Was bleibt?

Es ist der 14. Oktober und plötzlich verändert sich die Welt.

Eine total gestresste Mutter ist mit ihrem Baby unterwegs, versucht Wäsche im Waschsalon zu waschen, gleichzeitig zu telefonieren, während die ganze Zeit ihr Baby schreit. Sie telefoniert immer noch, nun im Auto sitzend, das Baby schreit – plötzlich … Ruhe.

Untermalt wird diese Introszene mit sanften, melodischen Klavierklängen, die mich ein wenig an die Filmmusik zu Die fabelhafte Welt der Amélie (Musik: Jann Tiersen) erinnern, obgleich sie verständlicherweise nicht ähnlich euphorisch inszeniert sind. Panik, Verzweiflung und Dramatik machen sich breit – jedoch nur im Bild, die Tonebene schenkt uns noch immer diese wundervolle Klaviermusik.
So gestaltet sich die Einführungsszene der neuen US-amerikanischen Mysteryserie The Leftovers. Titelgebend geht es in der Serie um die Verbliebenen, um die auf der Erde Zurückgelassenen, die nicht einer der ca. 140 Millionen von einem auf den anderen Moment verschwundenen Menschen sind. Wie nun weiterleben, wie den Verlust verkraften, wie verarbeiten, was sich logisch nicht erklären lässt? Einen Alltag gibt es trotzdem – nun drei Jahre nach der Katastrophe, aber der hat sich bei jedem einzelnen Hinterbliebenen stark verändert. Die Serie zeigt den Weg einiger der Verlassenen auf und erzählt deren Geschichte.

The Leftovers basiert auf dem gleichnamigen Roman von Tom Perrotta aus dem Jahre 2011. Die Dramaserie spielt in ihren Episoden von Beginn an mit einem Geheimnis, nämlich wie, wohin und warum diese Vielzahl der Menschen spurlos verschwand. Das macht das Konzept der Serie aus. Ob es früher oder später gelüftet wird – bisher wurde dies verneint. Maren Keller bringt es im SPIEGEL auf den Punkt: „Doch das ist das eigentliche Wunder dieses Romans: Was seine größte Schwäche hätte sein können, ist tatsächlich seine größte Stärke. Denn genauso wie die Zurückgebliebenen lernen müssen, das Unerklärliche als solches hinzunehmen, geht es auch dem Leser.“ Dies tut der Spannung also keinen Abbruch.

Die erste Staffel umfasst zehn Teile, die zweite Staffel wurde schon in Auftrag gegeben, obwohl die Zuschauerzahlen eher solide waren. Zur Premiere der ersten Folge in den USA am 29. Juni 2014 interessierten sich lediglich 1,8 Millionen Zuschauer für die geheimnisumwobene Geschichte, durchschnittlich erreichte die gesamte Staffel ca. 1,6 Millionen Fans.

Die Auswahl der Musik mutet an manchen Stellen etwas befremdlich an, da sie den Bildern oft diametral gegenübersteht. Dies schätze ich jedoch als gewollten Effekt ein. Die oben erwähnte klassische Musik stammt von Max Richter, sonst ermunterten mich auch Titel aus den Fifties bis Seventies. Dennoch – dies ist allerdings meine ganz subjektive Meinung – ist der Soundtrack absolut empfehlenswert.

Eingefleischte Serienfans aller Genres treffen hier einige bekannte Gesichter. So zum Beispiel Richterin Amy Gray aus Für alle Fälle Amy, Amy Brennemann, eventuell auch bekannt als Dr. Violet Turner aus Private Practice. Amy Brennemann spielt das Sektenmitglied Laurie Garvey. Oder die „Porter-Zwillinge“ Max und Charlie Carver aus Desperate Housewives hier als Adam und Scott Frost.

Ebenfalls bekannt sein dürfte Liv Taylor (Armageddon – Das jüngste Gericht, Der Herr der Ringe) als Meg Abbott. Weitere Hauptdarsteller sind Justin Theroux (American Psycho, Mulholand Drive) als Kevin Garvey und Chris Zylka als Kevins Sohn Tom Garvey.

Auch ohne Nennung meines Namens unter dem Text hätte man an der Auswahl der genannten Film- und Serientitel  sicherlich erahnen können, dass es sich bei dem Schreiberling um eine Autorin handelt.

Die von Damon Lindelof (Lost) produzierte HBO-Serie kann von Pay-TV-Nutzern entweder im englischen Original oder in der deutschen Synchronfassung auf Sky Atlantic HD angeschaut werden. The Leftovers startet heute, am 24. Oktober 2014, um 22.00 Uhr mit einer Doppelfolge, die zweite Episode beginnt um 23.15 Uhr. Weitere Episoden werden ab 31. Oktober wöchentlich am Freitag zur gleichen Zeit (22.00 Uhr) ausgestrahlt.

Bei der Sichtung der ersten drei Episoden der Serie wurde im FSF-Prüfausschuss über mögliche Wirkungen durch gezeigte Gewalt und eine damit eventuell einhergehende Ängstigung diskutiert. Die Gewalthandlungen sind kurz inszeniert und dramaturgisch eingebettet und sie werden nicht befürwortet oder verharmlost. Ab 12-Jährige besitzen die nötige Medienkompetenz, die gezeigten Gewaltszenen klar dem alltags- und realitätsfernen Science-Fictiongenre zuzuordnen und ohne Entwicklungsbeeinträchtigung zu verkraften. The Leftovers wurde für eine Ausstrahlung im Hauptabendprogrammm (20.00 – 22.00 Uhr), für Zuschauer ab 12 Jahren freigegeben.

Zur ausführlichen ProgrammInfo auf der FSF-Website geht es hier.

Bitte beachten Sie: Bei den Altersfreigaben handelt es sich nicht um pädagogische Empfehlungen, sondern um die Angabe der Altersstufe, für die ein Programm nach Einschätzung der Prüferinnen und Prüfer keine entwicklungsbeeinträchtigenden Wirkungsrisiken mehr bedeutet.

Mehr Informationen zur Programmprüfung erhalten Sie auf unserer Website. Dort veröffentlichen wir jede Woche neue ProgrammInfos zum aktuellen Fernsehprogramm. Auch diese Auswahl stellt keine Empfehlung dar, sondern zeigt einen Querschnitt der Programme, die den Prüfausschüssen der FSF von den Mitgliedssendern vorgelegt werden.

Über Sandra Marquardt

Sandra Marquardt hat 2010 ihr Magisterstudium in Filmwissenschaft und Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der FU Berlin abgeschlossen. Seit 2011 arbeitet sie als Onlineredakteurin bei der FSF. Dort betreut sie u.a. zum einen den Onlineauftritt der FSF-Website, ist zum anderen für den fsf blog inklusive der Bildredaktion verantwortlich und festes Teammitglied der Newsletterredaktion. Als Praktikumsbeauftragte ist ihr die Betreuung der Praktikantinnen und Praktikanten eine Herzensangelegenheit.