444 Tage in Gefangenschaft

Wie rettet man am besten sechs amerikanische Geiseln in Teheran, die ohne heimliche Ausfuhr mit angrenzender Sicherheit dem Tode geweiht sind? Ben Affleck alias Tony Mendez findet im Politthriller Argo die scheinbar perfekte Lösung.
Wie es funktionieren kann, zeigt Sky Hits mit Argo. Das Drama wird u.a. am Sonntag, 10. August 2014, zur Primetime um 20.15 Uhr ausgestrahlt. (Weitere Ausstrahlungstermine auf Sky)

Wir befinden uns im Jahr 1979, geografisch im Nahen Osten und zwar im politisch unruhigen Iran. Infolge der Islamischen Revolution wird die Monarchie Irans beendet und Mohammad Reza Schah Pahlavider abgesetzt, der allerdings in die USA flieht. Die Weigerung der US-amerikanischen Jimmy-Carter-Regierung, den krebskranken Schah in die Unruhen der Islamischen Revolution auszuliefern, führt zur gewaltsamen Besetzung der US-amerikansichen Botschaft durch eine größere Meute kompromissloser Studenten. 52 Botschaftsmitarbeiter werden als Geiseln genommen, sechs weitere können allerdings flüchten. Was wird nun mit ihnen geschehen?

Die festgehaltenen Geiseln durchleben eine Zeit der Angst und Folter, z.B. müssen sie eine inszenierte Scheinerschießung über sich ergehen lassen. Die sechs Flüchtigen dürfen sich in der Kanadischen Botschaft verstecken, aber irgendwann werden die gewaltbereiten und anti-amerikanisch gesinnten Kämpfer die z.T. zerstörten Botschaftsunterlagen zusammengesetzt haben und dahinter kommen, dass einige Botschaftsmitarbeiter fehlen. Unter dem Deckmantel, einen Science-Fiction-Film namens Argo im Iran drehen zu wollen, gelingt Affleck alias CIA-Mitarbeiter Tony Mendez, der Eingang ins Perserreich. Allein rein, zu sechst raus – wie soll das funktionieren?

Diese dramaturgische Inszenierung der – aus der Geschichte bereits bekannten – erfolgreichen Rückführung der sechs „Ausreißer“ namens „Canadian Craper“ (CIA-Betitelung der Rettungsaktion) hat kein Geringerer als Hauptdarsteller Ben Affleck nicht gerade uninteressant oder unspannend, sogar streckenweise amüsant – als Regisseur – oscarreif hinbekommen. Argo wurde 2013 neben zahlreichen anderen Preisnominierungen sowohl in fünf Kategorien für den Golden Globe als auch in sieben Kategorien für den Oscar nominiert. Verliehen wurde dem Film ebenfalls neben zahlreichen weiteren Preisen jeweils ein Oscar in den Kategorien Bester Film, Bestes adaptiertes Drehbuch und Bester Schnitt und je einen Golden Globe erhielt der Film in den Ausprägungen Bester Film und Beste Regieleistung.
Die „besten Geschichten“ schreibt bekanntlich das Leben selbst, denn die Filmstory entsprang nicht Afflecks kreativem Einfallsreichtum, sondern beruht auf der wahren Begebenheit der sich 1979 ereigneten Geiselnahme, die letztlich nach 444 Tagen auch für alle anderen Geiseln unblutig endete. Affleck agierte auch als Producer und fand mit George Clooney und Grant Heslov kompetente Partner. Allerdings – das soll auch nicht verschwiegen werden, schließlich handelt es sich um einen Hollywoodfilm – erlaubten sich die Produzenten natürlich einige Differenzen in der filmischen Umsetzung in Bezug zur realen Vorlage.

Aus iranischer Sicht dagegen gibt es anstatt Begeisterung für diesen Film eher Verurteilung, sowohl für den Film als auch für die zahlreichen Preise, denn der amerikanisch produzierte Politthriller stelle die Ereignisse der Geschichte verzerrt dar. Grund genug, gegen die Produzenten zu klagen. Laut iranischen Medien soll eine französische Anwältin mit der Klagevorbereitung beauftragt worden sein (Stand der Berichterstattung: März 2013). Bis heute sind weitere Details noch nicht bekannt.

Die amerikanischen Kritiken waren voll des Lobes, die deutschen Besprechungen fielen zuweilen etwas verhaltener aus (Berliner Zeitung, Süddeutsche Zeitung). So stören sich die Rezensenten an einigen Ungenauigkeiten zwischen Wirklichkeit und Filmstory. Martin Schwickert hingegen bringt es im Tagesspiegel herrlich auf den Punkt: „So verbinden sich in Argo Komödie und Politthriller zu einem spannenden Kinofilm. Der Zynismus der Filmbranche und der Bierernst der politischen Akteure greifen dabei wirkungsvoll ineinander, zudem erscheint der Hollywoodbetrieb der siebziger Jahre wie mit einem Schleier der Nostalgie überzogen.“
Dem kann ich mich nur anschließen, und wollte ich eine 1:1 Dokumentation der wahren Ereignisse sehen, gucke ich mir eine Reportage und nicht einen amerikanischen Spielfilm an – denn dieser versucht zu allererst einmal immer zu unterhalten.

Die FSF prüfte den oscarprämierten Politthriller Argo und befand unter anderem, dass einige drastischere, aber relativ kurz gehaltene Gewaltbilder enthalten sind, die aber in den Schilderungen der chaotischen Verhältnisse im Iran untergehen, so dass sie kaum nachhaltig wirken. Realitätsnahe Szenen wie etwa Schüsse auf Menschen oder eine Scheinhinrichtung können Kindern allerdings als belastende Details im Gedächtnis bleiben, auch wenn die Zusammenhänge sich kaum erschließen. Diese Bilder müssen daher für die Ausstrahlung im Tagesprogramm entfernt werden.
Im Original darf der Film im Hauptabendprogramm (20.00 – 22.00 Uhr) gezeigt werden, eine senderseitig beabeitete Fassung erhält die Freigabe ab 12 Jahren verbunden mit einer Ausstrahlung im Tagesprogramm. Zur ausführlichen ProgrammInfo auf der FSF-Website geht es hier.

Bitte beachten Sie: Bei den Altersfreigaben handelt es sich nicht um pädagogische Empfehlungen, sondern um die Angabe der Altersstufe, für die ein Programm nach Einschätzung der Prüferinnen und Prüfer keine entwicklungsbeeinträchtigenden Wirkungsrisiken mehr bedeutet.

Für Anbieter, die ein Jugendschutzsignal vorschalten können (z.B. Sky, RTL Crime, Fox u.a.), gelten die üblichen Sendezeitbeschränkungen und Schnittauflagen nicht.

Mehr Informationen zur Programmprüfung erhalten Sie auf unserer Website. Dort veröffentlichen wir jede Woche neue ProgrammInfos zum aktuellen Fernsehprogramm. Auch diese Auswahl stellt keine Empfehlung dar, sondern zeigt einen Querschnitt der Programme, die den Prüfausschüssen der FSF von den Mitgliedssendern vorgelegt werden.

Über Sandra Marquardt

Sandra Marquardt hat 2010 ihr Magisterstudium in Filmwissenschaft und Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der FU Berlin abgeschlossen. Seit 2011 arbeitet sie als Onlineredakteurin bei der FSF. Dort betreut sie u.a. zum einen den Onlineauftritt der FSF-Website, ist zum anderen für den fsf blog inklusive der Bildredaktion verantwortlich und festes Teammitglied der Newsletterredaktion. Als Praktikumsbeauftragte ist ihr die Betreuung der Praktikantinnen und Praktikanten eine Herzensangelegenheit.