Über das altmodische Frauenbild im Fernsehen
Für viele junge Frauen sind eine gute Ausbildung und ein Beruf, der sie ausfüllt, genauso wichtig wie eine Partnerschaft. Im Fernsehen ist das anders, und deshalb mutet es immer etwas seltsam an, wenn sich Filme oder Serien einen modernen Anstrich geben und dann doch bloß von Frauen handeln, die auf der Suche nach dem Mann fürs Leben sind. Womöglich ist dies ja der Grund, warum Sat.1 mit zwei neuen Serien zuletzt überhaupt kein Glück hatte: Mila, eine täglich ausgestrahlte Vorabendserie, wurde zum kleinen Schwestersender Sixx abgeschoben; Frauenherzen ist über die erste Folge, die in der Sat.1-Zielgruppe nur 6 % erreichte, gar nicht hinausgekommen.
Hat den Sender also die gerechte Strafe ereilt? Gerade in Mila wirkte das Frauenbild so altbacken wie sonst nur in den sogenannten Herzkino-Filmen sonntags im ZDF: Angeblich ist die Titelfigur (Susan Sideropoulos), Anfang dreißig und freiberufliche Mitarbeiterin eines Onlinemagazins, glücklicher Single, aber als ihre jüngere Schwester ihre Verlobung bekannt gibt, stellt sie fest, dass ihr Dasein ohne Kerl öd und leer ist. Also nimmt sie sich vor, bis zur Hochzeit den Mann fürs Leben zu finden. Konsequent reduziert das Autorenteam Mila fortan auf diese Suche nach der Liebe. Weil die Heldin ähnlich im Zentrum steht wie die Protagonistinnen von Telenovelas, fällt ihre Facettenarmut besonders auf. Was sie getrieben hat, bevor die Liebesleere alles andere dominierte, bleibt offen. Trotzdem lässt sich der miserable Zuschauerzuspruch auf die Serie nicht recht erklären, denn durch typische Kritikerkriterien wie „inhaltliche Oberflächlichkeit“ oder „eindimensionales Frauenbild“ lassen sich die Zielgruppen solcher Formate normalerweise nicht irritieren.
Die Serie Frauenherzen ist ganz ähnlich konzipiert wie Mila, wenn auch auf anderem Niveau. Der gleichnamige Sat.1-Film war im vergangenen Jahr ein zwar nicht herausragendes, aber sehenswertes romantisches Drama über die Einsamkeit von Großstädterinnen. Die vier Protagonistinnen stehen für unterschiedliche Stimmungen, aber selbst der eher komische Handlungsstrang mit der dicken Friseurin Mandy (Christina Petersen) birgt dramatisches Potenzial: Sie hat zunächst keine Ahnung, dass es sich bei dem Chatpartner, den sie als Seelenverwandten betrachtet, um ihren neuen Chef handelt, den sie nicht ausstehen kann. Auch die anderen Geschichten sind nicht lustig: Britta (Muriel Baumeister) schlägt sich mit zwei Kindern durchs Leben. Modelagentin Fe (Nadeshda Brennicke) ist schwanger, aber hin und her gerissen zwischen dem Kinderwunsch und der Überzeugung, dass sich ein Baby nicht mit ihrer Arbeit vereinbaren lasse. Am interessantesten ist die Erzählebene mit Café-Besitzerin Frieda (Julia Hartmann), deren Einsamkeit durch die wechselnden Männerbekanntschaften im Film noch betont wurde.
Mit Ausnahme von Britta, die einfach nur einen Job braucht, gehen die Frauen immerhin Berufen nach, die sie auch ausfüllen. Trotzdem wird Mandy ähnlich wie Mila auf die Suche nach der großen Liebe reduziert, womit die Autoren dem Filmklischee gehorchen, dass korpulente Frauen besonders romantisch veranlagt sind. Fe hat immerhin Karriere gemacht, aber sie ist dank ihrer dominanten Natur keine Figur, die zur Identifikation einlädt. Auch das passt ins Bild: Frauen, die beruflichen Erfolg haben, sind im Fernsehen selten Sympathieträgerinnen. Milas Chefredakteurin ist in dieser Hinsicht repräsentativ: ein herber, unsympathischer Typ, extrem schlank, ehrgeizig und ohne jede soziale Kompetenz. Unterm Strich entsprechen daher beide Serien den traditionellen Rollenmodellen, die in Fernsehfilmen und Serien vorherrschen: Männer haben Arbeit, Frauen suchen die Liebe. Dass man als Single ein beruflich erfülltes Leben führen kann, ist ihnen im Fernsehen verwehrt.