Ausnahmsweise fange ich mal mit dem größten Nachteil der Veranstaltung an: Das Film- und Fernsehfestival Cologne Conference fand in der ersten Oktoberwoche statt und überschnitt sich deshalb in diesem Jahr mit der Frankfurter Buchmesse.
Und da ich sowohl über Film und Fernsehen als auch über Bücher schreibe, reihten sich nicht nur Termine aneinander, sondern ich verpasste drei Tage der Cologne Conference. Deshalb habe ich in diesem Jahr weder bei der Preisverleihung die ersten öffentlichen Worte Lars von Triers seit dem Cannes-Eklat gehört noch konnte ich zu dem Werkstattgespräch mit Tom Tykwer gehen, der gerade mit Sky Deutschland und der ARD ein hochspannendes Serienprodukt entwickelt: Basierend auf den Romanen von Volker Kutscher arbeitet er an Babylon Berlin, einer Krimiserie, die im Berlin der 1920er- Jahre spielen wird.
Mit dem Thema Serien fing die Cologne Conference bereits für mich an. Am Sonntagabend diskutierten WDR-Fernsehfilmchef Gebhard Henke, Zieglerfilm München-Filmproduzentin Barbara Thielen und der Sky-Programmchef Marcus Ammon im WDR-Studio über Bildschirm oder Leinwand – Lösen Serien den Spielfilm ab?.
Sie waren sich einig, dass das Kino einen anderen ein anderer Erlebnisraum als das Fernsehen bietet und insbesondere Gebhard Henke ist überzeugt, dass das Kino als solchessolcher auch bestehen bleiben wird. Auf die Frage, warum es kaum eigenproduzierte deutsche Serien gebe, die den amerikanischen Qualitätsserien entsprächen, folgte der bekannte Verweis auf die Sendestrukturen im Fernsehen: Bei frei empfangbaren Sendern passen horizontal erzählte Serien nicht ins Sendeschema, bei einer wöchentlichen Ausstrahlung sei es für die Zuschauer aber schwierig, am Ball zu bleiben. Hier werden meines Erachtens die Zuschauer unterschätzt – zumal der Moderator Uwe Schulz auch darauf hinwies, dass es mittlerweile durchaus Möglichkeiten gibt (bspw. durch Binge-Watching), in komplexe Serien einzusteigen. Insgesamt aber zeigten sich alle optimistisch, dass sich in der deutschen Serienlandschaft etwas bewegt – und verwiesen unter anderem auf das wenige Tage später offiziell bestätigte Projekt von Tom Tykwer.
Die Veränderung in der Serienlandschaft war auch Thema des Panels Die Zukunft des Drehbuchschreibens, zu dem der Verband Deutscher Drehbuchautoren (VDD) und die Film- und Medienstiftung NRW einluden. Hier wurde deutlich, dass neue Plattformen wie Netflix oder Amazon zwar künstlerische Freiheit versprechen, durch die zunehmende Online-Vverfügbarkeit aber auch die Honorare sinken: Autoren sind an den Ausstrahlungen in der Mediathek nicht mit Honoraren beteiligt, bei einer Wiederholung im Fernsehen indes schon. Dieses Beispiel zeigt sehr deutlich, wie viele Änderungen in verschiedensten Bereichen durch neue Angebote nötig sind. Denn gerade angesichts der Klagen, dass deutsche Serien – oder das deutsche Fernsehen allgemein – nicht innovativ seien, sollten Autoren finanziell besser beteiligt werden. Auch wurde in dem Panel über den Writers‘ Room gesprochen, der in den USA hinter vielen Serien steckt. Im Writers‘ Room arbeiten verschiedene Autoren zusammen an den Drehbüchern. Er hat kreative Vorteile, aber hierfür fehle es bei deutschen Produktionen meist an Geld, so dass Autoren improvisieren müssten. Dass ein Writers‘ Room allein zu mehr Kreativität fährtführt, wage ich allerdings zu bezweifeln – die Autoren müssten ihre Arbeitsweise anpassen, außerdem ist er nur ein Bestandteil des Produktionskonzepts amerikanischer Serien. Überdies musste ich auch an Gillian Flynns Aussage denken, die alle Drehbücher zu David Finchers neuer Serie Utopia selbst schreiben will, weil sie ‚eine Stimme‘ in die Geschichten bringen möchte.
Abgesehen von Panels und Diskussionsrunden werden bei der Cologne Conference auch Spielfilme und Serien gezeigt. In diesem Jahr gab es aus Anlass des Preises an Lars von Trier ein Binge-Watching von dessen Geister, außerdem waren die ersten beiden Folgen verschiedener neuer Serien wie The Fall, The Legacy und Fargo zu sehen. Obwohl ich sehr gerne Serien schaue, habe ich mich aber auf die Filme konzentriert. Zum einen kannte ich nach einem Irland-Urlaub und Netflix sei dank bereits einige der Serien, zum anderen sehe ich ungern nur zwei Folgen einer Serie, ohne die Möglichkeit zu haben, selbst zu entscheiden, ob ich weitergucke. Das wiegt auch das Gemeinschaftserlebnis Kino nicht auf. Deshalb besuchte ich lieber die SXSW-Night – eine Kooperation der Cologne Conference mit dem South by Southwest Festival –, bei der das Festival vorgestellt wurde, vor allem der wunderbare Film Frank gezeigt wurde. Hauptsächlich bekannt als der Film, in dem Michael Fassbender nahezu die ganze Zeit einen Pappmascheekopf Pappmaché-Kopf trägt, feiert Frank vor allem das Versuchen und Scheitern als wahre Kreativität. Und deshalb war dieser Film eindeutig mein Höhepunkt des Festivals. Und am nächsten Tag war für mich die Cologne Conference auch schon vorbei. Schließlich wartete die Buchmesse.