonzentrationsrecht, 27.07.2018 (Quelle nicht öffentlich zugänglich)

► ProSiebenSat.1-Gruppe fordert finanzielle Förderungen für Inhalte
Und dies insbesondere für Informations- und Nachrichtensendungen. Da solche Programme schwer zu refinanzieren seien, befindet die Sendergruppe eine Kofinanzierung durch die Gesellschaft als angebracht. Ihr sei es daran gelegen, ihren Beitrag zur Meinungsbildung besser wahrnehmen zu können. Gesellschaftspolitisch relevante Inhalte müssten gefördert werden, um so vermehrt junge Menschen mit demokratiestiftenden, meinungsbildenden und integrativen Angeboten zu erreichen. Bei der geforderten Finanzierung müsse es sich nicht notwendigerweise um einen Anteil am Rundfunkbeitrag handeln, betonte ProSiebenSat.1-Vorstand Conrad Albert. Die Forderung ziele insbesondere nicht darauf ab, dass die Öffentlich-Rechtlichen oder die Rundfunkgebühr wegfielen.

mdr.de | ProSieben & Co. fordern öffentliche Gelder, Stefan Grimberg, 03.07.2018

 

Personalien

► Tandem an der Spitze der SPD-Medienkommission
Seit dem 25. Juni 2018 haben Heike Raab, operative Leiterin der Rundfunkkommission der Länder, und Carsten Broda, Senator für Kultur und Medien in Hamburg, den Vorsitz der medien- und netzpolitischen Kommission der SPD übernommen. Sie treten damit die Nachfolge von Marc Eumann an, der mit seinem Amtsantritt als Direktor der rheinland-pfälzischen Landesmedienanstalt die Leitung der Medienkommission niedergelegt hatte.

medienkorrespondenz.de | Heike Raab und Carsten Brosda leiten die SPD – Medienkommission, 30.07.2018 (Quelle inaktiv)

► Wiederwahl von Cornelia Holsten als Direktorin der Bremischen Landesmedienanstalt (Brema) angesetzt
Da die Amtsperiode der Direktorin Ende Juni 2019 ausläuft, steht die Direktorenwahl in der Brema an. Der für diese Wahl zuständige Medienrat beschloss auf seiner Sitzung im Mai, „auf eine öffentliche Ausschreibung zu verzichten und einen Termin für die Wiederwahl von Frau Holsten in einer Sondersitzung im September anzusetzen.“ Die Amtsperiode beläuft sich auf die Dauer von fünf Jahren.

medienkorrespondenz.de | Brema: Wiederwahl von Direktorin Cornelia Holsten angesetzt, 27.06.2018

 

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Über Anke Soergel

Studierte Rechtswissenschaften an der Universität zu Köln. Im Rahmen ihres Referendariats arbeitete sie u.a. bei der Verwertungsgesellschaft VG Bild-Kunst sowie bei der Produktionsfirma Zieglerfilm Köln GmbH. Als Volljuristin nahm sie 2008 ihre Tätigkeit als Referentin für Jugendschutzrecht bei der FSF auf. Sie betreut u.a. den Rechtsreport in der tv diskurs.