Medienpolitik kompakt: Juli / August 2019

Medienpolitik Europa

Digitalsteuer
USA und Frankreich verständigen sich auf einen Kompromiss. Im Juli hatte Frankreich im Alleingang eine Digitalsteuer für große internationale IT-Unternehmen wie Google, Amazon, Facebook oder Apple beschlossen und damit den Ankündigungen von US-Handelsrestriktionen getrotzt. Beim G7-Gipfel sollen sich die beiden Staaten jetzt auf einen Ausgleich geeinigt haben. Frankreich hat zugesichert, dass die französische Digitalsteuer nach Findung einer internationalen Lösung wieder abgeschafft werde, die US-amerikanischen Intermediäre würden ihre bis dahin geleistete 3%-Steuer teilweise zurückerstattet bekommen. Bis Ende 2020, so das Bestreben der G7-Staaten, soll es eine Verständigung auf ein internationales Steuersystem geben.

vau.net: Digitalsteuer soll international weiter verhandelt werden
spiegel.de: Trotz drohender US-Strafzölle. Frankreichs Parlament besiegelt Digitalsteuer

Like-Button
Der Europäische Gerichtshof urteilt: Wer als Websitebetreiber den allseits bekannten „Facebook-Daumen“ in seine Webseite einbindet, trägt für das Erheben und Übermitteln der Daten an Facebook eine Mitverantwortung und muss seine Nutzerinnen und Nutzer darüber – vor dem Klick auf den Daumen – in Kenntnis setzen.

spiegel.de: Websites mit Like-Button tragen Mitverantwortung

Überparteilichkeit
Verstoß gegen das Gebot der Überparteilichkeit, so lautet der Vorwurf der britischen Medienaufsicht Ofcom gegenüber dem russischen Fernsehsender Russia Today. Moniert wird dessen Berichterstattung über den Giftanschlag auf Sergej Skripal. Die verhängte Geldstrafe beläuft sich auf 200.000 Pfund.

zeit.de: Britische Medienaufsicht verhängt Geldstrafe gegen Fernsehsender Russia Today (Quelle inaktiv)

„Europa-Cloud?“
Kommt die „Europa-Cloud“? Die wenigsten Daten liegen auf deutschen Servern, in der Folge können europäische Unternehmen zunehmend in die Abhängigkeit von US-Clouddienstleistern geraten. Bundesinnen- und Bundeswirtschaftsministerium schlagen zur Erlangung der Datensouveränität nun eine „Europa-Cloud“ vor. Offen bleibt, wie die aussehen soll …

netzpolitik.org: „Europa-Cloud“: Bundesregierung sorgt sich um deutsche Daten im Ausland, Lennart Mühlenmeier, Ingo Dachwitz

TikTok
Das soziale Netzwerk TikTok im Visier der britischen Datenschutzbehörde. Es geht um die Einhaltung daten- aber auch jugendmedienschutzrechtlicher Regeln. Besonders kritisch beäugt die Kommission die fehlende Beschränkung der Messaging-Funktionen.

3n.de: Britische Behörden nehmen das soziale Netzwerk Tiktok unter die Lupe, Tobias Weidemann

Europäischer Gerichtshof urteilt:
EU-Staaten dürfen TV-Sender, die Hassbotschaften verbreiten, ins Bezahlfernsehen verbannen. So habe die litauische Fernsehkommission 2016 zu Recht entschieden, den Kanal NTV Mir Lithuania für zwölf Monate nur noch im Pay-TV zuzulassen.

rp-online.de: EuGH-Urteil: Regierungen dürfen TV-Sender beschränken, wenn sie Hassbotschaften senden

© FSF
© FSF

Medienpolitik Bund

Hass im Netz
Die FDP fordert eine bessere Klagemöglichkeit für Betroffene. Um gegen Hetzerinnen und Hetzer klagen zu können, muss man deren Namen erfahren. Dafür soll ein neuer Auskunftsanspruch entstehen. Ein Richter würde dann entscheiden, ob Twitter und Co. die entsprechenden Daten herausgeben müssen.

faz.net: Rechtsansprüche stärken: FDP will Klagen gegen Hass im Netz erleichtern, Hendrik Wieduwilt

Digitalpolitik
Digitalpolitik der Bundesregierung – der IT-Branchenverband Bitkom zieht Halbjahresbilanz. Einige der im Koalitionsvertrag verankerten Vorhaben seien angestoßen worden, jedoch zeigten diese in der Praxis bislang wenig Wirkung. Genannt werden bspw. der Digitalpakt Schule, die Versteigerung der 5G-Lizenzen und die Verabschiedung einer nationalen Strategie zur KI.

t3n.de: Analyse. Digitalisierung: Das hat die Bundesregierung geschafft – und das alles fehlt noch, Tobias Weidemann


Medienpolitik Länder

JusProg
Entscheidung im Eilverfahren: VG Berlin bestätigt die Bewertung der FSM zur Eignung des Programms JusProg als Jugendschutzprogramm. Die KJM hatte im Mai dieses Jahres die Beurteilung durch die FSM für unwirksam erklärt. Gegen den Bescheid der KJM/MABB hatte die Selbstkontrolle Klage erhoben.

fsm.de: Anerkennung von Jugendschutzprogrammen. Verwaltungsgericht Berlin bestätigt FSM-Bewertung von JusProg

Zukunft der Öffentlich-Rechtlichen
Wie können die Öffentlich-Rechtlichen entsprechend den neuen Herausforderungen der digitalen Welt reformiert werden, Meinungsvielfalt fördern? Eine Position von Malu Dreyer, Vorsitzende der Rundfunkkommision der Länder.

tagesspiegel.de: Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Unabhängigkeit braucht Solidarität, Position von Malu Dreyer

Macht der Influencer
Nicht nur Lehrer, sondern auch Eltern und die Medienanstalten unterschätzen die Macht der Influencer. Dies ergab eine von der Otto Brenner Stiftung in Auftrag gegebene Untersuchung zu den führenden deutschen YouTube-Kanälen. Resümee: Die Medienanstalten als Kontrollinstanz seien viel zu nachlässig und fällten eher Entscheidungen zum Vorteil der Videoproduzenten oder der werbetreibenden Wirtschaft.

tagesspiegel.de: Die Medienanstalten gehen zu lax mit Influencern und deren Youtube-Kanälen um, wie eine Studie der Otto Brenner Stiftung ergibt, Marlis Prinzing

Vollbildwerbung wohl unproblematisch
Bremische Landesmedienaufsicht bewertet Vollbildwerbung für Joyn als zulässige Eigenwerbung. Das Joyn-Logo, das im laufenden Programm für einige Sekunden eine große Fläche des Bildes einnimmt, sei als legitimer Hinweis auf das eigene Onlineangebot des Senders ProSiebenSat.1 zu werten.

dwdl.de: XXL-Hinweise mitten im Bild. Vollbild-Werbung für Joyn ist wohl unproblematisch, Alexander Krei

Medienstaatsvertrag
Vom 03.07.2019 bis zum 09.08.2019 konnten Unternehmen, Verbände und Bürgerinnen und Bürger im Rahmen einer zweiten Anhörung zu dem überarbeiteten Entwurf des Medienstaatsvertrag Stellung nehmen. Die neuen Regelungen des Medienstaatsvertrags beziehen sich u.a. auf Transparenzvorgaben für Intermediäre sowie auf die zeitgemäße Anpassung des Rundfunkbegriffs. Raab, Medienstaatssekretärin, erklärt, dass noch in diesem Jahr über den fertigen Staatsvertrag entschieden werden soll.

rlp.de: Heike Raab: Wir wollen noch in diesem Jahr über den fertigen Medienstaatsvertrag entscheiden

Influencer-Gesetz
Notwendigkeit eines Influencer-Gesetzes? Die klassischen Instrumente des Wettbewerbs- und Medienrechts seien ausreichend, so Zimmer, Direktorin der MABB. Angedacht werden könnten jedoch Ausnahmeregeln für kleine und junge Unternehmen.

welt.de: Brauchen wir ein neues Influencer-Gesetz?, Peter Kenning, Anja Zimmer

MABB:
Keine Schleichwerbung für Nestlé. Die Entscheidung bezieht sich auf das Anfang Juni vielfach in den Medien gescholtene Video mit Agrarministerin Klöckner und dem Nestlé-Vertreter Boersch. Allerdings sprechen sich die Landesmedienanstalten für einen Leitlinienkatalog aus, der die Grenzen zulässiger Öffentlichkeitsarbeit des Staates skizzieren solle.

tagesspiegel.de: Medienanstalt spricht Klöckner vom Vorwurf der Schleichwerbung frei, Heike Jahberg

 

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Über Anke Soergel

Studierte Rechtswissenschaften an der Universität zu Köln. Im Rahmen ihres Referendariats arbeitete sie u.a. bei der Verwertungsgesellschaft VG Bild-Kunst sowie bei der Produktionsfirma Zieglerfilm Köln GmbH. Als Volljuristin nahm sie 2008 ihre Tätigkeit als Referentin für Jugendschutzrecht bei der FSF auf. Sie betreut u.a. den Rechtsreport in der tv diskurs.