Schlieren von Blut, Schweiß und Schmerz

So war das alles nicht geplant! Vier Männer treffen auf 5000 Liter flüssiges Kokain. Und alles, was sie jetzt noch von ihren Zielen trennt, ist die Grenze zwischen Bolivien und Chile – und natürlich die Polizei, ein gegnerisches Kartell und möglicherweise ein nicht ganz ausgegorener Plan. Der unaufspürbare flüssige Stoff soll, in Weinflaschen abgefüllt, seinen Weg in europäische Drogenlabore finden und dort nach der Rückführung in die pulvrige Form Reichtum für die Familie Ferragut bedeuten. Doch, was nach einer geglückten Mission aussieht, endet im Inferno und hinterlässt Überlebende, deren Leben nie mehr so sein werden wie zuvor. Die Grenzüberquerung ist hier tatsächlich noch das geringste Übel, denn von nun an sind sie Prófugos – Auf der Flucht.

Wer genau sind diese Gruppe der Prófugos, diese Außenseiter, die die Gesellschaft in einen stählernen Schwitzkasten aus Gewalt nehmen? Vincente Ferragut (Néstor Cantillana) und Mario Moreno (Luis Gnecco) sind die Schmuggler, die es schaffen, den flüssigen Reichtum trotz leichter Schwierigkeiten über die Staatsgrenze zu bringen, um dann den Transport mit der Hilfe ihrer Komplizen Óscar Salamanca (Francisco Reyes) und Álvaro Parraguez (Benjamín Vicuña) fortzusetzen. Vielleicht war es der Zufall, der diese Menschen zusammengeführt hat, vielleicht Schicksal, so oder so, ihre Leben scheinen von nun an aneinander geknüpft, Fortunas Gnade wird über ihre Zukunft entscheiden müssen.

La Familia geht über alles, soviel haben diese Männer bereits in ihrer mehr oder minder erfolgreichen (Ganoven-)Karriere gelernt: Sei es nun der Sohn, der das Erbe seiner inhaftierten Mutter (Kika Ferragut – Kartelloberhaupt; Claudia Di Girólamo) antreten muss (Vincente); ein Ganove, der sein Ungeborenes und dessen Mutter schützen will (Mario); ein Alt-Revoluzzer, der durch einen letzten großen Coup die Chance auf ein glückliches Leben seiner Tochter erhöhen möchte (Salamanca) oder jener junge, höchst ambitionierte (und scheinbar frei von Skrupel) Undercover-Polizist (Álvaro). Und während einige in der Gruppe bereits ein doppeltes Spiel zu spielen scheinen, dass nicht immer ihre wahren Absichten offenbart, ist zu allem Übel neben dem Staat als Gegner auch noch das rivalisierende Kartell Aguilar involviert. Blut, Schweiß und Schmerz zeichnen ein Bild von grausamer Kriminalität.

Eine lateinamerikanische Serie, die von HBO im Jahr 2011 produziert wurde, ergänzt also ab diesem Herbst das Sortiment für Fans des Mafiagenres. Komplex und finster wird hier der fiktive Krieg um und gegen die Drogen beschrieben, der Teile der sehr realen Welt fest umklammert hält. Denn die Rolle Lateinamerikas wird auf dem internationalen Drogenmarkt nach wie vor von Kokain dominiert. Konsequenz dieses Leids sind unter anderem extrem hohe gesellschaftliche und politische Kosten, wobei die Gewalt und Korruption die lateinamerikanische Demokratie gefährden. Pablo Larraín erschafft als Regisseur eine fingierte Gesellschaft, die versucht jene Schwierigkeiten darzustellen.

Sky präsentiert mit der Serie Prófugos – Auf der Flucht am 14. September ab 21.00 Uhr erstmals eine chilenische Serie im deutschen Fernsehen und ebnet damit den Weg zur Vielfalt auf den Straßen des deutschen Fernsehmarktes.

Freigegeben ab …

Die Drogenmafia-Serie entwickelt Handlung und Figuren behutsam, enthält aber in jeder Folge einige drastischere Gewaltszenen wie sichtbare Kopfschüsse, Genickbrüche oder Bilder von Misshandlungen. Eine Aussage pro Gewalt, Kriminalität und Drogenhandel wird gerade nicht getroffen, weil die Gewalt eher abschreckend wirkt. Insofern sind die Bilder in ihrer Drastik notwendig, um beim Zuschauer eine kritische Distanz zu den brutalen Vorgängen zu erzeugen. Ab 12-Jährige sind hiermit allerdings überfordert, weil die Orientierung nicht hinreichend deutlich ist: Die Gewaltbilder sind durchaus eindringlich und könnten Jüngere ängstigen, die Gewalt geht auch von den Protagonisten aus und die Figuren unterscheiden sich hinsichtlich Gewaltbereitschaft und Brutalität nur graduell, so dass „Gut“ und „Böse“ nur schwer zu trennen sind. Aus diesen Gründen erscheint eine Freigabe erst ab 16 Jahren angemessen.

Zur ausführlichen ProgrammInfo auf der FSF-Website geht es hier.

Sky darf die Serie auch schon vor 22.00 Uhr ausstrahlen (Freigabe ab 16 Jahren), weil er als Pay-TV-Anbieter eine Jugendschutzsperre aktivieren kann, die von den Zuschauern mit der Eingabe einer Jugendschutz-PIN freigeschaltet werden muss. Somit gelten die üblichen Sendezeitbeschränkungen und Schnittauflagen nicht. Weitere Informationen zu Vorschriften und Anforderungen an digitale Vorsperren als Alternative zur Vergabe von Sendezeitbeschränkungen sind im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (§ 5 Abs. 3 Nr. 1; § 9 Abs. 2 JMStV) sowie in der Jugendschutzsatzung der Landesmedienanstalten (§ 2 bis § 5 JSS) zu finden.”

Bitte beachten Sie: Bei den Altersfreigaben handelt es sich nicht um pädagogische Empfehlungen, sondern um die Angabe der Altersstufe, für die ein Programm nach Einschätzung der Prüferinnen und Prüfer keine entwicklungsbeeinträchtigenden Wirkungsrisiken mehr bedeutet.

Mehr Informationen zur Programmprüfung erhalten Sie auf unserer Website. Dort veröffentlichen wir jede Woche neue ProgrammInfos zum aktuellen Fernsehprogramm. Auch diese Auswahl stellt keine Empfehlung dar, sondern zeigt einen Querschnitt der Programme, die den Prüfausschüssen der FSF von den Mitgliedssendern vorgelegt werden.

Über Tabea Dunemann

Tabea studierte Theaterwissenschaft und Ethnologie an der Universität Leipzig. Dank wohlgesonnener Professoren konnte sie außerdem viele andere Disziplinen erkunden und war u.a. lange Zeit für das Studierendenradio mephisto 97.6 tätig. In ihrer Freizeit textet Tabea Dunemann gern für den fsf blog und war auch als Redakteurin für die tv diskurs tätig.