Tin Star: Ein gefallener Stern in der kanadischen Einöde

Tim Roth ist zurück – der Darsteller aus Filmen wie Pulp Fiction und The Hateful 8 – kämpft in der neuen Dramaserie Tin Star für Gerechtigkeit und holt sich damit den Teufel ins Haus. Die ersten Minuten der britischen Sky-Eigenproduktion Tin Star beginnen mit einem Paukenschlag: dem Protagonisten wird einer der wichtigsten Menschen seines Lebens genommen. Es gibt Blut und zerplatzte Träume. Doch wer Opfer des maskierten Mörders wurde, erfährt der Zuschauer noch nicht, denn die Serie springt ein Jahr in die Vergangenheit.

Polizeichef Jim Worth (Tim Roth) ist gerade mit seiner Familie aus London in die idyllische Kleinstadt Little Big Bear in den kanadischen Rocky Mountains gezogen. Viel zu tun hat er nicht und ihm wird direkt am ersten Tag von seinen Egoshooter spielenden Kollegen ans Herz gelegt,  einfach angeln zu gehen. Doch schon bald weicht die anfängliche Idylle dem organisierten Verbrechen, als die Firma North Stream Oil eine Raffinerie in der Nähe errichtet und damit Korruption, Drogen und Prostitution in die Kleinstadt ziehen. Dabei gerät nicht nur der von Gerechtigkeit getriebene Jim ins Visier der Verbrecher, sondern auch seine Ehefrau Angela (Genevieve O’Reilly), seine Teenager-Tochter Anna (Abigail Lawrie) und sein fünfjähriger Sohn Petey. Die Tragödie lässt nicht lange auf sich warten, als Jim ein Geheimnis ausgräbt und in seinem Bemühen für Recht und Ordnung zu sorgen, die Aufmerksamkeit von Kriminellen auf sich zieht.

Inszeniert als moderne Westernstory gibt die erste Folge den Startschuss für Jims Rachefeldzug, der sein Leben fortan bestimmen wird. Schauspielerisch zieht Tim Roth alle Register und überzeugt in seiner Rolle als Cop und Familienvater mit Alkoholkrankheit, Trauma und gespaltener Persönlichkeit. Denn es dauert nicht lange und die Ereignisse lassen seinen Alter Ego Jack Devlin auf den Plan treten und mitmischen, der nicht nur blutig veranlagt ist, sondern den Bewohnern von Little Big Bear ebenfalls gefährlich werden könnte. Mit dem malerischen Setting, dem Konflikt um das Ölunternehmen und den Dämonen der Charaktere besitzt Tin Star alle Grundzutaten einer fesselnden Serie und schafft es in kurzer Zeit, dass man an Jims Geschichte hängen bleibt. Wird er seinem Alter Ego und seiner Alkoholsucht erliegen? Noch mehr Leid ertragen müssen? Oder wird die Trauer ihn antreiben, es anders zu machen als seine Gegenspieler – und seine Prinzipien zu wahren? In Tin Star ist grundsätzlich nichts so, wie es auf den ersten Blick zu sein scheint, und meistens geschieht eben nicht das, womit man felsenfest rechnet.

Der schwarze Humor bleibt in dem Netz aus Intrigen auch nicht auf der Strecke, im Verlauf wird die Serie allerdings immer dunkler und undurchsichtiger – unerwartete Wendungen stehen damit an der Tagesordnung. In ihrem Aufbau überzeugt die Serie mit gezielten Zeitsprüngen, die dafür sorgen, die Spannung konstant auf hohem Niveau zu halten und gleichzeitig die gesamte Aufmerksamkeit erfordern – nebenbei die Serie schauen, geht nicht, wäre aber auch Verrat an der schauspielerischen Leistung des Casts. Ebenfalls in einer tragenden Rolle tritt die aus Mad Men bekannte Christina Hendricks auf und mimt die Konzernchefin des Ölunternehmens. Einprägsam ist auch der junge Auftragskiller Whitey (Oliver Coopersmith). Damit besticht Tin Star sowohl mit altbekannten als auch mit frischen Gesichtern.

Der Kontrast aus dem malerischen Setting in den Bergen und den zahllosen Intrigen zieht bereits nach kurzer Zeit in den Bann und der Schocker am Ende der ersten Episode sorgt dafür, dass man sofort wissen möchte, wie es weiter geht – was Sky Atlantic HD mit der Ausstrahlung in Doppelfolge auch ermöglicht, denn die ersten zehn Folgen von Tin Star werden ab heute montags um 20.15 Uhr in Doppelfolgen gezeigt. Die Serie ist aber auch über Sky Ticket, Sky Go und Sky On Demand abrufbar. Eine zweite Staffel um Jim Worth wurde bereits in Auftrag gegeben.

Hier gehts zum Original-Trailer: sky.com

FSF: freigegeben ab 12 Jahren | Hauptabendprogramm © FSF

FSF: freigegeben ab …

Die Serie enthält einige Gewaltszenen, die bildlich wenn überhaupt nur kurz und wenig drastisch in Szene gesetzt werden. Dem gegenüber stehen in der Mehrheit langsam erzählte und dialogreich inszenierte Sequenzen, sodass die wenigen Bedrohungsmomente als verkraftbar für ein Publikum ab 12 Jahren eingeschätzt werden. Im Serienverlauf tritt die fiktionale Rahmung der Geschichte durch die überzogene Figurenzeichnung stärker in den Vordergrund. Anna, Jims jugendliche Tochter, die für hiesige Gleichaltrige als Identifikationsfigur gelten könnte, gerät bald in Gefahr. Entlastend wirkt hier die positive Auflösung des Bedrohungsszenarios. Ebenso werden Jims Eskapaden und erneuter Alkoholmissbrauchs von Anna kritisch eingeordnet, sodass von seinen Handlungen kein vorbildhafter Charakter ausgeht. Ab 12-Jährigen wird zugetraut, dieses Verhalten kritisch einzuordnen und auch die vorhandenen Spannungsbögen ohne Entwicklungsbeeinträchtigung rezipieren zu können. Die Serie wird für die Ausstrahlung im Hauptabendprogramm freigegeben.

Zur dieser und weiteren ProgrammInfos auf der FSF-Website geht es hier.

Der Sender Sky darf alle Episoden der Serie auch schon vor 20.00 Uhr ausstrahlen, weil er als Pay-TV-Anbieter eine Jugendschutzsperre aktivieren kann, die von den Zuschauern mit der Eingabe einer Jugendschutz-PIN freigeschaltet werden muss. Somit gelten die üblichen Sendezeitbeschränkungen und Schnittauflagen nicht. Weitere Informationen zu Vorschriften und Anforderungen an digitale Vorsperren als Alternative zur Vergabe von Sendezeitbeschränkungen sind im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (§ 5 Abs. 3 Nr. 1; § 9 Abs. 2 JMStV) sowie in der Jugendschutzsatzung der Landesmedienanstalten (§ 2 bis § 5 JSS) zu finden.”

Bitte beachten Sie: Bei den Altersfreigaben handelt es sich nicht um pädagogische Empfehlungen, sondern um die Angabe der Altersstufe, für die ein Programm nach Einschätzung der Prüferinnen und Prüfer keine entwicklungsbeeinträchtigenden Wirkungsrisiken mehr bedeutet.

Mehr Informationen zur Programmprüfung erhalten Sie auf unserer Website. Dort veröffentlichen wir jede Woche neue ProgrammInfos zum aktuellen Fernsehprogramm. Auch diese Auswahl stellt keine Empfehlung dar, sondern zeigt einen Querschnitt der Programme, die den Prüfausschüssen der FSF von den Mitgliedssendern vorgelegt werden.

Über Laura Carius

Laura Carius hat Kommunikations- und Medienwissenschaften in Halle und Leipzig studiert, sammelte Erfahrungen in der PR- und Onlinekommunikation, war Werkstudentin bei der Leipziger Buchmesse und gewann bei der FSF Einblicke in den Jugendmedienschutz. Aktuell arbeitet sie bei einem Digitalverband in Berlin.