Mysteriöses historisch verpackt – mit viel Liebe zum Detail

Der deutsche Fernsehmarkt wird immer bunter und vielfältiger: Seit 2017 mischt nun auch die Deutsche Telekom mit ihrem EntertainTV, ein „triple playout“-Unternehmen, kräftig mit. Auf Deutsch und Englisch, über Internet und zeitversetzt, lässt sich der „Content“ mittlerweile weitgehend problemlos – wo denn die technischen Voraussetzungen dafür stimmen – genießen. Am 10. Mai startet dort die auf sechs Episoden angelegte Serie Picnic at Hanging Rock  – eine Adaption des bereits 1975 entstandenen Films Picknick am Valentinstag von Peter Weir, nach einer Romanvorlage von Joan Lindsay –, die schon auf dem diesjährigen Serien-Special der BERLINALE Beachtung fand.

In Picnic at Hanging Rock führt die strenge Mrs. Appleyard (brillant gespielt von Game of Thrones-Star Natalie Dormer) ein Mädcheninternat im australischen Victoria.

Während eines Picknick-Ausflugs zum titelgebenden Felsmassiv am Valentinstag des Jahres 1900 verschwinden plötzlich drei Mädchen und eine Lehrerin. Die Rothschild-Erbin Irma Leopold kann nach gut einer Woche intensiver Suche unversehrt gefunden werden. Sie kann sich aber an nichts erinnern. Der Verbleib aller anderen bleibt im Dunkeln. Sind sie entführt worden? Oder einem Unglück zum Opfer gefallen? Oder spielen gar übersinnliche Kräfte eine Rolle (das Felsmassiv gilt als heilige Stätte der indigenen Bevölkerung, die von Geistern beschützt wird)? Nach und nach werden durch Rückblenden und Parallelhandlungen Motivlagen und Hintergründe fast sämtlicher Protagonisten deutlich, wobei auch das eine oder andere dunkle Geheimnis zutage tritt.

Regie und Kamera nehmen sich in dem Sechs-Stunden-Epos viel Zeit mit der Schilderung der damaligen gesellschaftlichen und persönlichen Lebensumstände. Viel Historie, aufwändige Kostüme und Requisite, ausgefeilte, geschliffene Dialoge (dank der digitalen Verbreitung auch in Englisch) und eine mysteriös-düstere Geschichte machen die Serie zu einem Fernseherlebnis, das an Downton Abbey in Kombination mit Pretty Little Liars erinnert, auch spielt – wie von David Hamilton persönlich eingeflochten – das Thema der aufkeimenden Sexualität eine gewisse Rolle, kein Wunder bei zwanzig Mädchen in der Früh- bis Spätpubertät.

Der FSF-Prüfausschuss konnte die Serie wie beantragt für das Hauptabendprogramm freigeben. Auch wenn Kinder und Jugendliche in den gleichaltrigen Protagonisten auch anschlussfähige Identifikationsfiguren entdecken können, überwiegt doch die historische Distanz, was sich in den überkommenen gesellschaftlichen Konventionen – einschließlich so manch‘ drakonischer Bestrafungsaktionen seitens der Internatsleitung – manifestiert. Eine latent bedrohliche Grundstimmung ist – angesichts des ungeklärten Verbleibs der jungen Frauen – durchweg vorhanden, aber nicht in jeder Episode sehr intensiv präsent, sodass einige Folgen auch weitergehend für das Tagesprogramm infrage kamen. Picnic at Hanging Rock ist ein märchenhaft bunter Bilderbogen aus einer vergangenen Zeit, der einen in den Bann ziehen kann.

EntertainTV Serien zeigt PICNIC AT HANGING ROCK exklusiv ab 10. Mai.

 

FSF: freigegeben ab … FSF ab 12 Jahren Hauptabendprogramm © FSF FSF ab 12 Jahren Tagesprogramm © FSF

In epischer Breite wird die vielschichtige und verwobene Geschichte mittels Parallelhandlungen und Rückblenden erzählt. Die latent bedrohliche Grundstimmung sowie einige wenige Einzelszenen, die kurz erschrecken könnten, sprechen bei einigen vorgelegten Episoden gegen eine Freigabe für das Tagesprogramm – bei dem das Wohl jüngerer Kinder im Vordergrund steht. Die Freigabe für das Hauptabendprogramm konnte hingegen problemlos erfolgen, da auf eine übermäßig drastische Gestaltung verzichtet wird. Die musikalische Untermalung wirkt getragen und selten bedrohlich, und innerhalb der langsamen Erzählweise überwiegen Dialoge. Die ausreichend gebotenen Distanzierungsmöglichkeiten werden durch die klar zu erkennende Historizität und damit Fiktionalität der Serie ergänzt. Nachhaltig ängstigende Bilder und beeinträchtigende Inhalte für die Altersgruppe ab 12 Jahren werden nicht geboten.

Zur dieser und weiteren ProgrammInfos auf der FSF-Website geht es hier.

Bitte beachten Sie: Bei den Altersfreigaben handelt es sich nicht um pädagogische Empfehlungen, sondern um die Angabe der Altersstufe, für die ein Programm nach Einschätzung der Prüferinnen und Prüfer keine entwicklungsbeeinträchtigenden Wirkungsrisiken mehr bedeutet.

Mehr Informationen zur Programmprüfung erhalten Sie auf unserer Website. Dort veröffentlichen wir jede Woche neue ProgrammInfos zum aktuellen Fernsehpramm. Auch diese Auswahl stellt keine Empfehlung dar, sondern zeigt einen Querschnitt der Programme, die den Prüfausschüssen der FSF von den Mitgliedssendern und externen Antragstellern vorgelegt werden.

Über Nils Brinkmann

Nils Brinkmann studierte Publizistik, Kunstgeschichte und Soziologie (M.A.). In der Zeit von 1991 bis 2011 war er Prüfer bei der FSK. Seit vielen Jahren prüft Nils Brinkmann als hauptamtlicher Prüfer bei der FSF, ebenso prüft er im Beschwerde- und Gutachterausschuss der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia (FSM).