Seit jetzt bestimmt schon fünf Jahren versuche ich, meine Oma davon zu überzeugen, dass ein Smartphone oder zumindest ein Computer für sie genau das richtige wäre. Sie könnte vielleicht zehnmal so viele Rezepte finden wie im TV-Nachmittagsprogramm. Sie könnte einige ihrer Besorgungen einfach online erledigen oder – der wohl wichtigste Punkt meiner Argumentation – wir könnten häufiger miteinander kontakten. Ihre Antwort darauf lautet, wie wahrscheinlich bei einem Großteil ihrer Generation: „Auf gar keinen Fall, ich bin dafür zu alt. Dieses Internet ist mir viel zu gefährlich, das kommt doch auch immer im Fernsehen!“
Ja – damit hat meine Oma wohl nicht ganz unrecht. Seit dem Web 2.0 und der damit einhergehenden Zunahme an Nutzungsmöglichkeiten des Internets stehen immer wieder Skandale, z.B. Missbrauch privater Daten, im Mittelpunkt der Berichterstattung. Einige soziale Netzwerke versuchen, ihren Nutzern durch neue Features und Updates die Sicherheit der Nutzerdaten zu garantieren. Aber ist eine völlige Sicherheit der eigenen Daten im öffentlichen Netz überhaupt möglich?
Das Unterrichtsmaterial Medien in die Schule – Jugend und Internet stellt Lösungsansätze vor, wie ein sensibler Umgang mit den eigenen Daten machbar ist. Dafür werden einige der unzähligen Nutzungsmöglichkeiten des Internets in drei übergreifende Bereiche unterteilt.
Zum einen geht es um den individuellen Zugang zu Informationen, wie über Wikipedia und Co. Zum anderen wird die Nutzung von Unterhaltungsformaten oder Onlinespielen betrachtet, die einen Großteil der Freizeit einnehmen können. Der beliebteste Bereich umfasst die orts- und zeitunabhängige Kommunikation mit Freunden, Familien und Bekannten über Social Media.
Die Erwachsenengeneration verbindet mit dem Internet häufig noch eine berufliche Ebene. Doch Jugendliche sind mit der Welt des Internets aufgewachsen. Sowohl in der Schule als auch in der Freizeit nehmen Anwendungen wie What’s App, Wikipedia oder Spiele einen großen Stellenwert ein. Deshalb ist es für Schülerinnen und Schüler umso wichtiger, einen bewussten Umgang mit Onlinemedien zu erlernen.
Das Unterrichtsmaterial beschäftigt sich vor allem mit der Frage, wie Jugendliche einen Überblick über das eigene Verhalten im Internet behalten können. Das Thema ist dabei in drei Module untergliedert, die in der Bearbeitung zu einer besseren Selbstreflektion führen sollen. Alle Module sind in der Anwendung praktisch durchzogen.
Im Modul Persönliche Daten soll der Umgang mit den eigenen veröffentlichten Daten im Internet thematisiert werden. Zwar hören Jugendliche häufig genug Warnhinweise von Eltern und Lehrern, dass mit privaten Daten vorsichtig umgegangen werden soll. In diesem Modul wird jedoch ganz konkret zu allen Daten geforscht, die man so Tag für Tag in die Welt posaunt. Der Vergleich mit anderen Schülern kann dann vielleicht auch helfen, auf Kleinigkeiten diesbezüglich zu achten. Ziel ist es, einen individuellen Leitfaden zum Umgang mit den eigenen persönlichen Daten zu erstellen.
Modul zwei beschäftigt sich mit der Kommunikation im Netz – der Schwerpunkt liegt auf der Reflexion des eigenen Nutzungsverhaltens. Vor allem soll in diesem Modul auf die Risiken von Online-Kommunikation hingewiesen werden und das Erlernen von Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt werden.
Das dritte Modul thematisiert die Informationsbeschaffung, insbesondere mit Suchmaschinen oder Oberflächen wie Wikis. Wie auch für mich früher, so heißt es für eine Vielzahl von Jugendlichen ganz einfach: „Wenn das so bei Wikipedia zu finden ist, muss es wohl stimmen.“ Da jeder x-beliebige Freizeit-Wissenschaftler die Inhalte von Wikipedia verändern darf, ist zwingend ein Gegencheck der vorgefundenen Informationen nötig. Deshalb steht hier das Erlernen des grundlegenden Mechanismus von Wikis im Vordergrund und, wie alternative Rechercheangebote gefunden und eingeschätzt werden können (bpsw. Glaubwürdigkeit, fehlende Neutralität).
Wenn Kinder und Jugendliche sich im Netz austoben, hängt dies häufig damit zusammen, dass sie hier ihre Persönlichkeit offen ausleben möchten, was auch zur eigenen Identitätsbildung beiträgt. Sie möchten so „real“, so echt wie möglich im Internet erscheinen. Dafür werden häufig der richtige Name, aktuelle Bilder oder die aktuelle Schule, der Minijob und der Wohnort angegeben. Als Vorteil gilt: Je präziser man die eigenen persönlichen Informationen preisgibt, desto leichter wird man von Freunden und Schulkameraden gefunden und findet selbst diejenigen schneller, mit denen man z.B. in der Theater-AG ist oder die die gleiche Tanzgruppe besuchen.
Im Gegensatz vielleicht zu vielen jüngeren Jugendlichen setzen sich ältere Schüler oder Heranwachsende schon mehr mit dem Thema Sicherheit im Netz auseinander. Ich persönlich habe in den letzten Jahren häufig festgestellt, dass immer mehr meiner Freunde sich von sozialen Netzwerken abmelden oder einfach die App auf ihrem Handy löschen. Nach kurzer Zeit sind einige aber wieder eingeknickt, meistens mit dem Argument, sie bekämen zu wenig von ihrer Umwelt mit. Eine Zwickmühle: Gibt man zu wenig von sich im Internet preis, scheint man auf einmal wie abgeschottet. Mit zunehmender Offenheit setzt man sich der Gefahr des Datenmissbrauchs aus. Den einzig richtigen Weg zu finden, ist nicht nur für Schüler, sondern auch für Erwachsene schwierig.
Ganz aufgeben werde ich aber nicht mit meiner Oma. Denn angesichts der zunehmenden Verlagerung von Serviceangeboten, Kontoverwaltung und Behördengängen ins Internet, stellt sich auch die gesellschaftliche Aufgabe, älteren Menschen eine Teilhabe zu ermöglichen. Meine Oma wäre sicher begeistert, würde sie sich nur einmal in die Materie einfuchsen.
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Weitere Informationen zum Gemeinschaftsprojekt von FSF, FSM, Google, DsiN, Telefonica und der Auerbach Stiftung Medien in die Schule gibt es hier.