Ende der Spielzeit. Teil 2 – Unterirdisches, Blutrünstiges und Komisches

Eine Serie, die sich immer schon schwer einordnen lässt, ist The Good Wife, die mit einem Knall in die inzwischen sechste Staffel ging. Obacht! Spoiler voran. Denn die Handlung entledigt sich einer ihrer zentralen Männerfiguren: Will Gardner (Josh Charles). Die Figur des Will ist jedoch Teil des Liebesdreiecks zwischen ihm, Alicia (Julianna Margulies) und ihrem Irgendwie-Ehemann (Chris Noth). Eine der Konstellationen, die die Show auf der persönlichen Ebene mit am Laufen hält. Die Tragödie seines Abgangs entpuppt sich jedoch als Geniestreich. Denn vor allem einige weibliche Figuren treten plötzlich aus Wills Schatten hervor. Mit ihm aus der Gleichung muss sich Alicia ihrer Beziehung zu ihrem Mann ohne Ausflüchte (fantastische oder reale) stellen. Diane muss sich als alleinige Anführerin der Kanzlei behaupten und sie und Calinda (Archie Panjabi) entwickeln sich zu einem regelrechten Power-Duo. Zudem bekam die Serie auch gleich brillanten Zuwachs in Form von Staatsanwalt Finn Polmer, gespielt vom Britten Matthew Goode. Abgesehen von den menschlichen Dramen nimmt sich The Good Wife aber auch nach wie vor der brisanten Themen unserer Zeit an. Die letzte Staffel etwa ist nicht die erste, die von der NSA-Affäre durchzogen ist. Vor allem die Szenen in den Büros der NSA-Mitarbeiter, bevölkert von jungen Nerds, die das Leben der von ihnen überwachten Subjekte wie ihre persönlichen Seifenopern betrachten, lassen einem wirklich die Nackenhaare zu Berge stehen. Die Serie schafft nun schon seit Jahren ein wirklich beachtliches Niveau zu halten – inhaltlich, dramaturgisch und schauspielerisch.

Niveaulose Propaganda und James Spader auf verlorenem Posten

Eine Serie, die von Anfang an gar kein Niveau hat und obendrein Kontroversen mit einem Plattitüdenwisch vom Tisch fegt, ist Intelligence. Schnell wurde klar, dass die Grundidee der Macher über „Ich weiß! Lasst uns das Gehirn eines Soldaten ans Internet anschließen!“ nicht hinaus ging. Die Serie ist langweilig, konventionell und die Idee mit dem Chip im Kopf führt nicht zu den Fragestellungen, zu denen sie hätte führen müssen. Die Snowden-Affäre wird gleich in der dritten Folge abgefeiert, damit man sich nicht mit solch ethisch schwierigen Überflüssigkeiten rumschlagen muss. Schlüsseldialog?  Agent zu Whistleblower: „Why did you do it?“ W: „I wanted to protect my country … 9/11 … [But] the things we’re doing are violating the very things we’re protecting.“ A: ”So you think putting your country at risk is the answer? You were one of the good guys!“ W: “You gonna tell me I could ‘ve done more good on the inside than on the outside?” A: “No, I said you WERE one of the good guys.“ Zack! Diskussion abgeschlossen. Über diese propagandistische Oberflächlichkeit hilft auch der gestählte Oberkörper von Josh Holloway nicht hinweg. Ein weiterer Fehlschlag ist The Blacklist. Darin spielt James Spader einen gesuchten ehemaligen Geheimagenten, der plötzlich mit einer Racheliste auftaucht und sich stellt. Gut, dass sich diese Liste mit diversen Zielpersonen des FBI deckt, weswegen er in einem Luxushotel und nicht in einer Zelle landet. Wenn James Spader nicht von lauter drittklassigen Schauspielern in klischeehaften Rollen mit unerträglichen Dialogen umgeben wäre, dann hätte es ein Genuss werden können, ihm zuzusehen. Leider ist das dem Zuschauer nicht vergönnt. Aus irgendwelchen Gründen wird es trotzdem eine zweite Staffel geben. Im Gegensatz zu Intelligence, das dasselbe Schicksal wie den Rohrkrepierer Dracula ereilte. Doch darüber habe ich mich bereits ausführlich an anderer Stelle ausgelassen.

Ästhetisches und unästhetisches Morden

Aufgegeben habe ich House of Cards. Schon die erste Staffel fühlte sich irgendwie nicht richtig an. Ja, große Namen mit Charisma, ja, düster, kalt und unerbittlich und ja, selbiges galt für die Hauptfigur. Und doch konnte ich keine wirkliche Begeisterung für Frank Underwoods (Kevin Spacey) Intrigen aufbringen. Wieso? Die Antwort kam in Form einer Kritik von Alan Sepinwall: Underwood hat keine Gegner und keine Ambivalenz. Im Grunde sieht man einfach nur einem Haufen auf die eine oder andere Weise kaputter und/oder durchtriebener Menschen dabei zu, wie sie andere zu ihrem Vorteil ins Verderben stürzen. Und nachdem in der ersten Folge der zweiten Staffel ein weiterer Gegner Underwoods auf wirklich platte Weise entsorgt wird, verließ mich die Lust, dem Mann weiter bei seinem Durchmarsch zuzusehen.

In der besseren Riege der magenumdrehenden und blutgefrierenden Spektakel gingen Game of Thrones in die vierte und Hannibal in die dritte Runde. Die psychologisch perfiden Spielchen zwischen Hannibal Lector (Mads Mikkelsen), Will Graham (Hugh Dancy) und Jack Crawford (Laurence Fishburne) erreichen in dieser Staffel ihren Höhepunkt. Für mich die bisher stärkste Staffel überhaupt, da das Duell zweier manipulativer Intellekte – Hannibal und Will – in den Vordergrund tritt und der Kampf um Wills Seele nun offen und zentral ausgetragen wird. Die Ästhetik der Serie ist ungebrochen beeindruckend und die Morde nach wie vor spektakulär alptraumhaft. Gleiches gilt mitunter auch für Game of Thrones, dass in seinem berühmt-berüchtigten Blutrausch jedoch weit weniger subtil und stilistisch ausgefeilt ist als in Hannibal. Doch beeindruckt die Serie mit ihrer glaubhaften Darstellung einer Fantasiewelt sowie der korrumpierenden Wirkung von Macht und des dadurch ausgelösten Kreislaufs aus Rache, Gewalt und Vertrauensverlust. Bevölkert ist diese Welt von vielschichtigen Charakteren, von denen einem sogar die Sympathieträger noch unheimlich sind. Außerdem ist die Serie ein ewiger Quell origineller dynamischer Duos und der Witz der dazugehörigen Dialoge ein echter Genuss. Ich hätte gern einen „Arya and the Hound“-Serienableger, ein „Bran und Tyrion“-Spin-Off und dann noch eins mit Jaime und Brienne. Bitte.

Lustige Cops und nervige Mädchen

Gegen die Düsternis hilft nur Comedy, wie etwa Brooklyn Nine-Nine. Die Serie dreht sich in bekannter Weise um einen Haufen bizarrer Charaktere, die hier ein Polizeirevier bevölkern. Sie verlässt jedoch szenisch diesen Raum und man sieht die Leute tatsächlich arbeiten. Wodurch sie nicht einfach wie eine Ansammlung inkompetenter Clowns daherkommen, sondern als Bande liebenswerter Cops mit denkwürdigen Macken, aus denen sich wirklich großartiger Humor ergibt. Nebenher werden mal ausnahmsweise ‚kleinere‘ Themen behandelt, wie Selbstlosigkeit, das Einstehen für andere, Erwachsenwerden, Umgang mit Autorität etc. Eine wahrhaft erholsame und unterhaltsame Abwechslung nach all den Desaster-Dramen. Ähnlich ging es mir mit Silicon Valley, einer wirklich überfälligen Parodie auf die Start-up-Szene. Allein in der ersten Folge sagt gefühlt ein Dutzend Mal jemand, dass er die Welt verbessern wird. Was zunächst etwas zu seicht daherkommt, entwickelt sich schnell zu einer verschärften Form von Big-Bang-Theory-Truppe, die auch Nerds beinhaltet, die nicht verschüchtert in die Gegend gucken. Von Google-artigen Unternehmenskulturen über Steve-Jobs-artige Tech-Gurus bis hin zur Start-up-Messe Disrupt wird hier alles auf die Schippe genommen, was diese Welt so zu bieten hat. Auf höchst amüsante Weise. Was ich allerdings weder komisch noch unterhaltsam fand, war die extrem gehypte Serie Girls. Vielleicht gehöre ich schlicht nicht zur Zielgruppe, aber einem Haufen selbstsüchtiger, unreifer, unentschlossener, rumkeifender und nie einen Konflikt austragenden Mittzwanziger dabei zuzusehen, wie sie im Grunde genommen nichts tun, ist wirklich nicht meine Vorstellung von gutem Fernsehen. Aber davon gibt es an anderer Stelle ja Gott sei Dank genug.

Und in zwei Tagen, am 03. Juli, folgt Ende der Spielzeit. Teil 3 – Britisches. Dranbleiben!

Über Katja Dallmann

Katja Dallmann hat ein Übersetzer-Diplom und einen Bachelor in Publizistik- und Kommunikationswissenschaft abgeschlossen. Sie ist freie Übersetzerin und Autorin, hat als Onlineredakteurin gearbeitet und verschiedentlich in Print und Online publiziert. Katja ist leidenschaftlicher Serienfan und bloggt sonst unter Serielle Schnittstelle.